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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Parlamentsabstimmung gelegt haben?«
    Alex staunte. »Sie fangen langsam an, im richtigen Takt zu ticken, Mr Shaw.«
    »Danke. Muss wohl an meiner Vergangenheit bei der Army liegen. Da haben wir den Gleichschritt bis zum Erbrechen geübt.«
    Unweigerlich musste Alex schmunzeln. Shaws trockener Humor gefiel ihr.
    »Was ist mit dem Schlafenden Hermaphroditen?«, fragte Shaw unvermittelt.
    Alex versteifte sich im Schalensitz. »Was soll damit sein?«
    »Haben Sie dazu auch eine metaphorische Erklärung?«
    Sie blickte durch die Seitenscheibe auf die vorbeifliegenden Häuser. Was sollte sie Shaw darauf erwidern? Etwa: Sperren Sie die Augen auf, dann wissen Sie es.
    »Da liegt der Fall wohl anders«, lautete ihre knappe Antwort.
    Er warf ihr einen schwer zu deutenden Seitenblick zu. Sie hätte etwas dafür gegeben, in diesem Moment seine Gedanken lesen zu können. »Das hat Dr. Simmons, der Kriminalpsychologe vom National Criminal Intelligence Service, auch gemeint. Der Vater von Hermaphroditos war doch Hermes, der griechische Götterbote. Ist vielleicht das die Aussage? › Hört her, jetzt kommt eine Botschaft. ‹ «
    »Sagt Ihnen der Name Hermes Trismegistos etwas?«
    »Irgendwann habe ich schon mal davon gehört, aber…« Shaw hob die Hände vom Lenkrad, um seine Ahnungslosigkeit zu unterstreichen.
    »Bei den Ägyptern taucht Hermes unter diesem Namen als menschliche Inkarnation des altägyptischen Thot auf.«
    »Muss mir das etwas sagen?«
    »Thot war der Gott der Schreibkunst, der Magie und der Wissenschaft.«
    »Womit wir wieder beim Thema wären.«
    »Und Aphrodite war die griechische Göttin der Liebe und der Schönheit, also eine Verkörperung von Werten, die mit Messbecher, Zollstock und anderen Werkzeugen der Naturwissenschaftler nicht bewertbar sind. Die zwei haben Hermaphroditos in die Welt gesetzt, der nach der Umarmung mit der Nymphe Salmacis weder Mann noch Frau und doch beides zugleich war. Vielleicht wollten die alten Griechen damit spirituelle Erfahrungen mit dem logischen Denken der Wissenschaft vereinen.«
    »Oder den ewigen Wettstreit der beiden symbolisieren«, konterte Shaw. Er steuerte den Griffith vom Motorway in die North Circular Road zurück.
    »Möglich.«
    Alex blickte stur durch die Windschutzscheibe, merkte aber trotzdem, wie Shaw sie von der Seite musterte.
    »Plötzlich so still, Ms Daniels?«
    »Mein Hals tut weh. Beim Offenfahren muss man immer so brüllen.«
    »Wem sagen Sie das! Ich muss ständig über den Spiegel nachdenken, das Symbol für Selbsterkenntnis und die Annäherung an die dunklen Seiten des eigenen Ichs.«
    Alex starrte gebannt auf die Bordsteinkante. Sie hatte keine Lust, das Thema zu vertiefen.
    Shaw sagte: »Ich sollte Ihnen vielleicht etwas beichten, Ms Daniels.«
    Ihr Kopf ruckte herum. Sie glaubte, ihr Herz schlagen zu spüren.
    »Es gibt eine Liste.«
    Sie sah ihn verständnislos an.
    »Die Sicherheitsüberprüfungen des Schlafenden Hermaphroditen wie auch sämtlicher anderer gestohlenen Gemälde wurden von ein und demselben Mitarbeiter unserer Firma durchgeführt.«
    Alex erholte sich nur allmählich von ihrer Benommenheit. »Dann sollte es doch nicht allzu schwierig sein, den Dieb zu fassen.«
    »Leider ist der Mann tot. Er kann’s also nicht gewesen sein. Und fragen können wir ihn auch nicht mehr.«
    »Lassen Sie einfach sämtliche Kunstwerke, die er gecheckt hat, doppelt streng bewachen.«
    »Es sind über dreihundert.«
    »Oh!«
    »Eigentlich wäre es keine große Sache, drei- oder meinetwegen sogar neunhundert Zeitarbeitskräfte abzustellen, um die betreffenden Werke am nächsten Sonntag einer Vierundzwanzig-Stunden-Überwachung zu unterziehen.«
    »Aber damit würde ArtCare sich eine Blöße geben.«
    Shaw nickte. »Wir müssten aller Welt gestehen, dass wir ein Sicherheitsproblem haben.«
    »Was schlecht fürs Geschäft wäre.«
    Shaw nickte wieder.
    »Haben Sie die Liste dabei?«
    »Sie ist in der Collegemappe hinter meinem Sitz, in der blauen Klarsichthülle. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie einen Blick darauf werfen könnten.«
    Alex angelte sich die Tasche, holte die Liste heraus und begann mit dem Studium derselben.
    »Andy Warhols Marilyn Monroe?«, murmelte sie und sog gleich darauf überrascht die Luft ein. »Und die Mona Lisa? Ziemliches Kontrastprogramm.«
    »Wären die zwei ein lohnendes Objekt für das › Gehirn ‹ ?«
    Alex verzog das Gesicht. »Wohl eher nicht.«
    »Höre ich da einen zweifelnden Unterton?«
    »Nicht, was die Filmdiva

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