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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Luft durchsetzte wie schwarze Tinte einen Wasserteich. Als sein Blick an dem Schwert hängen blieb, taumelte Baruk beinahe, denn er sah für einen kurzen Moment, wie eine unermessliche Dunkelheit sich vor ihm auftat, so kalt wie das Herz eines Gletschers, aus der ein vorzeitlicher Gestank aufstieg und sich ein schwacher, ächzender Laut erhob. Der Alchemist riss seinen Blick von der Waffe los. Als er aufsah, stellte er fest, dass Rake ihn über eine Schulter hinweg musterte.
    Um den Mund des Tiste Andii zuckte ein wissendes Lächeln, als er Baruk einen vollen Weinpokal reichte. »Ist Scharteke wieder einmal sehr melodramatisch gewesen?«
    Baruk blinzelte, dann konnte er ein Grinsen nicht unterdrücken.
    Rake trank einen Schluck Wein. »Sie ist nie besonders zurückhaltend, wenn es darum geht, ihre Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Wollen wir uns nicht setzen?«
    »Aber ja«, erwiderte Baruk. Trotz seiner Angst begann er allmählich, sich zu entspannen. Durch seine jahrelangen Studien wusste der Alchemist, dass große Macht unterschiedliche Seelen unterschiedlich formen konnte. Wäre Rakes Seele von der Macht entstellt worden, hätte Baruk das sofort gemerkt. Doch der Lord schien die absolute Kontrolle zu haben. Das allein rief Ehrfurcht hervor. Dieser Mann formte seine Macht, nicht andersherum. Diese Art von Herrschaft war, nun ja, unmenschlich. Baruk vermutete, dass dies nicht die einzige Erkenntnis über diesen Krieger und Magier sein würde, die in ihm gleichermaßen Erstaunen und Furcht hervorrufen würde.
    »Sie hat mir alles entgegengeschleudert, was sie zur Verfügung hatte«, sagte Rake plötzlich. Die Augen des Tiste Andii leuchteten bei diesen Worten grün wie Gletschereis.
    Baruk runzelte die Stirn. Die Leidenschaft des Ausbruchs hatte ihn überrascht. Sie? Oh, natürlich, die Imperatrix.
    »Doch selbst dann«, fuhr Rake fort, »konnte sie mich nicht vom Himmel holen.«
    Der Alchemist versteifte sich in seinem Sessel. »Aber«, begann er vorsichtig, »Ihr seid zurückgeschlagen und vertrieben worden.« Er schnitt eine Grimasse. »Ich kann Eure Macht spüren, Anomander Rake«, fügte er hinzu. »Sie strömt in pulsierenden Wellen aus Euch heraus. Daher muss ich Euch fragen: Wie konnte es geschehen, dass Ihr geschlagen wurdet? Ich weiß einiges über Tayschrenn, den Hohemagier des Imperiums. Sicher, er besitzt Macht, aber die ist nichts im Vergleich zu der Euren. Darum stelle ich noch einmal die Frage: Wie konnte es geschehen?«
    Den Blick auf den Kartentisch gerichtet, erwiderte Rake: »Ich habe meine Zauberer und meine Krieger Bruth für seinen Feldzug im Norden zur Verfügung gestellt.« Er schenkte Baruk ein humorloses Grinsen. »In meiner Stadt gibt es Kinder, Priester und drei ältere, äußerst belesene Zauberer.«
    Stadt? Es gab eine Stadt in Mondbrut?
    Rakes Augen hatten jetzt einen schwärzlich braunen Farbton. »Ich kann nicht einen ganzen Mond verteidigen. Ich kann nicht überall zugleich sein. Und was Tayschrenn anbelangt, er hat sich keinen Deut um die Menschen um ihn herum geschert. Ich habe versucht, ihn davon abzubringen, den Preis zu hoch werden zu lassen ...« Er schüttelte den Kopf, als könnte er es immer noch nicht glauben, dann sah er wieder Baruk an. »Ich habe mich zurückgezogen, um die Heimat meines Volkes zu retten.«
    »Und habt Fahl dem Untergang überlassen -« Baruk schloss den Mund, verfluchte sich ob seiner Taktlosigkeit.
    Doch Rake zuckte nur die Schultern. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich mich einem direkten Angriff gegenübersehen würde. Zwei Jahre lang hat allein meine Gegenwart ausgereicht, das Imperium in Schach zu halten.«
    »Ich habe gehört, dass die Imperatrix zur Ungeduld neigt«, murmelte Baruk nachdenklich. Seine Augen verengten sich, und er sah auf. »Ihr wolltet Euch mit mir treffen, Anomander Rake, und hier sitzen wir nun. Also, was wollt Ihr von mir?«
    »Ein Bündnis«, antwortete der Lord von Mondbrut.
    »Mit mir persönlich?«
    »Keine Spielchen, Baruk.« Rakes Stimme klang plötzlich kalt. »Ich lasse mich von dieser Versammlung von Idioten, die sich in der Majestäts-Halle zanken, nicht zum Narren halten. Ich weiß, dass in Wirklichkeit Ihr Darujhistan regiert - Ihr und die Euch nahe stehenden Magier.« Er stand auf und starrte aus grauen Augen auf Baruk herab. »Ich will Euch etwas sagen: Für die Imperatrix ist Eure Stadt die einzige Perle auf diesem Kontinent aus Dreck. Sie will sie haben - und normalerweise bekommt sie auch, was sie

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