Die Gärten des Mondes
selbst sagte, während sie sich in dem staubigen Raum umsah, völlig unmöglich war.
Von der Falltür erklang ein leises Klopfen. Die Klappe schwang hoch, und Irilta erschien. »Mira?«, flüsterte sie laut.
»Ich bin hier; eigentlich müsstest du meinen Atem in deinem Nacken spüren«, knurrte Mira und warf den Holzspan auf den öligen Fußboden. »Sag Skorb, dieses ganze Geschoss ist ein Großbrand, der nur darauf wartet, auszubrechen.«
Irilta zog sich ächzend auf den Dachboden hoch. Sie schloss die Falltür und wischte sich die Hände ab. »Unten wird's irgendwie komisch«, sagte sie. »Ein Wagen der Stadtwache ist aufgetaucht, mit einem Wachmann und einem anderen Burschen, und sie haben Coll reingeschleppt. Der alte Narr hat einen Schwerthieb abbekommen und ist mehr tot als lebendig. Sie haben ihn einen Stock tiefer in Krappes Zimmer gebracht. Salli ist losgerannt, um einen Wundarzt zu holen, aber es sieht nicht gut aus. Es sieht ganz und gar nicht gut aus.«
Mira blinzelte in die staubige Luft; ihr Blick blieb an Crokus hängen, der noch immer schlief. »Wie sieht der andere Bursche denn aus?«, fragte sie.
Irilta grinste. »Gut genug, um sich mal mit ihm auf der Matratze zu wälzen, würde ich meinen. Er sagt, er hat Coll blutüberströmt auf Jatems Sorge gefunden. Coll ist wohl noch lange genug bei sich gewesen, um ihm zu sagen, er solle ihn hierher bringen. Der Kerl ist gerade unten in der Gaststube und futtert für drei.«
Mira grunzte. »Ein Fremder?«
Irilta ging zum Fenster hinüber, das auf die Straße hinausging. »Er spricht Daru, als ob es seine Muttersprache wäre. Aber er hat gesagt, er ist aus dem Norden gekommen, aus Fahl, und davor war er wohl in Genabaris. Ich würde sagen, er ist Soldat, das rieche ich förmlich.«
»Hast du schon was vom Aal gehört?«
»Wir sollen den Jungen fürs Erste hier behalten.«
»Und was ist mit dem Mädchen?«
»Für sie gilt das Gleiche.«
Mira seufzte laut. »Crokus wird es überhaupt nicht gefallen, hier eingesperrt zu sein.«
Irilta blickte zu der schlafenden Gestalt hinüber. Schlief der Junge tatsächlich? »Er hat keine andere Wahl. Ich hab gehört, dass vor Mammots Wohnung ein paar Wachen warten. Sie waren natürlich zu spät, aber trotzdem verdammt nah dran.« Irilta wischte die Scheibe an einer Stelle sauber und beugte sich vor. »Manchmal könnte ich schwören, ich würde jemanden - oder auch irgendetwas - sehen. Doch wenn ich dann blinzele, ist es weg.«
»Ich weiß, was du meinst.« Mira stand auf; ihre Knochen knirschten vernehmlich. »Ich glaube, sogar der Aal fängt an zu schwitzen.« Sie gluckste in sich hinein. »Allmählich wird's heiß, meine Liebe. Uns stehen unruhige Zeiten bevor.«
Irilta nickte grimmig. »Lassen wir uns überraschen.«
Hauptmann Paran füllte sein Glas zum dritten Mal nach. Seit er in dieses Land gekommen war, hatte er drei Menschen gefunden, mit denen ihn so etwas wie Freundschaft verbunden hatte - ein für ihn völlig neues, unerwartetes Gefühl, aber auch ein überaus kostbares. Aber die Flickenseel, die er kannte, war tot, und an ihrer Stelle gab es jetzt ... ein Kind. Toc war tot. Und jetzt sah es ganz so aus, als würde auch Coll auf dieser Liste enden. Hatte der Tiste Andii womöglich das mit seinem »sich wendenden Glück« gemeint?
Er fuhr mit einem Finger durch eine Bierlache auf dem Tisch, schuf einen Fluss, der auf eine Spalte zwischen zwei Planken zufloss, und sah zu, wie das Bier durch den Spalt auf den Boden tropfte und aus seinem Blickfeld verschwand. Er spürte, wie sein rechtes Schienbein nass wurde, ignorierte es jedoch und betrachtete angelegentlich den Spalt. Das Holz war verzapft worden, verband den dicken Planken mit einem robusten Gerüst aus Tischbeinen.
Was hatte Rake gesagt? Paran löste den Schwertgürtel. Er legte ihn auf den Tisch und zog Zufall aus der Scheide.
Die wenigen Stammgäste wurden plötzlich still und drehten sich zu ihm um. Hinter der Theke griff Skorb nach seinem Knüppel.
Der Hauptmann bemerkte von all dem nichts. Er wog das Schwert kurz in der Rechten, setzte es genau an dem Spalt an und brachte es in eine senkrechte Position. Indem er die Waffe vor und zurück bewegte, schaffte er es, sie fast zur Hälfte zwischen die Planken zu schieben. Dann setzte er sich wieder hin und griff nach seinem Bier.
Alle entspannten sich; verwirrt nahmen die übrigen Gäste ihre Unterhaltung wieder auf.
Paran nahm einen großen Schluck Bier. Stirnrunzelnd starrte er
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