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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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seine Hand war nur leicht verbrannt. Paran starrte die Finger an, die nach irgendetwas zu greifen schienen, und er fragte sich, nach welcher Erlösung der Riese im Augenblick seines Todes die Hand ausgestreckt hatte. Die Freiheit, die im Tod liegt; eine Freiheit, die mir nicht gewährt worden ist. Verdammt seien die Götter, verdammt seien sie alle miteinander. Er war wie betäubt, und daher dauerte es auch einige Zeit, bis er bemerkte, dass Toc ihn rief.
    Mühsam kämpfte sich Paran auf die Beine. Er stolperte dorthin, wo Toc noch immer am Boden kauerte. Vor ihm lag ein zerrissener Jutesack.
    »Von dem Ding hier führen Spuren weg«, sagte Toc mit zittriger Stimme; sein Gesicht trug einen merkwürdigen Ausdruck. Er kratzte heftig an seiner Wunde und stand dann auf. »Sie führen nach Nordosten.«
    Paran sah seinen Begleiter verständnislos an. »Spuren?« »Ja. Kleine Spuren, wie von einem Kind. Nur ...« »Nur was?«
    Toc verschränkte die Arme, als würde er frieren. »Diese Füße waren zum größten Teil Knochen.« Er blickte in die ausdruckslosen Augen des Hauptmanns. »Als wären die Fußsohlen vermodert oder weggebrannt worden - ich weiß es nicht... Hier ist etwas Schreckliches geschehen, Hauptmann. Ich bin froh, dass es von hier fortgegangen ist, was immer es auch gewesen sein mag.«
    Paran wandte sich wieder den beiden einander umarmenden Gestalten zu. Er stöhnte leise, fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. »Das ist Flickenseel«, sagte er mit flacher Stimme.
    »Ich weiß. Es tut mir leid. Der andere ist der Thelomen, Hohemagier Bellurdan. Er muss es sein.« Toc starrte auf den Jutesack hinunter. »Er hat sich freistellen lassen, um hier herauszukommen und Nachtfrost zu beerdigen.« Leise fügte er hinzu: »Ich glaube nicht, dass Nachtfrost jetzt noch eine Beerdigung braucht.«
    »Das hat Tayschrenn getan«, sagte Paran.
    Etwas im Tonfall des Hauptmanns ließ Toc herumfahren.
    »Tayschrenn. Und die Mandata. Flickenseel hatte Recht. Sonst hätten sie sie nicht getötet. Nur ist sie nicht leicht gestorben. Sie hat sich niemals für den leichten Weg entschieden. Lorn hat sie mir entrissen, genauso wie sie mir alles andere entrissen hat.«
    »Hauptmann ...«
    Parans Hand glitt unbewusst zum Schwertknauf. »Diese herzlose Hexe hat allerhand verdient, und ich habe fest vor, es ihr zu überbringen.«
    »Schön«, grollte Toc. »Aber wir sollten das so klug wie möglich angehen.«
    Paran starrte ihn wütend an. »Wir sollten sehen, dass wir weiterkommen, Toc der Jüngere.«
    Toc schaute ein letztes Mal nach Nordosten. Das hier war noch nicht vorbei, sagte er sich und schauderte. Er zuckte zusammen, als ein wilder, schmerzhafter Juckreiz unter seiner Narbe erwachte. Obwohl er es versuchte, musste er feststellen, dass er ihn nicht stillen konnte. Hinter seiner leeren Augenhöhle brannte ein formloses, heißes Feuer - eine Empfindung, die er in letzter Zeit häufiger gehabt hatte. Leise vor sich hin murmelnd, ging er zu seinem Pferd und kletterte in den Sattel.
    Der Hauptmann trieb sein eigenes Pferd und das Packpferd bereits nach Süden. Seine Haltung sprach Bände, und Toc der Jüngere fragte sich, ob er nicht vielleicht doch einen Fehler gemacht hatte, als er sich entschlossen hatte, ihn zu begleiten. Dann zuckte er die Schultern. »Nun«, sagte er zu den beiden verbrannten Körpern, als er an ihnen vorbeiritt, »diese Entscheidung ist längst gefallen, oder etwa nicht?«
     
    Die Ebene unter ihr war in Dunkelheit gehüllt. Doch wenn sie nach Westen sah, konnte Scharteke noch immer die untergehende Sonne sehen. Sie ritt auf den höchsten Winden, und die Luft um sie herum war bitterkalt. Der Große Rabe hatte Caladan Bruths Armee zwei Tage zuvor verlassen. Seit jenem Zeitpunkt hatte sie kein Zeichen von Leben in der großen Ödnis unter ihr bemerkt. Selbst die gewaltigen Bhederin-Herden, denen die Rhivi zu folgen pflegten, waren verschwunden.
    Nachts waren Schartekes Sinne begrenzt, obwohl sie Zauberei am besten in der Dunkelheit aufspüren konnte. Während sie unaufhörlich südwärts flog, suchte sie das Land unter ihr mit hungrigen Augen ab. Andere ihrer Art patrouillierten im Dienst Anomander Rakes regelmäßig über der Ebene. Sie hatte noch keine gesehen, doch das war nur eine Frage der Zeit. Wenn sie auf eine Patrouille stieß, würde sie sie fragen, ob sie vor kurzem irgendwelche Anzeichen von Magie entdeckt hatten.
    Bruth war niemand, der übertrieben reagierte. Wenn hier unten irgendetwas geschah,

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