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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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arme Selina zum besten hielten.«
    »Das habe ich ja gar nicht getan. Es wurde mir klargemacht, daß sie sehr romantisch veranlagt ist und das Wunderbare sie entzückt, also habe ich mein Bestes getan, sie zufriedenzustellen. Ihr um den Bart gehen, verstehen Sie?«
    »Sie haben ausprobiert, wieviele Lügengeschichten Sie ihr wohl auftischen und sie überreden können, sie zu fressen, das meinen Sie wohl! Wieviel von der Sorte haben Sie schon mir erzählt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Keine. Sie sollten es besser wissen, als mich das zu fragen. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, daß ich bei Ihnen kein Süßholz rasple, und ich sage Ihnen jetzt, daß ich Ihnen auch keine Münchhausengeschichten aufbinde.« Er sah den erschrockenen Blick in ihren Augen, die fast unmerkliche Geste, sich zurückzuziehen, und fügte schlicht hinzu: »Sie würden sie mir nämlich nicht glauben.«
    Darüber mußte sie wieder lachen, aber einen Augenblick lang war sie tatsächlich erschrocken gewesen, als sie in seinen hellen Augen eine Glut entdeckte, die nicht mißzuverstehen war. Sie war etwas atemlos und verlegen geworden, denn bisher hatte sie ihn im Verdacht gehabt, daß er nichts Ernsteres als einen müßigen Flirt verfolgte. Aber in seiner Stimme schwang ein Ton der Aufrichtigkeit mit, und sein Lächeln war eine Liebkosung. Dann aber, gerade als sie dachte: Das geht doch nie!, hatte er eine seiner schalkhaften, verwirrenden Bemerkungen gemacht, so daß sie sich fragte, ob sie vielleicht ihre Phantasie hatte mit sich durchgehen lassen.
    Sein weiteres Benehmen war tadellos, und in seinem Verhalten lag so wenig von einem Liebenden, daß ihre Verlegenheit schnell erstarb. Sie überlegte, daß er wirklich ein sehr angenehmer Gefährte sei, ein dem ihren so sehr verwandter Geist, daß sie nicht erst erklären mußte, was sie durch irgendeine unvollständige Bemerkung meinte, oder ihre Zunge hüten mußte aus Angst, ihn zu entsetzen. Er war auch darum besorgt, daß sie sich wohl fühlte, ohne jedoch diesen Dienst in einen Akt der Huldigung zu verwandeln; und er drückte auch ihre Hand nicht vielsagend und hielt sie nicht länger fest, als er ihr in den Wagen half. Diese Behandlung verlieh ihr ein derartiges Gefühl der Ungezwungenheit, daß sie, als er sie beiläufig fragte, ob sie sich einem Ausflug nach Wells anschließen und ihm die dortige Kathedrale zeigen wolle, ohne zu zögern antwortete: »Ja, gern. Nach Wells zu den Rittern auf den Pferdchen fahren, war für mich immer ein großer Spaß!«
    »Was, zum Teufel, ist denn das?« erkundigte er sich.
    »Ein mechanischer Apparat – aber mehr verrate ich Ihnen nicht. Das sollen Sie selbst sehen. Wer macht bei dem Ausflug sonst noch mit?«
    »Ich weiß nicht. Das heißt, doch. Wir nehmen Fanny und den jungen Grayshott mit.«
    Sie lächelte, sagte jedoch: »Sie sollten auch Lavinia einladen.«
    »Da würde Ihnen Oliver nicht zustimmen. Und ich auch nicht. Für eine fünfte Person ist kein Platz im Wagen.«
    »Sie könnte meinen Platz haben. Oder sogar Mrs. Grayshott. Sie würde die Fahrt genießen.«
    »Sie würde die Fahrt ermüdend finden. Können Sie sich an Ihrer Statt nicht jemanden anderen ausdenken?«
    »Doch – Lady Weaversham!« sagte sie sofort und mußte fröhlich lachen.
    »Nein, ich glaube, wenn ich einen Ersatz für Sie finden muß, dann werde ich die Busenfreundin Ihrer Schwester einladen – wie heißt sie doch? Butterfaß? Das bleiche Frauenzimmer mit den Kaninchenzähnen.«
    »Laura Butterbank!« sagte Abby, und die Stimme versagte ihr. »Gräßlicher, infamer Mensch, Sie!«
    »Oh, ich kann noch viel gräßlicher sein«, sagte er. »Und wenn ich noch mehr Freches und Vorlautes von Ihnen höre, Miss Abigail Wendover, beweise ich es Ihnen!«
    »Völlig unnötig!« versicherte sie ihm. »Ich zweifle nicht im geringsten daran.«
    In der Dunkelheit des Wagens konnte sie sein Gesicht nicht sehen, wußte jedoch, daß er lächelte. Er sagte aber streng: »Fahren Sie mit mir nach Wells oder nicht?«

10
    Der Theaterbesuch hatte seinen unvermeidlichen Widerhall. Zwar sahen nur so strenge Kritiker wie Mrs. Ruscombe etwas an ihm, das sie schockieren konnte, aber es war erstaunlich, wie schnell es sich in Bath herumsprach, daß Mr. Miles Calverleigh seine Aufmerksamkeit äußerst betont Miss Abigail Wendover zuwandte. Daran gab es nichts, was Vermutungen hätte entstehen lassen, denn Abby hatte nie Mangel an Verehrern gehabt. Wirklich interessant wurde die Sache jedoch dadurch, daß

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