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Die Gabe des Commissario Ricciardi

Die Gabe des Commissario Ricciardi

Titel: Die Gabe des Commissario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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woher die Scheine kamen, und wurde verhaftet. Garofalos Zeugenaussage war entscheidend, Lomunno wurde unehrenhaft aus der Miliz entlassen und saß anderthalb Jahre im Gefängnis.
    Ricciardi hatte aufmerksam zugehört.
    – Mit anderen Worten: Garofalo hat seinen Vorgesetzten ruiniert und dessen Platz eingenommen.
    – Mehr noch. Er bekam den Posten, zu dem Lomunno befördert werden sollte, wurde also Zenturio. In Armeegraden gesprochen wurde er vom Leutnant übergangslos direkt zum Hauptmann, ohne die für jeden Dienstgrad vorgesehene Mindestdienstzeit einzuhalten. So etwas hatte es noch nie gegeben.
    Maione traute seinen Ohren nicht.
    – Ich bin mir nicht sicher, ob ich richtig verstanden habe. Was sagte Lomunno dazu?
    – Er beteuerte natürlich seine Intergrität, wollte die Herkunft des Geldes aber nicht offenlegen. Es gehöre ihm, sagte er. Er habe es sein Leben lang gespart, um sich endlich ein Haus kaufen zu können.
    – Ja, aber stand denn sein Wort somit nicht gegen das von Garofalo?
    – Doch, aber niemand läuft mit fast zehntausend Lire in bar herum. Im Korps reicht außerdem wesentlich weniger für ein Disziplinarverfahren aus. Als einige unserer Offiziere seine Frau befragten, wusste sie nichts von dem Geld. Das galt als weiterer Beweis.
    Ricciardi fixierte Spasiano.
    – Da ist noch etwas, nicht? Die Geschichte geht noch weiter.
    Spasiano schaute zu Criscuolo, der seinerseits den Boden anstarrte. Maione kam es vor, als ballte er die Hände zu Fäusten. 
    – Während Lomunnos Haft hat seine Frau sich umgebracht. Sie ist vom Balkon ihrer Wohnung gesprungen, an dem Tag, als man sie dort rausgeworfen hat. Die beiden Kinder hat eine Nachbarin zu sich genommen, bis zu seiner Entlassung.
    Wind und Regen schlugen gegen das Fenster, man hörte das Grollen des Meeres. Ricciardi dachte, dass wie immer die Unschuldigen den Preis zahlten.
    – Was ist aus ihnen geworden?
    Spasiano zuckte mit den Schultern.
    – Das alles ist vor etwa drei Jahren passiert. Wir wissen nichts Aktuelles. Auch weil wir uns, wie ich zugeben muss, nicht gern an die Sache erinnern, und zwar aus verschiedenen Gründen. In erster Linie ist es unschön, Lomunno völlig falsch eingeschätzt zu haben, denn er hatte einen sehr guten Ruf in der Kaserne. Außerdem wollen wir nicht wahrhaben, dass einer unserer besten Offiziere in Wahrheit korrupt war. Aber vor allem, auch wenn ich das außerhalb dieser vier Wände nie zugeben würde, gefällt uns nicht, wie die Geschichte ausgegangen ist.
    Maione unterbrach ihn.
    – Und für Lomunnos Familie, haben Sie da nichts getan? Wie sind seine Frau und die Kinder klargekommen, als er im Gefängnis war?
    Er hatte den richtigen Nerv getroffen. Criscuolos Kopf schnellte in die Höhe, er schickte sich an zu sprechen, starrte dann aber wieder zu Boden. Spasiano antwortete:
    – Nein. Wir hatten das Gefühl, es mit Pestkranken zu tun zu haben. Niemand von uns hat den Mut gehabt, ihnen zu helfen. Wir sind alle ein bisschen mitschuldig an dem, was passiert ist.
    Mit der üblichen nüchternen Bewegung seiner schmalen Hand strich sich Ricciardi die Haarsträhne aus der Stirn. Dann fragte er:
    – Und wo ist er jetzt, Lomunno mit seinen Kindern?

XVII
    Der Kleine merkte es, trotz Wind und Regen und dem unablässigen Grollen des Meeres.
    – Papa, hör doch! Jemand klopft an die Tür.
    Der Mann hielt inne, legte Holz und Messer beiseite und ging aufmachen. Als er sah, wer es war, drehte er sich um und ging zum Tisch zurück, ließ aber offen.
    Der Gast schloss die Tür hinter sich. Er sah sich um.
    – Hier drinnen ist's ja kälter als draußen. Merkst du nicht, was für ein Hundewetter wir haben?
    Der Mann hatte wieder zu schnitzen begonnen.
    – Ist eben eine Bruchbude. Furchtbar zugig, der Wind dringt durchs Holz und die Glut verlöscht schnell. Was willst du? Wenn dir kalt ist, geh zurück nach Haus', ins Warme. Und nimm auch dein Gewissen mit.
    Der Gast öffnete eine Tasche und zog daraus ein paar Kleidungsstücke hervor, die er dem Mädchen gab.
    – Da, nimm, Adelina, der rote ist für dich, ein schöner dicker Pullover. Der blaue müsste Vittorios Größe haben, schau mal, ob er ihm passt. Hier sind auch zwei Wollmützen, meine Frau hat sie gestrickt, und zwei Schals. Die halten euch schön warm.
    Der Schnitzende hob kaum den Blick von seinem Stück Holz.
    – Warum bist du hier, hab' ich dich vielleicht um was gebeten? Als meine Frau dich brauchte oder irgendjemand anderen meiner sogenannten Freunde, wo

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