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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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reden?«
    Diese Möglichkeit beschäftigte sie schon seit Tagen, doch sie hatte sich noch nicht zu einer Entscheidung durchgerungen, sondern es vorgezogen, die Realitäten so lange wie möglich zu verleugnen.
    Sie wappnete sich, als stünde eine Entscheidungsschlacht bevor, und schritt rasch auf die Tür zu. Sie wollte schon klopfen, zog die Hand aber wieder zurück. Er hat dir nichts angetan, nicht wahr? Genau genommen ist er sogar ganz anders als jener Mashiah, der dich seit Jahren in deinen Träumen heimgesucht hat. Sie hob abermals die Hand, klopfte und rief leise: »Adom?«
    Eine Sekunde später öffnete Adom die Tür und lächelte sie bewundernd an. »Du siehst großartig aus. Bitte komm herein. Das Essen wird in einer halben Stunde serviert.«
    Sie trat über die Schwelle und blieb wie angewurzelt stehen. Der Raum durchmaß rund sechzig Fuß und ähnelte einer der großen barocken Kathedralen der Legende. Marmorbögen zierten die Wände und schufen zahllose, aus Licht und Schatten gebildete Nischen. An der Decke zeigte ein dreidimensional wirkendes Fresko das Antlitz eines kristallenen Gottes vor dem Hintergrund des sternenbedeckten schwarzen Himmels.
    Mit offenem Mund trat Rachel einen Schritt vor und flüsterte ehrfürchtig: »Mashiah…«, verstummte jedoch sofort wieder angesichts der Pracht, die ihr schier den Atem nahm.
    »Schön, nicht wahr?« fragte Adom mit sanfter Stimme.
    »Schöner, als ich mir je hätte träumen lassen.«
    »Wie es heißt, hat ein terranischer Architekt diesen Raum vor mehr als tausend Jahren für einen der ursprünglichen Könige von Horeb entworfen. Für Edom, wenn ich mich recht entsinne. Er muß ein richtiger Halunke gewesen sein. Angeblich soll es im Palast Hunderte von Geheimgängen geben, die angelegt wurden, damit Edom notfalls rasch entkommen konnte.«
    »Einer zweifellos wohlverdienten Vergeltung entkommen konnte.«
    »Ich fürchte, ja.«
    Sie drehte sich zu ihm um und sagte: »Ich verstehe jetzt, weshalb du meist so leise sprichst.« Obwohl sie die Worte beinahe geflüstert hatte, schienen die vielfältigen Echos sie zu verfolgen.
    Er lächelte, und seine reine Seele schien sich in den blauen Augen widerzuspiegeln. Bei seinem Blick war ihr, als würde er in sie hineinkriechen und ihre Seele gegen die seine pressen. Charismatisch … er war so charismatisch.
    »Ich nehme an, hier zu wohnen, hat tatsächlich Auswirkungen auf mein Verhalten«, sagte er und führte sie zu einem Tisch, der vor zwei großen, geöffneten Fenstern stand. Die hereinströmende kühle Brise ließ die Lampen auf dem Tisch flackern.
    Adom zog einen Stuhl für sie heran und fragte: »Darf ich dir ein Glas Wein anbieten? Wir haben sehr guten Rotwein, aber auch …«
    »Rotwein. Ja, danke«, erwiderte sie, während sie Platz nahm.
    Er verneigte sich leicht und ging dann zu einem hohen Schrank hinüber. Als er die Doppeltüren öffnete, sah sie Reihen von staubigen Branntwein- und Weinflaschen und darunter Becher, Gläser und kristallene Dekantiergefäße.
    Während Adom mit dem Wein beschäftigt war, schaute sich Rachel genauer um und runzelte verwirrt die Stirn. Rechts von ihr stand ein großes Bett, das offenbar hastig zugedeckt worden war. Unter dem Bett entdeckte sie Becher und Gläser, die offenbar schon seit geraumer Zeit dort lagen und standen, denn die Flüssigkeitsreste, die sie einst enthalten hatten, waren längst eingetrocknet, und in einem der Gläser wucherte sogar dicker, grüner Schimmelpilz.
    Rachel warf Adom einen neugierigen Seitenblick zu, als er zwei Gläser und eine Flasche Wein auf den Tisch stellte.
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Adom, läßt du eigentlich nie jemanden hier saubermachen?«
    Er errötete leicht und zuckte die Achseln. »Nicht, wenn ich es ihnen ausreden kann.«
    »Du hast mehr als hundert Diener hier im Palast. Traust du ihnen nicht?«
    »Oh, ich traue ihnen schon, es ist nur … nun ja, wenn sie hier aufgeräumt haben, finde ich meine Bücher nicht wieder.« Er deutete auf ein Bücherregal, das aus der Marmorwand herausgefräst worden war. »Sie stellen sie immer wieder dorthin zurück, und ich brauche Stunden, um sie dann herauszusuchen.«
    »Aber du könntest ihnen befehlen, nur das Bett zu machen und das Geschirr mitzunehmen.«
    »Vermutlich«, meinte er und füllte die Gläser. »Aber dann würden sie jeden Tag die Laken wechseln, und ich …«
    Adom druckste herum wie ein Kind, das man mit den Fingern in der Keksdose erwischt hat. Er zog seinen Stuhl näher

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