Die Gärten des Mondes
nicht gelogen hat. Er dachte kurz daran, diesen Teil seiner Geschichte zu erzählen, schob die Idee jedoch wieder beiseite. Schließlich konnte er sich nicht sicher sein. Es war besser, abzuwarten, was geschehen würde.
Die Grabkammer erwies sich als kleines, wabenförmiges Grab, dessen niedrige Kuppel aus roh behauenen Steinen bestand. Der Korridor, der zu ihm führte, war schmal und noch nicht einmal vier Fuß hoch, und er senkte sich leicht abwärts. Der Fußboden der Kammer war aus festgestampfter Erde, und in ihrem Mittelpunkt erhob sich eine runde Steinmauer, die von einem mächtigen Schlussstein bedeckt wurde. Darauf lagen reifüberkrustete Gegenstände.
Tool drehte sich zur Mandata um. »Der Gegenstand, den Ihr sucht, wird Finnest genannt. In ihm sind die Kräfte des Jaghut-Tyrannen gespeichert. Man könnte ihn vielleicht am ehesten als ein in sich geschlossenes Omtose-Phellack-Gewirr bezeichnen. Der Jaghut wird sein Verschwinden entdecken, sobald er richtig erwacht ist, und wird ihm unfehlbar nachjagen.«
Lorn hauchte sich in die tauben Hände und näherte sich langsam dem Schlussstein. »Und was ist, während ich ihn in meinem Besitz habe?«, fragte sie.
»Euer Otataral-Schwert wird seine Aura abschwächen. Aber nicht ganz. Ihr solltet den Finnest nicht zu lange behalten, Mandata.«
Sie musterte die Gegenstände, die auf der Oberfläche des Steins lagen. Der Imass trat an ihre Seite. Lorn griff nach einem Messer in einer Scheide - und legte es wieder zurück. Bei dieser Aufgabe konnte Tool ihr nicht helfen. Sie musste sich auf ihre eigenen Sinne verlassen, die von den merkwürdigen, unvorhersehbaren Auswirkungen des Otataral geschärft waren. Ihr Blick fiel auf einen Spiegel, der in ein Geweih eingearbeitet worden war. Die Glimmer-Oberfläche war mit einem Netz aus Reif überzogen, doch sie schien in einem von innen kommenden Licht zu schimmern. Sie streckte die Hand aus, zögerte. Direkt daneben lag ein kleiner runder Gegenstand, der vor lauter Eiskristallen kaum noch zu erkennen war. Er lag auf einem Stück Fell. Lorn runzelte die Stirn und hob das Ding auf.
Als sein Eismantel schmolz, sah sie, dass es nicht ganz rund war. Sie polierte die geschwärzte Oberfläche und musterte den Gegenstand genau.
»Ich glaube, es ist eine Eichel«, sagte Tool.
Lorn nickte. »Und außerdem der Finnest.« Ihr Blick fiel auf den Hügel aus Felsen. »Was für eine merkwürdige Wahl.«
Der Imass zuckte die Schultern. Wie üblich klapperten dabei seine Knochen. »Die Jaghut sind ein merkwürdiges Volk.«
»Tool, sie waren nicht besonders kriegerisch, oder? Ich meine, bevor dein Volk versucht hat, sie zu vernichten.«
Tool ließ sich viel Zeit mit der Antwort. »Nicht einmal dann«, sagte er schließlich. »Der Schlüssel lag darin, sie wütend zu machen, denn dann vernichteten sie blindwütig alles - sogar ihre eigenen Leute.«
Lorn schloss für einen kurzen Moment die Augen. Sie steckte den Finnest in die Tasche. »Wir sollten sehen, dass wir hier wegkommen.«
»Ja, Mandata. Der Jaghut-Tyrann beginnt gerade, sich zu regen.«
Kapitel Neunzehn
Doch hier starb jemand,
leider. Wer trinkt
darauf, dann und wann
und schürt die Asche
deines Scheiterhaufens?
Schöpfer der Pfade,
in deiner Jugend
warst du niemals so durstig ...
Der Alte Tempel
Sivyn Stor (geb. 1022)
I ch finde das nicht in Ordnung, Mira«, sagte Crokus, während er sich den Schlaf aus den Augen rieb. »Wir können uns doch nicht für immer hier verstecken.« »Es ist fast dunkel«, sagte Apsalar vom Fenster her. Mira bückte sich erneut, um den Riegel der Falltür zu überprüfen. »Nach dem zwölften Glockenschlag werden wir euch woanders hinbringen. Irilta ist unten und kümmert sich um die Einzelheiten.«
»Von wem stammen diese Anweisungen?«, wollte Crokus wissen. »Und habt ihr Onkel Mammot schon gefunden?«
»Beruhige dich, Junge.« Mira streckte sich. »Nein, wir haben deinen Onkel noch nicht gefunden. Und die Anweisungen kommen von deinen Beschützern. Ich werde dir aber auf gar keinen Fall sagen, wer sie sind, Crokus, also spar dir deinen Atem und frag mich gar nicht erst danach.«
Apsalar wandte ihre Aufmerksamkeit kurz vom Fenster ab und blickte Mira an. »Eure Freundin ist schon lange weg«, sagte sie. »Glaubt Ihr, dass etwas passiert ist?«
Mira sah beiseite. Dieses Mädchen war scharfsinnig. Mira hatte das natürlich gleich zu Beginn festgestellt, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, und der alte Chert
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