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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Spaß an kleinen Flirts, Selina jedoch hatte die Hoffnung fast aufgegeben, daß ihre Schwester unter ihren Freiern einen entdecken würde, der alle jene Eigenschaften besaß, die sie anscheinend verlangte. Sie waren sicherlich nicht an Mr. Miles Calverleigh zu entdecken, mit seinem tiefdunklen Gesicht, seinem formlosen Gehaben und seinem beklagenswerten Mangel an, Gewandtheit.
    Auch Abby ahnte nicht, daß sie, wenn sie ihre Bekanntschaft mit ihm fortsetzte, in Gefahr geraten könnte. Sie war keinesfalls sicher, daß er ihr gefiel. Er war unterhaltend, und sie genoß seine Gesellschaft; aber er machte sie häufig wütend, abgesehen davon, daß er sie durch seine gleichgültige Ablehnung aller der für einen Mann von Grundsätzen unerläßlichen Tugenden entsetzte. Er war zweifellos das, was ihr Schwager kurz und bündig einen lockeren Vogel nannte, und so hoffnungslos unpassend, daß es ihr nicht einmal in den Sinn kam, sie könnte in ihm ihrem Schicksal begegnet sein. Auch fiel ihr nicht ein, daß sie in der Ermutigung seiner Aufmerksamkeiten von etwas anderem beeinflußt sei als von der Hoffnung, sie könnte imstande sein, ihn zu überreden, seinen Neffen zum Teufel zu schicken. Er hatte sich unmißverständlich geweigert, sich einzumischen, aber die Hoffnung blieb, und mit ihr die wachsende Überzeugung, daß er, falls er Stacys üble Pläne zunichte machen wollte, bestimmt wissen würde, wie das anzustellen war. Ihn mit einem solchen Wunsch zu inspirieren, war deutlich ihre Pflicht; hätte man ihr angedeutet, daß ihre Pflicht in diesem Fall eine ungewöhnlich angenehme Seite angenommen hatte, dann hätte sie bereitwillig bestätigt, daß es ein Glück war, daß sie Mr. Calverleigh nicht abstoßend fand; aber sie hätte sich sehr über eine weitere Andeutung amüsiert, daß sie ihr Herz rasend schnell an ein schwarzes Schaf verlor. Daher war sie imstande, ihn, als er in der Trinkhalle auf sie zukam, mit ruhiger Freundlichkeit zu begrüßen; und als er sie gleich darauf von ihrem Kreis loseiste und sie mit seinem üblichen Mangel an Spitzfindigkeit zu einer Promenade um die Trinkhalle in der akzeptierten Art jener einlud, die diese Promenade zu ihrer täglichen Gewohnheit machten, war sie völlig einverstanden, sich ihm anzuschließen.
    »Ich habe eine Einladung Ihrer Schwester erhalten«, sagte er. »Sie hofft, daß ich Ihnen beiden das Vergnügen mache, am Sonnabend am Sydney Place zu Abend zu speisen, aber ich täusche mich nicht: Sie hofft, daß ich mir ein Bein breche oder mit einer Kolik auf dem Rücken liege, bevor ich sie der Kritik aller Ihrer Bekannten aussetze. Soll ich es tun?«
    Sie lachte. »Guter Gott, nein! Ich hoffe, mein Ruf ist gut genug, um einen Theaterbesuch in Ihrer Gesellschaft zu überleben. Auch kümmerte es mich kaum, wenn es sich anders erwiese. Ich wünsche mir sehr, gerade dieses Stück zu sehen. Es war nämlich in Bath immer beliebt.« Ihre Augen tanzten. »Wenn Sie bloß so vernünftig gewesen wären, Witwer zu sein! Ich bin überzeugt, dann hätte Selina nicht den geringsten Einwand! Sie hat nichts daran gefunden, daß ich mit General Exford bei den Rennen war: an Witwern ist etwas sehr Achtbares! Unverheiratete Herren jedoch sind ihrer Ansicht nach von einer Aura der Unanständigkeit umgeben.«
    »Was – selbst der Einfaltspinsel, der Ihnen ausgefallene Komplimente macht?«
    »Falls Sie«, sagte Abby mit etwas schwankender Stimme, aber streng, »von Mr. Dunston sprechen sollten, kennt Selina ihn als einen sehr würdigen Mann, der viel zuviel Benehmen hat, um die Grenzen des Anstands auch nur um einen Zoll zu überschreiten!«
    »Er ist ja wirklich schwerfällig, nicht? Der arme Kerl!«
    »Er mag schwerfällig sein, aber das ist immer noch besser als windig!« erwiderte Abby temperamentvoll.
    »Nein, meinen Sie wirklich? War das übrigens ein Hieb auf mich oder auf Stacy?«
    »Na ja, auf Sie«, sagte Abby freimütig. »Ich halte Stacy nicht bloß für windig: Ich halte ihn für einen hinterlistigen Schurken. Mr. Calverleigh, wenn Sie gehört hätten, wie er mich schmeichelnd überreden wollte, als wir von Lansdown zurückritten, dann wären Sie angewidert gewesen!«
    »Sehr wahrscheinlich. Das Wunder ist nur, daß Fanny durchaus nicht angewidert zu sein scheint.«
    »Sie ist sehr jung und hatte, bis dieser elende Kerl hierher kam, noch nie andere Männer kennengelernt als die, die ständig hier wohnen, Selinas und meine Freunde oder die Brüder ihrer eigenen Freundinnen, die noch

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