Die Gärten des Mondes
Wahrheit. Flickenseel, unsere Unterredung ist hiermit zu Ende.«
»Ich kann nicht mit dir zurückgehen«, sagte die Zauberin. »Ich muss weitergehen. Bitte, versuche nicht, mich aufzuhalten.«
»Wir müssen nach Fahl zurückkehren«, beharrte Bellurdan starrsinnig. »Ich bin auf deine Wünsche eingegangen. Erlaube mir, dich mit zurückzunehmen, damit ich weiter nach einer geeigneten Begräbnisstätte für Nachtfrost suchen kann.«
Flickenseels Gedanken rasten; sie hatte keine Wahl mehr. Doch es musste einfach einen Ausweg geben. Das Gespräch hatte ihr Zeit verschafft, Zeit, in der sie sich von den Anstrengungen, innerhalb eines Gewirrs zu reisen, wieder ein bisschen erholt hatte. Bellurdans Worte fielen ihr wieder ein: Wenn sie jetzt auf ihr Thyr-Gewirr zurückgriff, würde sie verschlungen werden. Verbrannt von dem gegensätzlich wirkenden Einfluss des T'lan Imass. Ihr Blick fiel auf den Jutesack neben dem Thelomen, und sie sah einen schwachen Schimmer von Zauberei. Ein Spruch. Mein eigener Spruch. Sie erinnerte sich wieder: eine Geste des Mitleids, ein Spruch des ... Bewahrens. Ist das womöglich mein Ausweg? Beim Atem des Vermummten, wäre so etwas überhaupt möglich? Sie dachte an Locke, an die Reise von einem sterbenden Körper zu einem leblosen ... Gefäß. Shedenul, hab Erbarmen mit uns...
Die Zauberin trat einen Schritt zurück und öffnete ihr Gewirr. Hochthyr-Magie flammte um sie herum auf. Sie sah Bellurdan zurücktaumeln, dann jedoch fasste er sich. Er schrie etwas, doch sie konnte ihn nicht verstehen. Dann stürmte er auf sie los.
Sie bedauerte den verhängnisvollen Mut des Thelomen, während die Flammen die Welt um sie herum schwärzten, selbst als sie die Arme öffnete und ihn umarmte.
Lorn trat an Tools Seite. Der T'lan Imass blickte nach Westen. Um ihn herum schien die Luft vor Spannung zu knistern.
»Was ist das ?«, fragte sie, ihre Augen auf die weiße Fontäne aus Feuer gerichtet, die sich über dem Horizont erhob. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
»Ich auch nicht«, erwiderte Tool. »Es befindet sich innerhalb der Barriere, die ich um uns errichtet habe.«
»Aber das ist unmöglich«, schnappte die Mandata.
»Ja, es ist unmöglich, dass sie so lange Bestand hat. Ihre Quelle hätte eigentlich sofort aufgesogen werden müssen. Allerdings ...«
Es gab keine Notwendigkeit für Tool, den Satz zu Ende zu führen. Die Feuersäule ragte noch immer in den Nachthimmel, genau wie sie es die ganze vergangene Stunde schon getan hatte. Die Sterne schwammen in der tintigen Dunkelheit darum herum, Zauberei wirbelte wild, wie aus einer bodenlosen Quelle. Der Wind brachte einen Geruch mit sich, der Lorn leichte Übelkeit verursachte. »Erkennst du das Gewirr, Tool?«
»Nicht nur ein Gewirr - Gewirre, Mandata. Tellann, Thyr, Denul, D'riss, Tennes, Thelomen Toblakai, Starvald Demelain ...«
»Starvald Demelain? Was im Namen des Vermummten ist das?«
»Ein Älteres Gewirr.«
»Ich dachte, es gäbe nur drei Ältere Gewirre, und das ist keines davon.«
»Drei? Nein, es hat viele gegeben, Mandata, und alle wurden aus einem geboren. Starvald Demelain.«
Lorn zog sich den Umhang enger um die Schultern, die Augen noch immer auf die Feuersäule gerichtet. »Wer könnte solch eine Beschwörung vollbringen?«
»Es gab einst jemanden, vor langer Zeit. Von seinen Anbetern sind keine mehr übrig, daher ist er auch nicht mehr. Ich habe keine Antwort auf Eure Frage, Mandata.« Der Imass taumelte, als die Säule zu einer Feuerwolke aufblühte und dann erlosch. Ein fernes, donnerndes Grollen drang an ihr Ohr.
»Sie ist verschwunden«, flüsterte Lorn.
»Sie ist vernichtet worden«, sagte Tool. Der Krieger legte den Kopf schräg. »Seltsam, die Quelle ist in der Tat vernichtet worden. Aber es wurde auch etwas geboren. Ich kann es spüren, eine neue Präsenz.«
Lorn griff nach ihrem Schwert. »Was ist es?«, wollte sie wissen.
Tool zuckte die Schultern. »Es ist neu. Und es flieht.«
War dies ein Grund, sich Sorgen zu machen? Lorn zog ein finsteres Gesicht und wandte sich dem T'lan Imass zu, doch dieser hatte bereits ihre Seite verlassen und war auf dem Rückweg zu ihrem Lagerfeuer. Die Mandata blickte noch einmal zum westlichen Horizont hinüber. Dort hing eine Wolke und verdeckte die Sterne. Sie schien riesig zu sein. Lorn erschauerte.
Es war Zeit, sich schlafen zu legen. Der Imass würde Wache stehen, daher brauchte sie sich keinerlei Gedanken über unliebsame Besucher zu machen. Der Tag war
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