Die Gärten des Mondes
war es Crokus vorgekommen, als hätten sie irgendeine Verschwörung geplant. Nicht, dass das etwas Ungewöhnliches gewesen wäre, nur saß meist Kruppe im Zentrum solcher Verschwörungen.
Murillio richtete seinen Blick auf die Bar. »Salli!«, rief er. »Bist du wach?«
Von irgendwo hinter der hölzernen Theke ertönte eine gemurmelte Antwort, dann tauchte Salli auf. Ihr blondes Haar war zerzaust, und ihr pausbäckiges Gesicht schien noch pausbäckiger als sonst. »Ja«, murmelte sie, »was ist?«
»Würdest du meinen Freunden hier bitte Frühstück bringen?« Murillio erhob sich und warf einen kritischen und ganz eindeutig missbilligenden Blick auf seine Kleidung. Das weiche, weite hellgrüne Hemd hing schlaff und voller Bierflecken um eine schlaksige Gestalt. Seine feinen, gegerbten Lederhosen waren zerknittert und fleckig. Seufzend entfernte Murillio sich ein paar Schritte vom Tisch. »Ich muss baden und mich umziehen. Was das Spiel angeht, gebe ich auf, von Hoffnungslosigkeit überwältigt. Kruppe wird diese Karte niemals ausspielen, das ist mir jetzt klar, und uns so in seiner seltsamen Welt der Erinnerungen und Reminiszenzen gefangen halten -möglicherweise für immer. Gute Nacht, alle zusammen.« Einen kurzen Augenblick lang kreuzte sich sein Blick mit dem Rallicks, dann nickte Murillio leicht.
Crokus' finsteres Gesicht wurde womöglich noch finsterer, als er das sah. Er blickte Murillio nach, wie er hinausging, und richtete dann den Blick auf Rallick. Der Assassine saß da und starrte Coll an, seine Miene so nichts sagend wie immer.
Salli verschwand in der Küche, und einen Augenblick später war das Klappern von Geschirr zu hören.
Crokus warf seine Karten in die Mitte des Tischs und lehnte sich zurück, schloss die Augen.
»Gibt der junge Bursche ebenfalls auf?«, fragte Kruppe.
Crokus nickte.
»Ha! Kruppe bleibt ungeschlagen!« Erlegte seine Karten auf den Tisch und steckte sich eine Serviette in den Kragen um seinen dicken, schwabbelnden Hals.
Im Kopf des Diebes rasten die Gedanken nur so dahin; immer mehr verdichtete sich sein Verdacht, dass eine Intrige im Gang war. Erst dieser Assassinen-Krieg, und jetzt hatten auch noch Rallick und Murillio irgendwas ausgekocht. Er seufzte innerlich und öffnete die Augen wieder. Sein ganzer Körper schmerzte von den Abenteuern dieser Nacht, doch er wusste, dass er Glück gehabt hatte. Er starrte Coll an, ohne ihn wirklich zu sehen. Plötzlich erstanden die großen, schwarzen Assassinen wieder vor seinem geistigen Auge. Er erschauerte. Und dennoch - trotz aller Gefahren, die in dieser Nacht auf den Dächern auf ihn gelauert hatten, musste er zugeben, dass das alles furchtbar aufregend gewesen war. Nachdem er die Tür hinter sich zugeknallt und das Bier getrunken hatte, das Salli ihm in die Hand gedrückt hatte, hatte er eine Stunde lang am ganzen Körper gezittert.
Sein Blick richtete sich auf Coll. Coll, Kruppe, Murillio und Rallick. Was für eine merkwürdige Mischung - ein Säufer, ein fetter Magier mit zweifelhaften Fähigkeiten, ein geschniegelter Stutzer und ein berufsmäßiger Mörder.
Und doch waren diese vier Männer seine besten Freunde. Seine Eltern waren an der Geflügelten Plage gestorben, als er vier Jahre alt gewesen war. Seit damals hatte sich Onkel Mammot um ihn gekümmert. Der alte Gelehrte hatte sein Bestes getan, aber es war nicht genug gewesen. Crokus fand die Schatten der Straßen und die mondlosen Nächte auf den Dächern weit interessanter als die muffigen Bücher seines Onkels.
In diesem Augenblick fühlte er sich jedoch sehr allein. Kruppe ließ die Maske des glückseligen Idioten niemals fallen, nicht einmal für einen kurzen Augenblick - in all den Jahren, in denen Crokus von dem fetten Mann in der Kunst des Stehlens unterrichtet worden war, hatte er ihn niemals anders erlebt. Coll schien es nur darum zu gehen - aus Gründen, die Crokus nicht kannte -, jede Art von Nüchternheit auf alle Fälle zu vermeiden, wobei der Dieb vermutete, dass das früher einmal ganz anders gewesen war. Und jetzt hatten ihn Rallick und Murillio von irgendeiner Intrige ausgeschlossen.
Ein Bild stahl sich in seine Gedanken, die vom Mond beschienenen Gliedmaßen eines jungen Mädchens, und er schüttelte ärgerlich den Kopf.
Salli kam mit dem Frühstück: in Butter geröstete Brotstückchen, ein dickes Stück Ziegenkäse, eine Hand voll einheimischer Früchte und eine Kanne voll bitterem Kaffee aus Callous. Sie bediente Crokus zuerst, und er murmelte
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