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Die Gabe des Commissario Ricciardi

Die Gabe des Commissario Ricciardi

Titel: Die Gabe des Commissario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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Sterne.
    Es klingt in vielen Stimmen wider, blitzt auf in geheuchelter Zuneigung, vergessenen Umarmungen und guten Wünschen.
    Weihnachten ist ein Gefühl.
    Das Warten auf etwas Neues.
    Oder auch nur auf die Heimkehr: in vollen, stinkenden Waggons mit verschnürten Kartons vom Arbeitsplatz zum Ort der alten Liebe, die in der Ferne neu entflammt.
    Weihnachten ist ein Gefühl.
    Es ist stark wie die Lust, bei Wind und Kälte nach Hause zu kommen, und auch zart wie der Klang eines Akkordeons in einem Wirtshaus für den hastig und ziellos Vorbeieilenden.
    Weihnachten ist ein Gefühl.
    Du kannst tagein, tagaus darauf warten, sobald es draußen kälter wird, es wird dich trotzdem plötzlich überkommen, wie ein durchgegangenes Pferd voller Schellen und Federbüsche.
    Weihnachten ist ein Gefühl.
    Es ist kraftvoll wie ein Herzschlag und leicht wie ein Wimpernschlag.
    Doch manchmal trägt es ein Windstoß davon und es kommt nie an.

    Nach getaner Arbeit eilte Maione die große Treppe im Präsidium hinunter, damit er endlich nach Hause kam. Warum sollte er sich's nicht eingestehen? Er fühlte sich glücklich.
    Die letzten drei Jahre waren nicht leicht gewesen. Genau genommen waren es die schrecklichsten Jahre seines Lebens.
    Begonnen hatte alles mit Lucas Tod. Es war furchtbar gewesen: ein Anruf, sein verzweifelter Lauf durch die schmalen
Gassen, ungezählte Blicke, die ihm aus Türen, Nischen und Hauseingängen folgten, und niemand auf der Straße. Der übliche kleine Menschenauflauf am Eingang des Kellers, in den er alleine runtergehen wollte, seine Gedanken, mein armer kleiner törichter Sohn, dem ich nicht mal beibringen konnte, dass ein guter Polizist vorsichtig ist. Und die Hände der Kollegen, die ihn davon abhalten wollten, tun Sie's nicht, Brigadiere, behalten Sie ihn lebend in Erinnerung.
    Es schien ihm gestern gewesen zu sein, und doch waren drei Jahre vergangen. Er sah noch die klaren grünen Augen Ricciardis vor sich, mit dem er zuvor nie etwas zu tun haben wollte, weil ihm seine schweigsame Art nicht gefiel, wo er selbst doch so gerne redete. Ricciardi, der Unglück brachte, wie man im Präsidium munkelte. An jenem Tag aber war er erst später zum Tatort gekommen, genau, als auch er ankam – Luca hatte sich ganz allein ins Unglück gestürzt. Ricciardi war in den Keller gestiegen, einige Minuten dort geblieben, hatte ihn beiseitegenommen und ihm gesagt: Er hat dich geliebt. Seinen Papa, den alten Schmerbauch.
    Noch heute, während er zum Tor hinausging und die Wache grüßte, fragte sich Maione, woher Ricciardi wissen konnte, dass Luca ihn zu Hause in den eigenen vier Wänden so genannt hatte, alter Schmerbauch – meist unter übermütigem Gelächter und durchaus wohlwollend. Und warum er ihm sofort geglaubt hatte, es ihm einleuchtete, dass Luca sich ausgerechnet Ricciardi als Überbringer seines letzten Grußes ausgesucht hatte.
    Der nach Schnee riechende Wind peitschte ihm ins Gesicht, doch Maione war in Gedanken bei den Tagen nach dem Mord, als Ricciardi ihm als Einziger unermüdlich zur Seite stand. Ihre
seltsame Freundschaft, die Zuneigung, die sie miteinander verband, war damals entstanden, im Verlaufe endloser Beschattungen, von Verhören, einer verlorenen und wiedergefundenen Fährte, die sie letztendlich zum Mörder führte und Letzteren dorthin, wo er hingehörte, ins Gefängnis.
    Was Maione damals noch nicht wusste, war, dass die schlimmste Zeit erst später kam, als Zorn und Energie sich nicht mehr auf die Suche des Schuldigen verwenden ließen und er sich in einem Haus ohne Hoffnung wiederfand. Das Leben darin war in eine neue Art des Schweigens getaucht, seine Frau befand sich am Rande des Wahnsinns und er selbst und die fünf jüngeren Kinder kurz vor dem Abgrund, die Blicke ins Leere gerichtet.
    Wie oft drohte der dünne Faden, der sie noch verband, zu zerreißen. Wie oft hätte sich ihre Liebe um ein Haar in Luft aufgelöst, wenn seine einst so wundervolle, nun dahindämmernde Frau traurig dasaß und aus dem Fenster starrte.
    Doch dann, im Frühling, war etwas geschehen. Ein kleiner Funke der fast vergessenen Gefühle hatte eine neue, wundervolle Leidenschaft entfacht, deren Wärme das Haus wie eine unterm Schnee begrabene Blume zu neuem Leben erweckt hatte. Und heute, nach so langer Zeit, konnte Maione Weihnachten als einem Fest der Freude und der Fröhlichkeit entgegenblicken.
    Gerade dachte er daran, dass er den Fisch für Heiligabend bestellen musste, weil er sonst nicht die besten Stücke

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