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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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besuchen. Ich glaube, sie gehören zu seiner Familie. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, ich habe auch schon einmal mit ihm geredet. Er schien mir ganz nett zu sein.«
    »Du weißt, daß sie an Epagael glauben?«
    »Ja, sicher.«
    »Warum hast du dann nicht versucht, sie zu vernichten?«
    Er lächelte verwirrt. »Warum sollte ich das tun?«
    »Weil sie nicht konvertieren werden.«
    »Das werden sie, wenn die Zeit gekommen ist«, sagte er sanft. »Sobald Milcom beschließt, sie der Herde zuzuführen.«
    »Was meinst du damit?« Rachel hatte das Gefühl, als hätte sich in ihrem Innern ein Abgrund aufgetan, an dessen Rand sie schwankend stand und in die ewige Finsternis hinabblickte. Laute, die sie auf jenem Platz gehört hatte, lähmten sie: Vögel, die an totem Fleisch zerrten; Babys, die an ihren eigenen Tränen erstickten; das Klagen von Menschen, die sich nie wieder aus eigener Kraft erheben würden.
    »Warum …?« stöhnte sie mit erstickter Stimme.
    »Was ist los, Rachel?«
    »Ich … ich kann nicht …«
    »Sag mir, was los ist«, flüsterte er und umklammerte sanft ihre Hand, die sie zu einer Faust verkrampft hatte. »Sag es mir. Wenn ich kann, werde ich es ändern.«
    Sie starrte ihn an. Wer war dieser Mann mit den unschuldigen blauen Augen? Ein Mashiah, der es vorzog, sich mit schmutzigem Geschirr und gebrauchten Laken zu umgeben? Konnte dies der gleiche Tyrann sein, der ihr Volk zu Tausenden hingeschlachtet hatte, nur weil sie ihren Glauben an den alten Gott nicht aufgeben wollten?
    »Warum strafst du einige, und andere nicht?«
    Beschämt ließ er ihre Hand los und senkte den Blick. »Du meinst die Rebellen, die du angeführt hast?«
    »Ja.«
    »Manchmal müssen die Menschen wieder auf den rechten Weg gebracht werden, und das geht nicht immer schmerzlos ab. Wir …«
    »Du hast Tausende umgebracht!«
    Sein Kopf zuckte hoch, und er blickte sie direkt an. »Wovon redest du da?«
    »Treib … treib keine Spielchen mit mir, Adom. Du hast den Tod von Tausenden der Alten Gläubigen befohlen. Den Tod meiner Familie und meiner Freunde!« Irgendwo in einem Winkel ihres Verstandes hörte sie Jeremiels warnende Stimme: Um glaubwürdig zu erscheinen, müssen Sie alles verleugnen, woran Sie je geglaubt haben … Sie müssen jeden preisgeben, dem Sie je vertraut haben. Lieber Gott, was hatte sie gerade getan?
    Sein Gesicht wurde grau, sein Mund stand halb offen. »Ich erinnere mich, daß du damals im Tempel etwas Ähnliches gesagt hast. Aber ich weiß nicht, wovon du redest. Ich hätte so etwas niemals befohlen. Oh, sicher, es ist schon vorgekommen, daß ich einen Rebellen zur Arbeit in den Salzminen oder auf einer der staatlichen Farmen verurteilt habe, aber ich habe noch nie ein Todesurteil ausgesprochen.«
    »Ich habe gesehen, wie sie starben – ich war mitten unter ihnen, um Himmels willen!« rief sie und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Vor einem Monat, auf dem Versammlungsplatz. Ornias kam in einem Samael und trug uns auf, deine Macht zu bezeugen. Dann befahl er den Marines, in die Menge zu feuern.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Rachel«, flüsterte er entsetzt. »Ich war die ganze Woche mit Milcom zusammen. Ich habe nichts davon gewußt … aber ich kann es auch nicht glauben.«
    »Du hast es getan! Versuch nicht, mich zu täuschen!«
    »Nein.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    Sie hob den Kopf und starrte ihn an wie ein Adler, der eine Maus ins Visier nimmt. Er schaute flehend zurück. Seine Brust hob und senkte sich heftig.
    »Rachel, so etwas würde ich nie tun.«
    »Wer hat es dann getan?«
    »Ich weiß nicht … Bitte, erzähl mir genau, was in den letzten Wochen geschehen ist.«
    Wie in einer Sturzflut berichtete sie von den Schlägen, Vergewaltigungen, Überfällen, Beschlagnahmungen, von dem ganzen Grauen, unter seiner Herrschaft leben zu müssen. Während sie sprach, wurde sein Gesicht bleicher und bleicher, bis er fast wie ein Geist aussah.
    Als sie geendet hatte, blickte sie ihn schweigend an. Er hatte die Augen niedergeschlagen, und sein Kinn zitterte. Hatte sie sich geirrt? Zielten ihre Mordpläne auf den falschen Mann? Es war immer Ornias gewesen, in dessen Anwesenheit die Befehle ausgeführt worden waren. Was war, wenn Adom von allem nichts gewußt hatte? Wenn Ornias der wahre Dämon war?
    Adom hob langsam den Kopf. »Wenn du mich für so ein Ungeheuer gehalten hast, weshalb bist du dann in den Palast gekommen?«
    »Um dich zu bitten, damit aufzuhören.«
    Er spielte

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