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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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sich vorsah, seiner Schwester zu verraten, daß er weit mehr als nur ein neutrales Interesse an der Sache nahm. Daher fragte er sie auch nicht. Zwischen ihm und Fanny wurde die Sache nie erörtert, und so sehr er sich danach sehnte, sie zu bitten, sich nicht an einen Unwürdigen wegzuwerfen, der seiner Ansicht nach ein übler Bursche war, wenn er je einem begegnet war, so kam es ihm nicht zu, sich in die Angelegenheiten eines Mädchens zu mischen, das für ihn nie mehr sein würde als ein unerreichbarer Traum. Außerdem entsprach es seinem Ehrenkodex nicht, einen Kerl hinter dessen Rücken anzuschwärzen. Hätte er auch nur die fadenscheinigste Ausrede gehabt – wäre er bloß entfernt mit Fanny verwandt gewesen! –, dann hätte er dem Burschen schnell den Kamm gestutzt. Wenn er auch noch immer nicht seine alte Kraft hatte, so zweifelte er doch nicht an seiner Fähigkeit, dem eleganten Mr. Stacy Calverleigh die Zähne lockern und die Sicht etwas trüben zu können, bevor er ihn zu Boden gehen ließ. Instinktiv ballte Oliver die Hände zu entschlossenen Fäusten, als er seiner Phantasie erlaubte, einen Augenblick bei der vergnüglichen Vision eines regelrechten Zusammenstoßes mit Stacy zu verweilen. Er besaß eine angeborene Ritterlichkeit, hätte aber keinerlei Gewissensbisse gehabt, diesen heimtückischen Schurken niederzuboxen, der, falls er je im Leben in ein Handgemenge gekommen sein sollte (was Mr. Grayshott bezweifelte), sicherlich kein Partner für einen Burschen war, dessen Technik und Linke ihm in den Annalen seiner Schule und seines College Ruhm eingetragen hatte. Aber diese Vision dauerte nur einen Augenblick. Selbst die Ausrede der Rivalität war ihm verwehrt. Mr. Grayshott war, als er sich hoffnungsfroh und mit dem eifrigen Entschluß nach Indien begeben hatte, sich des Vertrauens seines Onkels würdig zu erweisen, durch seine Konstitution geschlagen worden und betrachtete sich als einen Versager. Mr. Balking hatte ihm gesagt, er solle sich wegen der Zukunft nicht quälen und es sich nicht so sehr zu Herzen nehmen, daß seine Gesundheit zusammengebrochen war. »Denn was kannst du schon dafür? Ich wollte, ich hätte dich nie nach Kalkutta geschickt – außer daß dir die dort gewonnene Erfahrung gut zustatten kommen wird. Ich habe einen Platz für dich im Londoner Haus. Aber wir haben noch Zeit genug, darüber zu sprechen, wenn du wieder auf den Beinen bist.« Mr. Balking war die Güte selbst gewesen, aber Oliver, dessen Lebensmut ebenso wie sein magerer Körper von den Fieberanfällen geschwächt war, sah voraus, daß er ein Beamter im Kontor werden würde, und es war unwahrscheinlich für ihn, daß er in langen, trübsinnigen Jahren aus dieser niedrigen Stellung aufsteigen würde. Er hatte nichts auf die Versicherungen seines Onkels gegeben, daß dieser mit Olivers Arbeit in Kalkutta sehr zufrieden war; das war etwas, das man von einem liebevollen Onkel erwarten konnte. Oliver hatte Bath in tiefer Niedergeschlagenheit erreicht, aber ebenso wie seine Gesundheit besserte sich auch seine Stimmung, und er dachte allmählich, daß es nicht unbedingt so enorm lange dauern mußte, um sich zu einer Vertrauensstellung emporzuarbeiten. Als er imstande war, leidenschaftslos auf die zwei Jahre zurückzublicken, die er in Indien verbracht hatte, meinte er, vielleicht sei sein Onkel mit seinen dortigen Fortschritten wirklich zufrieden. Er hatte seine Arbeit höchst interessant gefunden und wußte, daß er ein Talent für den Handel hatte. Ja, wenn er ein Schaumschläger gewesen wäre, der sich jedes kleinen Erfolges rühmt, dann hätte er gesagt, daß er in der Kalkutta-Niederlage sogar ziemlich gut abgeschnitten hatte. Da er aber ein schüchterner und ziemlich zurückhaltender junger Mann war, schwieg er sich streng über das Thema aus und wartete in allmählich wachsender Hoffnung auf den Tag, an dem der Arzt sein Befinden für gut genug erklären würde, daß er sich wieder dem Geschäft widmen konnte.
    Sein Optimismus verführte ihn jedoch nicht so weit, daß er annahm, die Wendovers könnten ihn je als einen passenden Gatten für Fanny ansehen. Reif für sein Alter, erkannte er in Fannys leidenschaftlicher Zuneigung zu Stacy die kurze, heftige Verliebtheit eines Schulmädchens. Es erinnerte ihn an die Schmerzen, in die Lavinia im Alter von fünfzehn Jahren verfallen war, als sie sich plötzlich und unerklärlicherweise in einen der Gastlehrer an Miss Timbles Seminar verliebt hatte. Es hatte sie mehrere

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