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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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seiner Ansicht nach falschen Weltbildes entlarven. Leider gibt es mehr als nur eine.«
    »Was haben wir denn bis jetzt? Da ist das › Codebuch ‹ des › Gehirns ‹ , der Magritte mit seinen männlichen und weiblichen Piktogrammen. Sie sagten, der Unachtsame Schläfer greife Charles Darwins Alb träum auf: die Entdeckung eines Organs, das durch schrittweise Vervollkommnung nicht erklärbar ist. Das › Gehirn ‹ wolle damit die vom naturalistischen Denken beeinflusste Interpretation von Daten anprangern. Richtig?«
    »Stenografieren Sie eigentlich alles mit, was ich sage?«
    »Mein Gedächtnis funktioniert gewöhnlich ganz ordentlich. Dann hätten wir da noch den Spiegel.«
    »Ja«, sagte Alex tonlos. Ihr Magen verkrampfte sich.
    »Alles in Ordnung?«
    »Sie können ruhig schneller fahren.«
    »Dann muss ich zu sehr schreien. Also, der Spiegel ist ein Hinweis auf das Unterbewusstsein des Träumenden. Er zeigt alles, wovor er sich erschrecken mag, möglicherweise auch die eigenen Schattenseiten.«
    Alex schwieg.
    »Sind wir bis hierhin auf einer Linie?«
    »Ja«, knurrte sie.
    »Was ist mit dem Urteil des Paris? Vielleicht kann ich die logische Reihe fortsetzen, wenn Sie mir bei der Interpretation dieses Raubes helfen. Sie erwähnten die Tauben, die sich im Magritte widerspiegeln, und die mythologischen Figuren: Hermes und Aphrodite. Das erscheint mir etwas dünn als Rechtfertigung für die Auswahl des Motivs.«
    »Stimmt. Ich nehme an, das › Gehirn ‹ wollte uns auf die Lüge der Selektion aufmerksam machen.« Alex malte mit Zeige- und Mittelfingern beider Hände Anführungsstriche um das Wort »Lüge«.
    »Sie meinen, weil Paris eine der drei Göttinnen zur Schönheitskönigin erwählt hat?«
    »Ja. Charles Darwin hielt die von ihm so genannte › natürliche Zuchtwahl ‹ für das treibende Element der Evolution. Er glaubte, die Selektion könne Neues hervorbringen, was der Dieb mit der Auswahl seines Bildes als Lüge abstempelt.«
    »Inwiefern?«
    »Paris hat nur aus Bestehendem auswählen können, aber keine neue Göttin erschaffen. Aphrodites Konkurrentinnen waren auch nicht unbedingt hässlicher; sie hatte den Prinzen lediglich bestochen: Gib mir den Apfel für die Gewinnerin, dann kriegst du die schöne Helena.«
    »Und weil er drauf einging, kam es zum Trojanischen Krieg.«
    »Ein wichtiger Nebenaspekt. Wenn die Selektion so arbeitet, wie die Darwinisten es von ihr verlangen, dann greift sie offenbar ab und zu daneben. Denken Sie nur an die Schwanzfedern des Pfaus. Sie machen ihn träge, unbeweglich, auffällig, zu einer leichten Beute für seine Jäger. Als Signal eines an Schönheit interessierten Konstrukteurs machen sie Sinn, aber wie lassen sie sich mit dem Überleben des Tüchtigsten erklären?«
    »Ich würde sagen, sie locken die Weibchen an. Charles Darwin nannte das, glaube ich, sexuelle Selektion. Das ist doch ein Vorteil.« Shaw grinste und warf Alex einen Seitenblick zu.
    »Bilden Sie sich nicht zu viel auf Ihren Griffith ein.«
    »Ha, ha.«
    »Jetzt mal im Ernst: Finden Sie Ihre Erklärung einleuchtend? Hätten die Pfauenhennen nicht lieber einen Mann mit scharfen Krallen und mächtigen Schwingen bevorzugen sollen, als einen, der allzu leicht einem Tiger in die Pranken gerät? Wieso hat die Selektion eine solch absurde genetische Verknüpfung gefördert?«
    »Bei den Menschen soll es auch Frauen geben, die sich ihre Männer eher nach modischen Gesichtspunkten auswählen.«
    »Sie werden unsachlich, Mr Shaw.«
    »Entschuldigung.«
    »Wissen Sie, was Allele sind?« Befriedigt registrierte Alex, wie das Grinsen aus Shaws Gesicht verschwand.
    »In der Schule war ich in Biologie nie besonders gut.«
    »Unter Allelen versteht man die verschiedenen Zustandsformen, die ein und dasselbe Gen annehmen kann. Sagen wir vereinfachend, die Augenfarbe liegt auf einem Gen. Dann kann dieses im Wesentlichen die Allele blau, braun, grau und grün haben.«
    »Und violett.« Der Detektiv wandte Alex den Kopf zu, um sie anzulächeln.
    »Schauen Sie gefälligst auf die Straße«, ermahnte sie ihn. Dieser forschende Blick! Vielleicht war es keine so gute Idee gewesen, in sein Auto zu steigen.
    »Was haben diese… Allele mit der Selektion zu tun? « , fragte Shaw.
    »Ich dachte, das liegt auf der Hand. Die natürliche Auslese sucht sich die Zustandsformen der Gene heraus, die für das Individuum in einer bestimmten Situation von Vorteil sind. Denken Sie an gestern, als Sie meine M&Ms geräubert haben. Es waren

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