Die Gärten des Mondes
Mal von sich gegeben hatte. »Glaubt Ihr, sie weiß überhaupt nicht, dass ihr jemand folgt?«
»Sie ist arrogant«, sagte Paran; seine freie Hand legte sich um den Schwertgriff. »Und mit diesem Imass an ihrer Seite, warum sollte sie sich da Sorgen machen?«
»Macht zieht Macht an«, sagte Toc und kratzte sich wieder an der Narbe. Die Bewegung erzeugte einmal mehr einen Lichtblitz in seinem Kopf, doch er veränderte sich. Manchmal glaubte er, er könnte fast Bilder sehen, in Licht getauchte Szenen. »Verdammter Aberglaube aus dem Reich der Sieben Städte, sonst nichts«, grollte er kaum hörbar.
Paran sah ihn merkwürdig an. »Habt Ihr etwas gesagt?«
»Nein.« Toc kauerte sich im Sattel zusammen. Der Hauptmann hatte ein scharfes Tempo vorgelegt. Seine Besessenheit trieb sie zur Erschöpfung; trotz des dritten Tieres waren die Pferde fast am Ende. Ein Gedanke nagte an Toc. Was würde geschehen, wenn sie die Mandata einholten? Offensichtlich hatte Paran vor, die Mandata und den Imass gefangen zu nehmen; er wurde von Rachegefühlen geleitet, die seine vorherigen Absichten beiseite gewischt hatten. Wenn Lorn tot wäre oder ihre Pläne fehlschlügen, wäre Parans Kommando sicher. Er hätte dann Zeit, zu Elster und seinem Trupp zu stoßen. Vorausgesetzt natürlich, dass sie dann immer noch lebten.
Toc konnte tausend Schwächen in den Plänen des Hauptmanns entdecken. Da war zuallererst der T'lan Imass. War Parans Schwert ihm gewachsen? In der Vergangenheit war den Imass-Kriegern Zauberei mit einer aus Raserei geborenen Verzweiflung entgegengeschleudert worden. Nichts hatte funktioniert. Es gab nur ein einziges Mittel, einen Imass zu vernichten: Man musste ihn in Stücke hauen. Toc glaubte nicht, das die Waffe des Hauptmanns, mochte sie auch von den Göttern berührt worden sein, so etwas vollbringen konnte, doch es war zurzeit vollkommen unmöglich, Paran von irgendetwas zu überzeugen.
Sie stießen auf einen weiteren Raben; seine Federn wehten im Wind, seine Eingeweide waren von der Sonne angeschwollen und hellrot wie Kirschen. Toc rieb sich schon wieder über die Narbe und wäre fast vom Pferd gefallen, als ein Bild klar und präzise in seinem Kopf entstand. Er sah eine kleine Gestalt, die sich so schnell bewegte, dass sie kaum mehr als ein verwischter Fleck war. Pferde wieherten, und ein gewaltiger Riss öffnete sich mitten in der Luft. Er schwankte, als ob etwas Großes und Schweres ihn geschlagen hätte, und der Riss gähnte weit, und hinter ihm wirbelte Dunkelheit. Toc hörte sein eigenes Pferd angstvoll wiehern. Dann war es vorbei, und er stellte fest, dass er sich mit aller Kraft an seinen drehbaren Sattelknopf klammerte.
Paran war schon ein Stück voraus; er hatte anscheinend nichts bemerkt. Sein Rücken war gerade, sein Blick nach Süden gerichtet. Eine Hand spielte unbewusst mit dem Schwertknauf.
Toc schüttelte sich, beugte sich zur Seite und spuckte aus. Was hatte er da gerade gesehen? Dieser Riss - wie konnte die Luft auf diese Weise auseinander gerissen werden? Und dann wusste er die Antwort. Ein Gewirr, ein sich öffnendes Gewirr kann das tun. Er trieb sein Pferd an, bis er zu Paran aufgeschlossen hatte.
»Hauptmann, wir reiten in einen Hinterhalt.«
Parans Kopf ruckte herum. Seine Augen glitzerten. »Dann macht Euch bereit.«
Toc öffnete den Mund, um zu protestieren, doch er schloss ihn wieder, ohne einen Ton von sich gegeben zu haben. Wozu auch? Er hängte die Bogensehne ein und lockerte den Krummsäbel in der Scheide. Dann legte er einen Pfeil auf die Sehne. Er warf einen Blick zu Paran hinüber, der das Schwert gezogen und es sich quer über die Oberschenkel gelegt hatte. »Jemand wird durch ein Gewirr kommen, Hauptmann.«
Paran sah keine Veranlassung, nachzufragen, warum Toc seiner Sache so sicher war. Er wirkte fast eifrig.
Toc betrachtete das Schwert. Zufall. Das trübe, dunstige Licht spielte über die polierte Klinge wie Wasser. Auch das Schwert wirkte in Tocs Auge irgendwie eifrig.
Kapitel Fünfzehn
Die Steigbügel sind blutig, wenn die Jaghut
ihre Seelen reiten,
in einem donnernden Angriff, der kein Ende nimmt,
dumpf pocht die Härte in ihrem Innern,
wild trommelt das Fließen des Eises
ein gewisses Versprechen ...
So trotzt der Jaghut der Abenddämmerung
auf einem Feld aus zerborstenen Steinen ...
Jaghut Fisher
(geb. ?)
D er Schnelle Ben saß in der Hütte, den Rücken an die alte Mauer zur nächsten Ebene gelehnt. Vor ihm standen die fünf Stöcke, die seine
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