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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Zufall an. Was hatte Rake gesagt? Wenn Euer Glück sich wandelt, zerbrecht das Schwert. Oder übergebt es Eurem schlimmsten Feind. Paran zweifelte allerdings daran, dass Oponn es annehmen würde. Und das bedeutete, er würde es zerbrechen müssen. Das Schwert hatte ihn lange begleitet. Er hatte es nur einmal in einem Kampf benutzt, in Fahl, gegen den Schattenhund.
    Aus weiter Ferne hörte er ganz schwach die Stimme eines Lehrers aus seiner Kindheit. Das faltige Gesicht des Mannes stieg vor seinem geistigen Auge auf, gesellte sich zu der Erinnerung an die Worte. »Man erzählt sich, dass die Götter jene, die sie auserwählen, zuerst von den anderen Sterblichen trennen - durch Verrat, indem sie dir das Lebensblut deines Geistes nehmen. Die Götter werden all jene, die du liebst, töten - einen nach dem anderen. Und während du härter wirst, während du zu dem wirst, was sie wollen, lächeln die Götter und nicken. Jede menschliche Gesellschaft, der du ausweichst, bringt dich ihnen näher. So wird ein Werkzeug geformt, mein Junge, durch Stoßen und Ziehen, und die letzte Hilfe, die sie dir anbieten, ist die, deine Einsamkeit zu beenden - genau jene Einsamkeit, die sie mit geschaffen haben.« Pass auf, dass man dich nicht bemerkt, Junge.
    Hatte der Formungsprozess begonnen? Paran starrte finster vor sich hin. War er dafür verantwortlich, dass Coll sein Leben verloren -oder so gut wie verloren - hatte? Hatte der bloße Hauch einer Freundschaft zwischen ihnen ausgereicht, den Untergang jenes Mannes zu besiegeln? »Oponn«, flüsterte er, »Ihr werdet einige Fragen zu hören bekommen - und Ihr werdet antworten!«
    Er stellte sein Glas ab und stand auf. Dann griff er nach dem Schwert.
     
    Kalam stieg gerade die Stufen zum Phoenix hinauf, als er plötzlich stehen blieb. Verdammt, da war es schon wieder, dieses Gefühl, dass er von unsichtbaren Augen beobachtet wurde. Seit er in Sichtweite des Gasthauses war, hatte er dieses Gefühl - eines der Überbleibsel seiner Ausbildung zur Klaue - jetzt binnen kürzester Zeit viermal gehabt. Das Beachten genau solcher Warnungen hatte dafür gesorgt, dass er noch immer am Leben war, und doch spürte er keine böse Absicht in dieser unerwünschten Aufmerksamkeit; das Ganze hatte vielmehr etwas von heiterer Neugier, als ob wer immer ihn beobachtete, genau wusste, wer und was er war, sich daraus jedoch nichts weiter zu machen schien.
    Er schüttelte sich und betrat das Gasthaus. Kaum hatte er den ersten Schritt in die bedrückende Atmosphäre gemacht, wusste er, dass irgendetwas nicht stimmte. Er zog die Tür hinter sich zu, wartete, bis seine Augen sich an das Zwielicht gewöhnt hatten. Er hörte Atemgeräusche, das leise Scharren von Möbeln und das Geräusch, mit dem Gläser auf die Tischplatte gestellt wurden. Es waren also Menschen hier. Warum dann die Stille?
    Als die Ecken des Gastraums sich allmählich aus dem grauen Zwielicht schälten, sah er, dass alle Gäste ihm den Rücken zudrehten und einen Mann beobachteten, der am hinteren Ende des Raums an einem Tisch stand. Das Licht der Lampen spiegelte sich auf einem Schwert, das durch den Tisch gestoßen worden war, und der Mann hatte eine Hand um das Heft gelegt. Er schien nichts und niemanden von seiner Umgebung wahrzunehmen.
    Kalam machte ein halbes Dutzend Schritte, bis er das diesseitige Ende der Theke erreichte. Der Blick aus seinen dunklen Augen war unverwandt auf den Mann mit dem Schwert geheftet, und auf seiner breiten Stirn bildete sich eine tiefe Falte. Der Assassine blieb stehen. Lag es an dieser verdammten funzligen Beleuchtung?, fragte er sich. »Nein«, sagte er und erschreckte den Wirt hinter der Theke fast zu Tode, »das ist es nicht.« Er trat wieder von der Theke zurück, ließ seine Blicke über die übrigen Anwesenden schweifen - alles Einheimische. Er würde es einfach riskieren müssen.
    Die Muskeln in Kalams Nacken und Schultern spannten sich, als er schnurstracks auf den Mann zuging, der kurz davor zu sein schien, die Klinge seines Schwertes abzubrechen. Der Assassine nahm von einem Tisch unterwegs einen Stuhl mit und knallte ihn genau gegenüber dem Mann mit einer Hand auf den Boden. Ein überraschter Blick traf Kalam.
    »Euer gottgegebenes Glück hält noch an, Hauptmann«, knurrte der Assassine leise. »Setzt Euch.«
    Mit einem gleichermaßen verwirrten wie erschrockenen Gesichtsausdruck ließ Paran den Schwertgriff los und sank zurück auf seinen Stuhl.
    Kalam setzte sich ebenfalls und beugte sich über

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