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Die Gabe des Commissario Ricciardi

Die Gabe des Commissario Ricciardi

Titel: Die Gabe des Commissario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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warst du da? Und als sie beschloss, sich …
    Der andere unterbrach ihn harsch, wobei er zu den Kindern sah.
    – Antonio, bitte! Es reicht! Bist du verrückt geworden? Vor den Kindern!
    – Und wenn schon, hat sie's nicht auch vor ihnen getan? Nicht mal sie hat ihrem Mann geglaubt. Auch sie hatte nicht die Kraft, mir dabei zu helfen zu beweisen, dass ich die Wahrheit gesagt hatte.
    – Jetzt hör mir gut zu, Antonio. Du sitzt ernsthaft in der Klemme. Heute waren zwei Polizisten bei uns, ein Kommissar und ein Brigadiere. Spasiano hat Befehl erhalten, ihnen die komplette Geschichte zu erzählen.
    – Bist du sicher?
    – Natürlich, ich war ja dabei. Die beiden haben zugehört und zum Schluss sofort gefragt, ob wir wissen, wo du wohnst.
    Antonio Lomunno knallte das Messer auf den Tisch. Das Mädchen, das mit einem Holzlöffel in einem Topf auf dem Herd rührte, zuckte zusammen.
    – Verflucht! Wird diese Geschichte denn nie ein Ende haben?
    Criscuolo tat einen Schritt in seine Richtung.
    – Du kannst doch sagen, du warst auf dem Meer, als es passiert ist. Du kannst sagen, du warst auf dem Fischkutter oder du sagst …
    – Was heißt »du kannst sagen«? Du denkst also, dass ich es gewesen bin! Begreifst du nicht, dass, wenn ich das gewollt hätte …
    Er sah kurz zu seinem Sohn, der ihn mit offenem Mund anstarrte.
    – … dann hätte ich es damals getan, sofort und vor allen. Dieser feige Bastard. Ich hätte es schon damals getan und gut' Nacht.
    Criscuolo fasste ihn am Arm und zischte:
    – Sag das nicht, nicht einmal im Scherz. Du wärst nicht der,
der du bist, wenn du's getan hättest. Außerdem haben wir Maria geholfen, zwar nicht viel, aber trotzdem, während du gesessen hast. Mehr konnten wir nicht tun, du weißt, wie's ist. Wenn sie uns gesehen hätten – denn sie überwachten sie –, wären wir als Komplizen dran gewesen und geendet wie du. Auch wir hatten und haben ja Familie.
    Lomunno sah ihn zähneknirschend an, die Augen voller Tränen:
    – Und habt sie immer noch … Stattdessen habe ich hier ein armes Ding von zwölf Jahren, dass seinem achtjährigen Brüderchen die Mutter ersetzen muss, während der Vater aufs Meer rausfährt. Und wozu? Für eine Hand voll muffigem Mehl und ein bisschen gestohlenen Fisch. Das ist meine Familie.
    – Ganz genau, das ist deine Familie. Also sorge für sie, anstatt dir das Gehirn wegzusaufen. Vor allem musst du frei bleiben, was soll sonst aus den Kindern werden?
    Lomunno ließ sich auf den Stuhl fallen.
    – Na gut. Dann sag mir, was ich deiner Meinung nach tun soll.
    Criscuolo sagte es ihm.
    Als er fertig war, verbarg Lomunno sein Gesicht in den Händen.
    – Weißt du, was du da von mir verlangst? Dasselbe zu tun, was er mir angetan hat.
    Criscuolo, der neben ihm saß, nahm seine Hand.
    – Nein, Antonio, nein. Das ist nicht dasselbe. Er hat gelogen und du nicht. Vielleicht wird's auch gar nicht nötig sein. Oder sie waren's nicht und können es beweisen, dann passiert niemandem was. So lange bist du sie aber wenigstens los.
    – Ich weiß nicht, ob ich's schaffe. Ich weiß es wirklich nicht.
    – Du musst es schaffen, Antonio. Ihnen zuliebe, für deine Kinder. Und im Andenken an Maria, die zerbrechlich war und es nicht geschafft hat.
    Als er aufbrechen wollte, fiel sein Blick auf das Stück Holz, an dem Lomunno arbeitete, und er erkannte die Krippe, die dieser gerade baute.
    – Du machst eine Krippe, was? Sehr gut, dann wissen die Kinder wenigstens, dass Weihnachten ist. In ein paar Tagen komm ich wieder und bring euch was Gutes zu essen für Heiligabend. Macht's gut, Kinder, gebt mir einen Kuss.
    Im Hinausgehen hörte er, wie Lomunno nach ihm rief:
    – Pasquale …
    – Was ist, Antonio?
    Die Augen des Freundes glänzten im Halbdunkel der Baracke. Sein Mund ging auf und wieder zu. Es war schwer, jemandem zu danken, den man offiziell nicht einmal gern hat.
    Letztendlich sagte Antonio:
    – Rasier dir diesen Schnurrbart ab. Es sieht lächerlich aus.
    Criscuolo lächelte und ließ die Haare nach aller Kunst vibrieren.
    – Ach was, du bist ja bloß neidisch …
    Dann ging er.

    Als Ricciardi und Maione die Kaserne verließen, war es Abend geworden. Es regnete nicht mehr, doch der Wind blies ihnen umso stärker um die Ohren. Beide Männer stellten ihre Mantelkrägen hoch.
    Der Brigadiere zog seine Handschuhe über und schlug die Hände zusammen.
    – Meine Güte, ist das kalt. Aber was wär' das sonst auch für
ein Weihnachten? Na, heute haben wir ja so einiges

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