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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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behandschuhte Hand, die auf dem silbernen Knauf eines Duellschwertes ruhte, und ihm fiel auf, dass der Ratsherr im Rhythmus seiner Schritte mit dem Zeigefinger auf das Schwert klopfte.
    Gewöhnlich pflegte der Wächter zu Beginn seiner Wache, lange vor der Ankunft des Ratsherrn, den Wachtturm langsam zu umrunden und dabei gelegentlich die alten Steine zu berühren. Sechs Jahre Nachtwache an diesem Tor hatten zu einer engen Beziehung zwischen ihm und dem roh behauenen Basalt geführt: Er kannte jeden Riss, jeden Kratzer; er wusste, wo die Beschläge schwächer geworden waren, wo Zeit, Wind und Wetter den Mörtel zwischen den Steinen herausgewaschen und zu Staub zerbröselt hatten. Und er wusste auch, dass diese scheinbare Schwäche eine Täuschung war. Der Wachtturm - und mit ihm alles, wofür er stand - wartete noch immer geduldig; ein Geist aus der Vergangenheit, der danach hungerte, wiedergeboren zu werden.
    Und das - diesen Eid hatte der Wächter schon vor langer Zeit geschworen - würde er niemals zulassen ... sofern es in seiner Macht lag. Der Wachtturm des Despoten gab ihm allen Grund, das zu sein, was er war: Kreisbrecher, ein Spion.
    Genau wie Ratsherr Orr wartete er auf die Ankunft des anderen: desjenigen, der immer kam. Turban Orr würde sich zunächst wie üblich verärgert über die Verspätung zeigen. Dann würde er nach dem Arm des anderen greifen, und Seite an Seite würden sie unter dem tief hängenden Sturz des Wachtturms entlanggehen. Und mit Augen, die sich seit Stunden an die Dunkelheit gewöhnt hatten, würde der Wächter das Gesicht des anderen beobachten, würde es sich merken und unauslöschlich in dem hervorragenden Gedächtnis verankern, das sich hinter seinen ausdruckslosen, durchschnittlichen Gesichtszügen verbarg.
    Wenn die beiden Ratsherren von ihrem Spaziergang zurückkommen würden, würde er bereits abgelöst und längst unterwegs sein, um gemäß den Befehlen seines Herrn eine Nachricht zu überbringen. Wenn Kreisbrechers Glück anhielt, konnte er vielleicht den Bürgerkrieg überleben, von dem er glaubte, dass Darujhistan ihm entgegentrieb - ganz zu schweigen von der malazanischen Bedrohung. Ein Albtraum nach dem anderen, versuchte er sich manchmal einzureden, vor allem in Nächten wie dieser, in denen der Wachtturm des Despoten spöttisch und voller Gewissheit das Versprechen seiner Wiedergeburt zu verströmen schien.
     
    »Da dies in Eurem Interesse sein könnte«, las der Hohe Alchemist Baruk mit lauter Stimme den ersten Satz auf dem Blatt Pergament vor, das er in seinen plumpen Händen hielt. Es war immer der gleiche Anfangssatz, der auf ein beunruhigendes Wissen hindeutete. Vor einer Stunde hatte sein Diener Roald ihm die Nachricht überbracht, die genau wie alle anderen, die er im Verlauf des letzten Jahres erhalten hatte, in einem der als Verzierung dienenden Löcher im Tor des Hintereingangs zu seinem Anwesen gesteckt hatte.
    Kaum hatte Baruk den Satz erkannt, hatte er das Schreiben unverzüglich gelesen und sofort seine Boten in die Stadt geschickt. Solche Neuigkeiten verlangten nach Taten, und er war eine der wenigen geheimen Mächte in Darujhistan, die mit solchen Dingen umgehen konnten.
    Jetzt saß er, in Gedanken versunken, in einem Plüschsessel in seinem Arbeitszimmer. Sein trügerisch schläfriger Blick wanderte erneut über die Worte auf dem Pergament. »Ratsherr Turban Orr geht im Garten mit Ratsherrn Feder spazieren. Ich verbleibe als Kreisbrecher, Diener des Aals, dessen Interessen sich auch weiterhin mit den Euren decken.« Einmal mehr regte sich in Baruk die Versuchung. Bei seinen Fähigkeiten müsste es ein Leichtes für ihn sein, die Identität des Schreibers herauszufinden - natürlich nicht die des Aals, dessen Identität schon viele ohne den geringsten Erfolg zu ergründen versucht hatten -, doch wie immer hielt ihn etwas davon ab.
    Er verlagerte sein Gewicht und seufzte. »Nun gut, Kreisbrecher, ich werde dich also weiterhin in Ehren halten, obwohl du eindeutig mehr über mich weißt als ich über dich, und es ist in der Tat ein Glück, dass die Interessen deines Herrn mit meinen übereinstimmen. Jedenfalls jetzt noch ...«Er runzelte die Stirn, als er über den Aal nachdachte, über die undurchsichtigen Interessen jenes Mannes -oder jener Frau. Er wusste genug, um erkennen zu können, dass zu viele Mächte an diesem Spiel beteiligt waren; eine Ansammlung von Kräften der Aufgestiegenen war eine schlimme Sache. Es wurde immer schwieriger, weiterhin

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