Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
Tür. Als er sie öffnete, warf er einen letzten Blick auf Adom, der in kindischer Freude die Frau ansah, die hier war, um ihm die Kehle durchzuschneiden. Nun, ich habe dich gewarnt, du Dummkopf. Eigentlich wollte ich das hier erst geschehen lassen, wenn mir ein gesegneter Märtyrer den größten Nutzen bringt, doch vielleicht ist es so poetischer. Und wenn ihr erst in den polaren Räumen seid, kann ich die Nachricht von deinem Tod immer noch so lange zurückhalten, bis der für mich günstigste Zeitpunkt gekommen ist.
Ornias summte fröhlich auf dem Weg zu seinen Gemächern und einer weiteren Nacht mit Shassy. Es würde nicht mehr viele Nächte mit ihr geben, deshalb wollte er die verbleibenden so gut wie möglich nutzen.
Adom blickte Rachel glücklich an. Sie hatte gesagt, ihre Gefühle für ihn würden wachsen. Er hob eine Hand, um ihr sanft über das Haar zu streichen. »Rachel, würdest du … könnten wir heute Nacht zusammensein?« Schockiert über die eigene Dreistigkeit, fügte er hastig hinzu: »Wenn du möchtest. Ich würde es verstehen, wenn du nicht willst.«
»Ja …«
Bei ihrer Antwort stockte ihm der Atem. Furcht schimmerte in den dunklen Tiefen ihrer Augen. Instinktiv legte Adom den Arm um sie und zog sie an sich.
»Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dir nicht weh tun.«
»Ich weiß, Adom. Es ist nur … mein Mann ist erst seit so kurzer Zeit tot, und ich … ich bin nicht sicher … ob ich schon …«
»Bist du denn sicher, daß du nah bei mir sein willst? Wir müssen das nicht tun.«
»Ja«, sagte sie. »Ich will.«
Er legte zögernd die Arme um ihre Hüften und spürte ihre Hände sanft auf seinem Rücken. Als er sie an sich zog, drückten ihre Brüste sanft gegen seine Brust und ließen seinen Herzschlag rasen.
Langsam löste er seinen Griff und führte sie zur Tür, hinaus in den Flur und zu seinem Schlafraum.
KAPITEL
34
Jeremiel wanderte geistesabwesend in seinem Gefängnis auf und ab und warf hin und wieder ein neues Stück Holz in den Kamin. Die Steinwände und die hohe Decke schienen alle Wärme aufzusaugen.
Er verschränkte die Arme und betrachtete sich in dem Spiegel, der über dem Bett hing. Er sah grauenvoll aus, zerschlagen und erschöpft.
»Wie lange muß ich noch warten, Ornias?« fragte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Tahn, verdammt noch mal, du mußt doch wissen, wie das ist. Zwinge ihn endlich, mich auszuliefern!«
Sicher wußte Tahn inzwischen, daß der Ratsherr ihn gefangen hielt. Wie lange würde die quälende Warterei noch andauern? Vielleicht wäre es besser, wenn er den Spiegel zerschmetterte und sich mit den Scherben die Halsschlagader aufschnitt. Sie kontrollierten ihn nur jede halbe Stunde. Er wäre längst tot, bevor sie zur nächsten Inspektion kämen.
»Wenn es zum Äußersten kommt, werde ich das tun«, versprach er sich selbst. »Doch ich habe schon in schlimmeren Fallen gesteckt und bin wieder herausgekommen. Ich habe nur noch nicht über alle Möglichkeiten nachgedacht.«
Draußen wurden Stimmen laut. Sie hatten ihn erst vor zehn Minuten überprüft. Kamen sie jetzt schon wieder, oder wollte jemand trotz der späten Stunde mit ihm sprechen?
War Tahn gekommen? Adrenalin durchflutete Jeremiels Adern.
Yosef spähte um die Ecke und erblickte die Wachen vor der Tür. Er zog sich zurück und nickte Ari zu, der aufmunternd die gestohlene Impulspistole schwenkte.
»Geh schon!« zischte er.
Yosef holte tief Luft und bog um die Ecke. Die Wächter richteten sich auf, als er auf sie zuschlenderte, und der Blonde legte die Hand auf die Waffe an seiner Hüfte. Yosef kam sich unter ihren prüfenden Blicken wie eine armselige kleine Feldmaus vor, die von einem Falken beobachtet wird. Ein Captain, ein Sergeant und ein Gefreiter. Waren das die gleichen Männer, die Jeremiel in jener Nacht die Treppe hochgeschleppt hatten, als er und Ari sich auf dem Flur versteckt hielten? Er rückte die Brille zurecht und blinzelte. Ja! Wie hießen sie doch gleich? Loma war der Gefreite, erinnerte er sich. Zorn stieg in ihm auf, als er daran dachte, wie der Mann eifrig darauf bedacht gewesen war, Jeremiel zu verletzen. Vielleicht sollte er ihn von Ari erschießen lassen? Konzentrier dich! Wie hieß der Captain? El?
»Halt!« befahl der Captain, als er näherkam. »Nennen Sie Ihren Namen und den Grund Ihrer Anwesenheit.«
»Sind Sie … El?« fragte Yosef freundlich lächelnd.
Der Captain blinzelte und warf einen unbehaglichen Blick auf seine
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