Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
hinunter.
Zu ihrer Rechten öffnete sich eine Tür und ein großer, grauhaariger Mann in einer purpurnen Uniform trat heraus. Er hatte eine stumpfe Nase und buschige schwarze Augenbrauen, die eine durchgehende Linie unter seiner tiefgefurchten Stirn bildeten. Die goldenen Litzen auf seinen Schultern kennzeichneten ihn als hochrangigen Administrator.
»Miss Calas?«
»Ja«, antwortete Sarah und erhob sich.
Ungeschickt formte er mit seinen Händen das heilige gamantische Dreieck und verneigte sich dabei leicht. Sarah zögerte überrascht einen Moment, bevor sie die Geste erwiderte. Dachte er, der Gruß würde die Spannung zwischen ihnen vermindern? Die Magistraten von der Verantwortung für die Invasion eines unabhängigen Planeten freisprechen?
»Ich bin First Colonel Silbersay, derzeitiger Militärgouverneur auf Kayan. Ich danke Ihnen, daß Sie meiner Bitte so schnell gefolgt sind.« Er deutete auf die Tür und Sarah eilte ins Zimmer, höchst begierig darauf, diese Angelegenheit möglichst schnell hinter sich zu bringen.
Das Zimmer erwies sich als kleiner, fensterloser Raum, der lediglich mit einem schlichten stählernen Schreibtisch und zwei Stühlen ausgestattet war. Plastikblätter waren überall im Zimmer verstreut, die meisten lehnten zu gefährlich hohen Stapeln aufgeschichtet an einer der Wände. Sarah nahm auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz, verschränkte die Hände nervös auf dem Schoß und wartete, daß der Colonel den ersten Zug machte.
Silbersay schloß die Tür, ließ sich auf den anderen Stuhl fallen, und fragte: »Darf ich Ihnen eine Tasse Taza oder vielleicht etwas …«
»Nein. Danke.«
»Nun, dann vielleicht orillianischen Tee oder …«
»Colonel, ich bin sicher, Sie haben mich nicht kommen lassen, um Höflichkeiten auszutauschen. Was möchten Sie mit mir besprechen?«
Silbersay preßte die Lippen zusammen und blickte auf seinen vollgepackten Schreibtisch, wobei seine Aufmerksamkeit einem besonderen Blatt galt. Sarah erkannte die schildförmigen Insignien der Galaktischen Magistraten darauf, die im Licht der Deckenlampe purpurn aufleuchteten.
»Was verlangen die Magistraten?« erkundigte sie sich.
»Sie haben mich dazu ermächtigt, neue Verhandlungen mit ihnen zu führen.«
»Wir sind nicht an neuen Verhandlungen interessiert. Wir wollen nur, daß Sie umgehend unseren Planeten verlassen.«
Der Colonel verschränkte die Finger ineinander und sagte ernst: »Ich bedaure, daß Sie kein Interesse daran haben und auch keinen Wert darauf legen, mich kennenzulernen. Ich könnte Ihnen eine große Hilfe sein, denn ich bin nicht Ihr Feind.«
»Jeder militärische Befehlshaber der Magistraten ist unser Feind.«
»Ich verstehe. Nun, ich nehme an, dann sollte ich fortfahren. Miss Calas, wenn wir das richtig verstehen, sind Sie seit dem Tod Ihres Vaters für die gamantische Zivilisation verantwortlich. Ist das korrekt?«
»Ja.«
»Darf ich dann fragen, ob Sie beabsichtigen, auch weiterhin der Regierung gegenüber die gleiche Halsstarrigkeit wie bisher an den Tag zu legen?«
Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter, doch sie ließ sich nichts anmerken. Wie würde er reagieren, wenn sie mit »Ja« antwortete? Was die Magistraten als »Halsstarrigkeit« bezeichneten, betrachteten Gamanten als Technik des Überlebens. »Könnten Sie sich etwas genauer ausdrücken? Worauf beziehen Sie sich?«
Silbersay holte tief Luft und lehnte sich zurück. »Ich beziehe mich auf die Weigerung Kayans – und anderer gamantischer Planeten –, jede Art von Hilfe seitens der Regierung anzunehmen.«
»Wir brauchen Ihre Hilfe nicht.«
»Vielleicht sind Sie nicht über unsere erheblichen technologischen Möglichkeiten informiert.«
»Ich weiß, daß Sie uns Wohlstand jenseits aller Vorstellungskraft bescheren könnten, aber wir sind nicht daran interessiert.«
»Lassen wir den Wohlstand einmal beiseite. Ist Ihnen klar, daß wir ihre Gemeinschaft, sofern Sie es wünschen, aus dem Dunklen Zeitalter in die Gegenwart befördern können? Dank unseres technologischen Fortschritts könnten wir die gamantische Gesellschaft von Krankheiten wie Arthritis und Krebs befreien. Sehschwächen oder Geburtsfehler, die in der übrigen Galaxis fast schon unbekannt sind, könnten praktisch auf der Stelle geheilt werden. Sie müßten sich nie wieder Sorgen um die Lebensmittelversorgung machen und …«
»Sie würden dann medizinische Spezialisten und Tonnen von Nahrung einfliegen, sehe ich das richtig?«
»Genau. Die
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