Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
Vom Netzwerk:
doch laufen.« Doch sie wußte, das würde er nicht tun. Sie mußte in Bewegung bleiben. Genau in diesem Augenblick mochte der Samael auf der Suche nach ihnen Seir verlassen – wenn er nicht sogar schon unterwegs war. Sie wandte sich um und stieg den Pfad abermals empor. Ihre Füße stampften schwer auf den Stein.
    »Sybil? Wo bist du?«
    »Ich bin hier. Auf dem Felsen.«
    »Wo? Ich kann dich nicht sehen.«
    »Hier drüben.«
    Rachel spähte durch die Dunkelheit, konnte Sybil jedoch nicht ausmachen. Sie bohrte die Finger in Risse im Fels und benutzte den Stein als Hebel, um ihren müden Körper nach oben zu ziehen. Als sie die Biegung erreichte, fand sie Sybil zusammengerollt auf der flachen Oberseite eines roten Sandsteins. Sie hob schwach den Kopf und wirkte schrecklich müde. Rachels Seele krümmte sich voller Schmerz bei dem Anblick. Wie lange konnte das Kind dieses Tempo noch durchhalten?
    »Wo sind die Höhlen, Mommy?«
    »Nicht mehr sehr weit. Vielleicht noch eine Meile.«
    »Ist der Weg dorthin genauso steil?«
    »Ja, Kleines, ich fürchte schon. Kannst du…« Rachel schwankte innerlich. Sybil brauchte unbedingt Schlaf, und ihr selbst ging es auch nicht besser. Aber konnten sie sich das leisten? »Möchtest du ein kleines Nickerchen machen?«
    »Nein, Mommy. Wir dürfen nicht ausruhen. Der Mashiah könnte uns finden und töten.« Sybil wollte vom Felsen herabrutschen. Ihre Beine zitterten.
    »Bleib dort, Liebes. Wir nehmen uns ein paar Minuten Zeit, um wieder zu Atem zu kommen. Ich glaube, das können wir uns erlauben.«
    »Ist das nicht gefährlich? Warum gehen wir nicht …«
    »Überlaß mir das Denken. Ich bin viermal so alt wie du.«
    »Manchmal spielt das keine Rolle«, meinte ihre Tochter skeptisch und wackelte in einer Weise mit dem Kopf, daß Rachel lächeln mußte.
    »Vertrau mir diesmal.«
    Sybil biß sich auf die Unterlippe und betrachtete unbehaglich den roten Sandstein zu ihren Füßen. »Du gehst nicht weg?«
    »Nein, ich bleibe hier bei dir.«
    »Und du läßt auch nicht zu, daß der Mashiah mich holt?« Die Angst ließ ihre Stimme zittern.
    »Niemals. Ruh dich aus, Liebes.«
    »Vielleicht … vielleicht schließe ich meine Augen einfach für einen Moment.«
    »Tu das ruhig. Ich halte Wacht.«
    Rachel ließ sich auf den Rand des Steins sinken und legte die schmutzigen Hände in den Schoß. Ihr pfirsichfarbenes Gewand hing in Fetzen. Die noch übriggebliebenen Opalperlen reflektierten das Sternenlicht in unregelmäßigen Mustern. Das hüftlange Haar hing ihr in stumpfen Strähnen über die Schultern herab.
    Rachel richtete den Blick auf Sybil. Das silberne Licht zeichnete sanft die Konturen ihres Gesichts nach. Rachel wollte die Hand ausstrecken und sie liebevoll streicheln, fürchtete aber, die dringend benötigte Ruhe des Mädchens zu stören.
    »Shadrach, Shadrach…«, flüsterte sie kaum hörbar und gewann Kraft aus seinem Namen, als könne er immer noch ihr Bitten hören und spüren, wie sehr sie ihn liebte und brauchte. »Wir haben es versucht, nicht wahr? Aber wir haben versagt. Die Traditionen, die wir bewahren wollten, sind für immer fort. Niemand kümmert sich mehr darum. Vergib mir … vergib mir, daß ich nicht zurückgekommen bin, um nach dir zu suchen. Ich hatte Angst, Sybil könnte in das Feuer geraten.«
    Ein plötzlicher Windstoß pfiff über den Weg. Rachel schloß die tränenfeuchten Augen und spürte, wie der vom Wind getriebene Sand ihr Gesicht traf. In Gedanken hörte sie Shadrach sagen, sie hätte alles richtig gemacht; etwas anderes wäre ihr gar nicht übriggeblieben. Irgendwo über ihr in der Dunkelheit vermeinte sie das Rauschen von Schwingen zu vernehmen. Nachtvögel?
    Geistesabwesend schaute sie hoch und erstarrte.
    Das langsam über dem Pfad schwebende Schiff sah aus wie ein krabbelnder Käfer. Schwärzer als die Nacht rückte der Samuel vor und verdunkelte die Sterne.
    Die Furcht nahm Rachel den Atem. Zitternd streckte sie die Hand aus und schüttelte sanft ihre Tochter.
    »Ist es Zeit, Mom?«
    »Pst!«
    »Was ist?« fragte Sybil ängstlich und blieb reglos liegen.
    »Sie sind da.« Rachel deutete mit dem Kinn zum schwebenden Schiff hinüber. Sybil rührte sich nicht. Als der Samael näher kam, übertönte sein Zischen das Geräusch des Windes. Die Marines suchten offenbar jede einzelne Felsspalte ab und hatten wohl zu diesem Zweck Hitzesucher und Bewegungsmelder auf kürzeste Reichweite eingestellt, denn andernfalls hätten sie die beiden längst

Weitere Kostenlose Bücher