Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
Die Seros erzitterte heftig, brach zur Seite aus, wurde gleichzeitig langsamer und segelte auf eines der Gebäude zu.
»Aaah!« brüllte Yosef, als das Schiff eine Hausecke streifte, sich wie ein Kreisel drehte und in ein Lagerhaus krachte. Kisten, Kartons und große Ölfässer prasselten auf die Seros nieder und verschütteten die Bullaugen.
Das Schiff blieb in einem derart steilen Winkel liegen, daß Yosef nur durch den Sicherheitsgurt auf seinem Platz gehalten wurde. Ari hing mit wild rudernden Armen über ihm. Er schlug Yosef auf die Schulter und rief: »Na komm. Schauen wir nach, wer hier wohnt.« Er löste seinen eigenen Gurt, fiel aus dem Sessel und rutschte zur Tür hinüber. Yosef grunzte und bemühte sich, ihm etwas würdevoller zu folgen.
»Beeil dich! Öffne die Tür.«
Ari griff nach oben und drückte auf den Knopf. Die Tür glitt beiseite, und eine Sturzflut von Konservendosen ergoß sich über ihn. Grummelnd schob er ein paar der Dosen beiseite und rutschte dann auf dem Bauch über die anderen hinweg nach draußen. Yosef holte tief Luft und folgte ihm.
Ari half ihm von dem Konservenhaufen herunter, und dann bahnten sie sich gemeinsam einen Weg durch das demolierte Lagerhaus.
»He«, sagte Ari und bückte sich, um eine Dose aufzuheben, »schau dir das an. Sie haben hier Rote Bete. Was glaubst du, woher sie Rote Bete bekommen? Auf Tikkun können wir keine kriegen. Ich wette, sie…«
»Halt endlich die Klappe! Wir müssen hier verschwinden, bevor die Marines landen und uns einsperren.«
Ari steckte die Dose in die Hosentasche und trat einen Karton aus dem Weg. Yosef zerrte vergeblich an einer Kiste, beschloß dann, lieber um sie herum zu gehen, und folgte Ari durch eine Lawine aus Flaschen. Sie bewegten sich in Richtung einer Tür, die halb aus den Angeln gerissen worden war und jetzt im Wind hin und her schlug. Als sie ins grelle Licht der Mittagssonne hinaustraten, mußten sie schützend die Hände über die Augen legen.
»Hm…«, murmelte Ari.
»Was ist?« Yosef blinzelte, um seine Augen an die Helligkeit zu gewöhnen und bemerkte dann die Menschenmenge, die sich um sie sammelte. Ein Mann mit hellbraunem Haar und einem sorgfältig gestutzten Bart rief uniformierten Männern und Frauen Befehle zu. Sein weißes Gewand flatterte im sengenden Wüstenwind. Die Polizisten kreisten sie mit gezogenen Waffen ein und zielten unmißverständlich auf ihre Brust.
»He!« rief Ari wütend und reckte das Kinn vor. »Laßt das! Wir sind auch Gamanten. Wir sind gekommen, um den Mashiah zu sehen.«
Yosef starrte seinen Freund mit offenem Mund an. Hatte Aris Gehirn endgültig die Arbeit eingestellt?
Der Mann in der weißen Robe beobachtete mit zusammengekniffenen Augen, wie die Schiffe der Galaktischen Magistraten in einer Wolke aus Staub und Kies landeten. Die Menschen schwatzten aufgeregt durcheinander.
»Das könnte eng werden«, murmelte Ari.
Als mit Gewehren bewaffnete Marines aus den Schiffen strömten und das zerstörte Lagerhaus umstellten, in dem die Seros lag, verzog Yosef den Mund. »Könnte?«
KAPITEL
16
Yosef atmete tief die jasmingeschwängerte Luft ein und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, wobei er so tat, als würde er die leise geführte Unterhaltung der Männer in der Ecke, die über sein Schicksal entschieden, ignorieren. Über seinem Kopf erhob sich ein Deckengewölbe aus korallenrotem Marmor. Aus dunklem Holz gefertigte und mit Schnitzwerk verzierte Möbel standen längs der Wände, und der Boden wurde von einem mit Rosen bestreuten Teppich bedeckt. Karmesinrot gesäumte Vorhänge hingen in schimmernder Eleganz vor den Fenstern, die auf die leere Wildnis des Felsplateaus hinausführten. Seine Augen verweilten für einen Moment auf der Bergkette. Von seinem Blickwinkel aus wirkte sie wie das Rückgrat eines längst ausgestorbenen Sandmonsters.
Ari stieß ihn in die Rippen und flüsterte heiser: »Ganz schön überladen, nicht?«
»Du hast noch nie Geschmack gehabt.«
»Religion zu verkaufen scheint sich auszuzahlen, hä?«
Yosef betrachtete seinen Freund forschend. Ari zog eine finstere Miene, während er jede Einzelheit des üppig ausgestatteten Zimmers in sich aufnahm. Yosef konnte seine Gefühle verstehen. Als sie landeten, hatten sie beide die hungrigen Gesichter der Kinder gesehen und die Lumpen, in die das einfache Volk gekleidet war. Und der Mashiah lebte so? Das beleidigte Yosefs Sinn für Gerechtigkeit zutiefst.
»Religion ist immer ein gutes
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