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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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merkwürdiger erscheinen ließ. Ein so komplexer Plan konnte unmöglich dem geradlinig arbeitenden Verstand des Assassinen entsprungen sein. Doch wer immer ihn sich auch ausgedacht hatte - er war absolut genial!
    »Wünscht Ihr Euch sehr, an dem Fest teilzunehmen, Murillio?«, fragte die Frau.
    Murillio zauberte sein wärmstes Lächeln auf sein Gesicht. Er sah beiseite. »Es ist ein großes Herrenhaus, nicht wahr?«
    »Das von Lady Simtal? Ja, und es hat unglaublich viele Zimmer.« Die Frau tauchte einen zierlichen Finger in die scharfe, heiße Flüssigkeit, führte ihn an ihre Lippen und steckte ihn schließlich in den Mund, als wäre ihr diese Idee erst nachträglich gekommen. Dabei musterte sie weiter das Glas in ihrer anderen Hand. »Ich würde annehmen, dass die meisten Quartiere der Dienerschaft - die natürlich nicht den geringsten Hauch von Luxus bieten - den größten Teil der Nacht leer stehen werden.«
    Eine deutlichere Einladung benötigte Murillio nicht. Es war genau dieser Augenblick mit all seinen Konsequenzen, auf dem Rallicks Plan fußte. Doch Ehebruch hatte einen Haken. Murillio verspürte nicht den geringsten Wunsch, dem Ehemann dieser Frau auf dem Duellplatz gegenüberzustehen. Er nahm einen weiteren Schluck Wein und spülte solch verstörende Gedanken hinunter. »Ich würde zu gerne an Lady Simtals Fest teilnehmen - unter einer Bedingung.« Er schaute auf, und ihre Blicke begegneten sich. »Dass Ihr mich in jener Nacht mit Eurer Gesellschaft beehrt - nur für ein oder zwei Stunden.« Auf seiner Stirn bildete sich eine besorgte Falte. »Ich möchte natürlich auf keinen Fall Eurem Mann seinen Anspruch auf Euch streitig machen.« Nichtsdestotrotz würde er genau das tun, wie sie beide wussten.
    »Selbstverständlich«, erwiderte die Frau, plötzlich schüchtern. »Das wäre unziemlich. Wie viele Einladungen benötigt Ihr?«
    »Zwei«, sagte er. »Es ist am besten, wenn ich in Begleitung gesehen werde.«
    »Ja, das ist am besten.«
    Mit einem wehmütigen Ausdruck starrte Murillio auf sein mittlerweile leeres Glas. Er seufzte. »Leider muss ich mich jetzt verabschieden.«
    »Ich bewundere Eure Selbstdisziplin«, sagte die Frau.
    Am Vorabend von Gedderone werdet Ihr das wohl nicht mehr tun, antwortete Murillio in Gedanken, während er aufstand. »Die Herrin des Zufalls hat mir mit diesem Treffen eine große Ehre erwiesen«, sagte er und verbeugte sich tief. »Dann also bis zum Fest, Lady Orr.«
    »Bis zum Fest«, antwortete die Gemahlin von Ratsherrn Orr, als würde sie bereits das Interesse an ihm verlieren. »Lebt wohl.«
    Murillio verbeugte sich noch einmal und verließ den Balkon. Als er das Esszimmer im Innern des Gasthauses durchquerte, warfen ihm mehr als nur ein paar der edlen Damen an den voll besetzten Tischen verhangene Blicke zu.
     
    Moruls Juwelenstraße endete am Sichel-Tor. Rallick spürte, wie ihm die Blicke der beiden Wachen neben der Rampe folgten, als er durch den Durchgang zwischen den mächtigen Steinen des Dritten Walls hindurchging. Ozelot hatte ihm aufgetragen, seinen Beruf deutlich zu machen, und wenn auch Murillio der Ansicht war, dass nur ein Blinder ihn jemals für etwas anderes als einen Mörder halten könnte, hatte Rallick doch beträchtliche Anstrengungen unternommen, das ohnehin Offensichtliche noch herauszukehren.
    Die Wachen unternahmen natürlich nichts. Es war nicht das Gleiche, wie ein Mörder auszusehen und tatsächlich einer zu sein. In solchen Dingen waren die Gesetze der Stadt streng. Er wusste, dass er möglicherweise verfolgt werden würde, als er die prachtvollen Straßen zwischen den Stadtgütern der Adligen entlangschlenderte, aber er kümmerte sich nicht darum, unternahm nicht den geringsten Versuch, seine möglichen Verfolger abzuschütteln. Die Adligen von Darujhistan bezahlten gutes Geld dafür, dass sich Tag für Tag Spione in diesen Straßen herumdrückten. Er konnte genauso gut dafür sorgen, dass sie sich wirklich einmal ihr Brot verdienen mussten.
    Rallick mochte die Adligen nicht besonders. Doch er teilte auch den Hass nicht, den viele einfache Leute empfanden. Schließlich sorgten die Adligen mit ihrem Gehabe, ihrem reizbaren Ehrgefühl und ihrem endlosen Gezänk für gute Geschäfte.
    Er vermutete, dass es damit vorbei sein würde, wenn erst einmal das malazanische Imperium hier wäre. Im Imperium waren Assassinengilden illegal, und jene ihrer Zunft, die man für geeignet hielt, wurden für die Klaue angeworben. Diejenigen, die als ungeeignet

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