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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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ein, während er spürte, wie das Blut aus der Wunde in seiner Brust strömte. Er hatte beinahe den Eindruck, als könnte er glänzende Knopfaugen auf sich herabstarren sehen.
     
    Nachdem er keine weiteren Anzeichen von Bewegung mehr auf dem Glockenturm entdecken konnte, richtete Paran den Blick auf die Straße zu seiner Linken. Von dort näherte sich Vildron mit einem Wagen, der von zwei Pferden gezogen wurde. Der Wachposten, der neben Colls Pferd stand, wandte sich an Paran. »Würdet Ihr mir vielleicht helfen? Wir müssen den alten Mann vom Pferd holen.«
    Paran stieg ab, um dem Wachposten zu helfen. Er warf einen Blick in Colls Gesicht. Zwar hockte er noch immer im Sattel, doch war er ganz offensichtlich bewusstlos. Wie lange würde er noch durchhalten? Wenn ich an seiner Stelle wäre, erkannte Paran, wäre ich jetzt schon tot. »Verdammt, nach all der Mühe solltest du besser am Leben bleiben«, grummelte er, als sie Coll aus dem Sattel zogen.
     
    Ächzend rollte sich Serrat auf den Rücken. Die Sonne brannte heiß auf ihre Augenlider herab, während sie die zersplitterten Fragmente ihrer Erinnerung zusammensuchte. Sie hatte sich gerade um die Frau in der Gasse unter ihr kümmern wollen. Wenn sie tot wäre, würde der Träger der Münze nur noch eine einzige Beschützerin haben. Und wenn sie die Mietskaserne im Schutz der Dunkelheit verließen, würden sie genau in die Falle laufen, die Serrat ihnen gestellt hatte.
    Die Assassinen-Magierin öffnete die Augen; dem Sonnenstand nach zu urteilen, war es mitten am Vormittag. Ihre Dolche, die sie in den Händen gehabt hatte, als sie sich am Rande des Dachs hingekauert hatte, lagen jetzt neben ihr auf dem mit Kieselsteinen bestreuten Dach, säuberlich nebeneinander aufgereiht. Ein dumpfer Schmerz pochte in ihrem Hinterkopf. Sie betastete die Wunde und zuckte zusammen; dann setzte sie sich aufrecht hin.
    Für einen kurzen Augenblick drehte sich alles um sie herum. Serrat war verwundert und wütend. Sie war aus ihrem toten Winkel überrascht worden, und wer immer das getan hatte, war gut - gut genug, um sich an eine Assassinen-Magierin der Tiste Andii heranzuschleichen. Und genau das verunsicherte sie. Denn sie hatten bisher in Darujhistan noch niemanden gefunden, der ihnen in dieser Beziehung gewachsen gewesen wäre, mit Ausnahme jener zwei Klauen in der Nacht des Hinterhalts. Doch wenn es eine Klaue gewesen wäre, dann wäre sie jetzt tot.
    Stattdessen sah das Ganze so aus, als hätte man eher im Sinn gehabt, sie zu beschämen. Sie im hellen Tageslicht zurückzulassen -noch dazu mit den Waffen an ihrer Seite -, deutete auf eine gerissene, feinsinnige Art von Humor hin. Oponn? Möglich, obwohl Götter sich selten so direkt einmischten und sich eigentlich lieber unwissentlicher Agenten bedienten, die sie aus der Menge der Sterblichen heraussuchten. Eine Gewissheit blieb letztlich bei all dem Rätselhaften zurück - dass sie die Gelegenheit, den Träger der Münze zu töten, verpasst hatte. Jetzt musste sie mindestens einen weiteren Tag warten. Das nächste Mal, schwor sie sich, während sie sich aufrappelte und nach ihrem Kurald-Galain-Gewirr griff, würden ihre unbekannten Gegner sie bereit finden.
    Die Luft um sie herum schimmerte vor Zauberei. Als das Schimmern verblasste, war Serrat verschwunden.
     
    Staubschleier trieben durch die heiße, stickige Luft auf dem Dachboden des Phoenix. Der lange, schmale Raum unter dem schrägen Dach war an der Ostmauer fünf Fuß hoch, an der Westmauer immerhin sieben. Durch Fenster strömte Sonnenlicht herein.
    Crokus und Apsalar schliefen an den entgegengesetzten Enden des Raums. Mira hockte neben der Falltür auf einer Kiste und säuberte mit einem dünnen Holzspan ihre Fingernägel. Es hatte sich als einfache Übung erwiesen, die Mietskaserne, in der Mammots Wohnung lag, zu verlassen und sich über die Dächer in dieses Versteck zu begeben. Als zu einfach, genauer gesagt. Irilta hatte berichtet, dass ihnen auf den Straßen niemand gefolgt war. Und die Dächer waren völlig leer gewesen. Es hatte fast den Anschein, als hätte ihnen jemand den Weg freigeräumt.
    War hier einmal mehr der Aal am Werk gewesen? Mira knurrte leise in sich hinein. Vielleicht. Doch mindestens ebenso wahrscheinlich war, dass Mira dem instinktiven Unbehagen, das wie ein schwer zu fassendes Jucken ihr Rückgrat entlanglief, zu viel Gewicht beimaß. Selbst jetzt hatte sie das Gefühl, als würden sie von unsichtbaren Augen beobachtet - was, wie sie zu sich

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