Die Gärten des Mondes
sich eingenommen, was?«
»Das ist er, aber den Namen haben ihm die Barghast gegeben. Wie ich gesagt habe, sind ihm vor drei Tagen fünf Legionen der Goldenen Moranth in den Schoß gefallen. Jorrick hat sich im Schutz der Nacht zurückgezogen und zwei Drittel seiner Armee nach Osten und Westen untertauchen lassen - seine Barghast beherrschen die Kunst, auch dort zu verschwinden, wo es keinerlei Deckung zu geben scheint. Gestern hat sein panikerfüllter Haufen eine Kehrtwendung vollzogen und ist auf die Goldenen losgegangen. Gleichzeitig haben die Barghast von den Flügeln her in einer Zangenbewegung angegriffen. Zwei Moranth-Legionen wurden ausgelöscht, die anderen drei haben sich in den Wald zurückgezogen und dabei die Hälfte ihrer Vorräte auf der Ebene zurückgelassen.«
Scharteke legte erneut den Kopf schief. »War das Jorricks Plan?«
Bruth nickte zustimmend. »Er gehört zur Karmesin-Garde, obwohl die Barghast ihn als einen der ihren bezeichnen. Er ist noch jung und daher furchtlos.«
Der Rabe studierte die Karte. »Und der Osten? Wie steht es am Fuchspass?«
»Gut«, sagte Bruth. »Auf der anderen Seite sind hauptsächlich Zwangsrekrutierte aus der Stannis-Ebene. Die Malazaner merken allmählich, dass die äußerst widerwillige Verbündete sind. In zwölf Monaten werden wir sehen, was die Karmesin-Garde wirklich wert ist, wenn die nächste Woge malazanischer Soldaten in Nisst landet.«
»Warum drängen wir sie nicht nach Norden?«, fragte Scharteke.
»Fürst K'azz könnte während des Winters die Freien Städte befreien.«
»Der Fürst und ich sind in dieser Angelegenheit einer Meinung«, lügte Bruth. »Er bleibt, wo er ist.« »Warum?«, wollte Scharteke wissen.
Bruth grunzte. »Unsere Strategie ist unsere Sache.«
»Misstrauischer Bastard«, murmelte Scharteke. Sie hüpfte am südlichen Rand der Karte entlang. »Deine Flanke bleibt offen für einen letzten, forschenden Blick. Zwischen dir und Fahl sind nur noch die Rhivi. Und neue Kräfte wandeln über die Ebene, von denen noch nicht einmal die Rhivi etwas wissen - aber dich scheint das wenig zu beunruhigen, Krieger. Scharteke fragt sich, warum das wohl so ist.«
»Ich stehe ständig mit Fürst K'azz und seinen Magiern sowie den Schamanen der Barghast und der Rhivi in Verbindung. Was letzte Nacht auf der Ebene geboren wurde, gehört zu niemandem. Es ist allein, und es fürchtet sich. Außerdem haben die Rhivi bereits begonnen, danach zu suchen. Beunruhigt? Nein, deswegen nicht. Doch im Süden geht noch sehr viel mehr vor.« Bruth richtete sich auf.
»Anomander steckt mittendrin«, säuselte Scharteke. »Pläne schmieden und Gegenpläne schmieden, und allen Glasscherben vor die Füße streuen. Ich habe ihn noch nie in besserer Stimmung gesehen.«
»Genug geschwätzt. Hast du Neuigkeiten für mich?«
»Natürlich, Meister.« Scharteke spreizte ihre Flügel und seufzte. Sie stieß mit dem Schnabel auf eine juckende Stelle herab, zermalmte einen Floh und schluckte ihn hinunter. »Ich weiß, wer die sich drehende Münze besitzt.«
»Wer?«
»Ein junger Bursche, dessen Freude die Unwissenheit ist. Die Münze dreht sich und zeigt allen in seiner Gesellschaft ein Gesicht. Sie spielen ihr eigenes Spiel, aber es wird sich mit größeren Dingen verbinden, und so hallen Oponns dünne Fäden in Sphären wider, die normalerweise dem Einfluss der Narren gegenüber immun sind.«
»Was weiß Rake?«
»Hiervon so gut wie nichts. Doch du weißt sehr gut, wie wenig er Oponn schätzt. Er würde die Fäden durchtrennen, wenn er die Möglichkeit dazu hätte.«
»Idiot«, murmelte Bruth. Er dachte einige Zeit nach, stand starr und unbeweglich da, wie eine Gestalt aus Stein und Eisen, während Scharteke vorwärts und rückwärts über die Rhivi-Ebene trippelte und dabei mit ihren langen schwarzen Krallen die hölzernen Marken, die für ganze Regimenter und Divisionen standen, wie Dominosteine umwarf.
»Ohne Oponn ist Rakes Macht im Augenblick unerreicht«, sagte Bruth. »Er hängt über Darujhistan wie ein Leuchtfeuer, und die Imperatrix wird ihm ganz sicher etwas auf den Hals hetzen. Solch ein Kampf würde -«
»Darujhistan dem Erdboden gleichmachen«, zirpte Scharteke freudig. »In Flammen, zwölf an der Zahl, so fliegen die Freien Städte, wie Asche im Wind.«
»Rakes Verachtung für alles unter ihm hat uns einmal zu oft ins Stolpern gebracht und uns flach auf die Nase fallen lassen«, sagte Bruth. Er warf Scharteke einen Blick zu; eine haarlose
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