Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
stehen scheint", meinte Sergej später, nachdem er uns kurz den anderen vorgestellt hatte und uns unser Quartier zeigte. "Man hat mir gesagt, es würde Ihnen nichts ausmachen, zusammen in einem Raum zu übernachten", erklärte er dann.
"Das ist richtig", sagte ich.
"Wie Sie sehen, ist hier auch nicht viel Auswahl. Aber Sie haben es einigermaßen warm hier!"
Meinem Empfinden nach war es so kalt, daß ich nicht im Traum daran gedacht hätte, meinen Anorak auszuziehen. Aber Sergej schien andere Temperaturen gewöhnt zu sein. Er lächelte und schien meine Gedanken zu erraten.
Die Baracke, die uns zugedacht war, war eine Mischung aus Wohn-und Lagerraum. Zwei Pritschen standen hier, die jedesmal erbarmungswürdig quietschten, wenn man sich darauf setzte. Ein Tisch, mehrere Stühle und ein Schrank, dem die Türen fehlten. Außerdem waren da noch zahlreiche Wilderer-Fallen, die die Wildhüter bei ihren
Streifenfahrten aufgefunden hatten. Und Stapel von Holzkisten, deren Inhalt nicht ersichtlich war.
"Wie ist es zu dem Todesfall gekommen?" erkundigte ich mich, während Sergej sich bereits zur Tür gewandt hatte, um die Baracke zu verlassen.
"Wenn wir das wüßten...", murmelte und sein Blick bekam dabei eine düstere Note. In seinen Augen flackerte es unruhig.
"Ich habe die Männer ein Wort murmeln hören... Uksaki..."
"Ach, ja?"
Sergej sah mich an und hob die Augenbrauen dabei.
"Dieses Wort bezeichnet doch eine Art Geister-Tiger, nicht wahr?"
"Hat Ihnen ihr russisch-sprechender Freund das gesagt?"
"Nein, ich habe es in einem Buch gelesen."
"Sie haben recht", sagte Sergej dann. "Aber Uksaki ist auch eine Art Fluch..."
"Davon habe ich nie gehört!" mischte sich Tom ein. Sergej lächelte dünn. "Gibt es in Ihrer Sprache nicht auch regionale Eigenarten, Tom?"
"Doch, das schon!"
"Na, also! Machen Sie sich also keine Gedanken..." Sergej schien es auf einmal sehr eilig damit zu haben, den Raum zu verlassen. Gerade, als er die Klinke herunterdrückte und die Tür bereits einen Spalt offenstand, stoppte ihn Toms Stimme.
"Sergej..."
Ein Schwall kalter Luft kam herein. Durch den Spalt blickte ich hinaus in die beginnende Dunkelheit und sah, daß es zu schneien begonnen hatte.
"Was ist noch?" fragte er. "Ich habe noch einiges zu tun unter anderem muß ich unseren Generator reparieren, sonst wird unser Petroleum für die Lampen nicht lange reichen..."
"Ich wollte nur wissen, ob es hier in der Nähe vielleicht irgendwelche Höhlen gibt?"
"Höhlen?" fragte Sergej. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich.
Ich fragte mich, ob das seltsame Zögern in seiner Sprechweise darauf zurückzuführen war, daß er nach der passenden russischen Übersetzung für dieses Wort suchte oder ob es einen anderen Grund dafür gab.
Sein Lächeln war breit und gekünstelt. "Ich hatte gedacht, Sie wären wegen der Tiger hier, Tom!" versetzte Sergej dann, riß die Tür vollends auf und trat hinaus in die kalte Dämmerung.
*
Am nächsten Tag unternahmen wir eine Fahrt durch das riesige Revier, das die Wildhüter zu bewachen hatte. Tom schaute auf die Karte, die Sergej ausgebreitet hatte, und deutete auf verschiedene Punkte darauf und unterhielt sich mit Sergej auf Russisch.
Dieser nickte schließlich und sagte ein kurzes, knappes
"Da!", womit er seine Zustimmung ausdrückte. Dann wandte sich Sergej an mich. "Man könnte meinen, daß Tom schon einmal hier war!"
Wir fuhren mit einem umgebauten Panzer aus Beständen der Roten Armee. Der Turm mit dem Geschütz war abgenommen worden.
Statt dessen hatte man einen Aufbau angeschweißt, der als Ladefläche oder Raum für Mitfahrende dienen konnte. Außer Sergej begleiteten uns noch zwei weitere Wildhüter. Sie hießen Vladimir und Kolja. Die Männer waren gut bewaffnet. Automatische Pistolen und Kalaschnikows, die sie allesamt den Wilderern abgenommen hatten.
Vladimir saß im Inneren des Kettenfahrzeugs, während wir anderen uns oben in dem Aufbau aufhielten. Der war zwar offen und der kalte Wind setzte einem ganz schön zu, aber dafür konnte man besser die Umgebung sehen. Tom hatte seine Kamera dabei und machte eifrig Bilder.
"Wir werden so weit wie möglich auf Ihre Wünsche eingehen, was die Route angeht", erklärte Sergej an Tom gewandt. "Aber der Treibstoff ist zu teuer, als daß wir einfach nur so durch die Gegend fahren könnten..."
"Verstehe."
"Wir müssen unterwegs auch bißchen arbeiten. Bestimmte Punkte kontrollieren, einige ehemalige Pelzfarmer besuchen, von denen wir vermuten,
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