Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
Gesicht, wie ihm auf einmal klar wurde. Zumindest war es das einmal gewesen.
WANN?
Spielte das eine Rolle?
Nur eins schien in diesem Moment wichtig. Die brodelnde Wut, die wie ein Vulkan in ihm tobte. Wie ein wildes, verzehrendes Feuer, das unbedingt gelöscht werden mußte. Wenigstens für den Augenblick würde es dem Wesen gelingen. Indem es tötete...
RACHE! Der Gedanke daran war übermächtig. Ein reißender Strom, dem man sich unmöglich entgegenstemmen konnte.
*
Etwas dunkles schwirrte durch die Luft. Der Schlag schwarzer Schwingen war zu hören und ein Quietschen wie von einem metallenen Gelenk.
Einem Schatten gleich kam jenes Etwas auf uns zu. Es flog über eine Karussell und dann wurde es deutlich sichtbar, als die Lichter wieder aufflackerten.
Der Flugsaurier! durchfuhr es mich. Es handelte sich zweifellos um jene Flugsaurier-Figur, die ich vor der Geisterbahn gesehen hatte und auf die der einbeinige Pirat gleichermaßen monoton und vergeblich einzudreschen versucht hatte. Er glitt durch die Luft, tauchte etwas hinab und zog dann eine Bahn über das Dach des Spiegelkabinetts, ehe er dahinter verschwand.
"Was hat das Wesen vor?" fragte Tom.
"Es fliegt zu den Wohnwagen", stellte ich tonlos fest. Und dann hörten wir die Schreie.
Lichter flackerten hinter dem Drehspiegelkabinett auf, und es wirkte beinahe wie Blitze eines fernen Gewitters. Noch kreiste der Flugsaurier. Im Mondlicht war er jetzt deutlich zu sehen. Die Bewegungen, mit denen er seine Flügel bewegte waren ungelenk und eckig. Es schien jeglichen Naturgesetzen zu wiedersprechen, daß er sich mit diesen Bewegungen seiner lederhäutigen Flügel in der Luft halten konnte. Seine Augen leuchteten dämonisch. Das lange, schmale Maul mit den unzähligen spitzen Zähnen war weit aufgerissen und ein krächzender Laut entrang sich dem eigenartigen Geschöpf.
Schreie des Entsetzens waren zu hören.
Sie schwollen zu einem grausigen Chor an, als das Untier hinab in die Tiefe schoß.
Niemand von uns zweifelte daran, daß das ein Angriff war... Das Chaos begann.
*
Niemand von denen, die in den Wagen neben dem Jahrmarkt wohnten, hatten in dieser Nacht schlafen können. Weder McKay, der Besitzer der Geisterbahn noch John Poldini, der sich verzweifelt fragte, wo seine Tochter geblieben sein mochte. Annähernd hundert Menschen standen im Freien und schauderten angesichts dessen, was geschah.
Die Lichter flackerten, sämtliche elektrische Anlagen spielten verrückt.
Sie standen da, mit Furcht in den Augen und ungläubigem Entsetzen. Die meisten waren stumm.
Sie starrten hinauf zu dem düsteren Schatten, der über ihnen schwebte.
"Das Monstrum wird uns alle umbringen!" schrie jemand in die Nacht hinein.
John Poldini schüttelte verzweifelt den Kopf.
"Was für ein Fluch liegt nur auf uns...", flüsterte er. Ein Raunen ging durch die Reihen der Anwesenden und wandelte sich dann zu einem Aufschrei, als sich eines der Stromkabel bewegte. Es schnellte wie eine gigantische Peitschenschnur hoch.
Dutzende von Männern und Frauen sprangen zur Seite. Und dann blickten sie hinauf in den Nachthimmel. Schwarze Schwingen schlugen gut hörbar.
Der Flugsaurier zog seine Bahn, um jeden Moment hinabzustürzen. Ein halb krächzendes, halb fauchendes Geräusch entrang sich dem grauenerregenden Maul. Es klang beinahe wie ein triumphierendes Lachen.
Es gab niemanden unter den Leuten vom Jahrmarkt, dem nicht ein eiskalter Schauder über den Rücken lief.
Während der Flugsaurier wie ein Jäger hinabstürzte, das zahnbewehrte Mal weit geöffnet und die mit messerscharfen bestückten Krallen zum Angriff gespreizt, brach blanke Panik aus. Niemand nahm Notiz davon, daß im gleichen Augenblick das Riesenrad sich zu drehen begann.
Es sah aus wie ein großes, spinnenartiges Ungeheuer am Nachthimmel, das sie alle im nächsten Augenblick unter sich zermalmen mußte.
*
"Kommen Sie!" wandte ich mich an Linda, die völlig verängstigt war. Sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen leuchteten glasig.
"Nein!" flüsterte sie.
Sie fuhr herum, als sich das Riesenrad in Bewegung setzte. Ein spitzer Schrei entrang sich ihren Lippen. Sie raufte ihre Hände durch die Haare.
Schreie gellten durch die Nacht. Schreie der Verzweiflung.
"Kommen Sie schon!" forderte ich noch einmal und nahm ihre Hand. Sie wiedersetzte sich. Aber ich ließ sie nicht los. Ihre Hand war eiskalt.
"Das Ding wird uns umbringen!" schrie sie wie von Sinnen.
"Nicht Sie, Linda!" rief ich ihr entgegen. Ich wußte
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