Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun
…« Er ließ sich langsam wieder in den Sessel zurücksinken. »Haben Sie das gesehen?«
Ornias blinzelte verständnislos. »Was?«
»Ich weiß auch nicht. Ich dachte, ich hätte einen schwarzen Fleck an der Wand hinter Ihnen gesehen.«
Ornias fuhr herum, konnte aber nichts entdecken. Verstört meinte er: »Kommen wir zum Thema zurück. Warum wollen Sie nicht mit Slothen sprechen? Nur darüber zu reden, kann doch keinen Schaden …«
»Wie? Sie haben nicht aufmerksam zugehört, Botschafter. Ich sagte, natürlich setze ich mich mit Palaia in Verbindung.«
Ornias runzelte verwirrt die Stirn. »Tatsächlich? Nun, äh, gut.« Er hob sein Glas, leerte es bis auf den letzten Tropfen und stellte es auf den Tisch. »Ich darf dem also entnehmen, daß Sie meinen Plan unterstützen?«
»Ja, ja«, rief Erinyes und schlug mit der Faust auf den Tisch. Seine Wangen waren gerötet. »Aber die Ausführung bleibt mir überlassen. Die meisten Offiziere werden sich kaum mit dem Gedanken anfreunden können, ein Kind für die Erreichung politischer Ziele zu benutzen.«
»Glauben Sie mir, Captain, dieser kleine Junge wird sich noch als Trumpfkarte erweisen.«
»Ja, ich vermute, da haben Sie recht.« Erinyes schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Ich werde Slothen informieren.«
Erinyes verließ den Konferenzraum. Als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, schüttelte Ornias kurz und heftig den Kopf und wandte sich dann wieder der Betrachtung der Holos zu.
Sybil saß auf dem Boden von Mikaels Kabine und band sich die grünen Schuhe methodisch auf und zu. Mikael beobachtete sie besorgt. Vor einer halben Stunde war sie zu ihm gekommen, hatte sich in die Ecke gehockt und kaum ein Wort gesagt.
»Sybil, soll ich dir mal etwas wirklich Hübsches zeigen?«
Keine Antwort.
Mikael trat zögernd ein paar Schritte zurück, drehte sich dann um und ging zum Wandschrank. Er holte die drei Briefmarken heraus, die Tahn ihm gegeben hatte, trug sie vorsichtig zu Sybil hinüber und kniete sich neben ihr hin. Sie schaute nicht auf.
Mikael legte die Marken vor ihr auf den Boden, die besonders schöne mit dem altmodischen Sternenschiff genau in die Mitte. »Sybil? Sieh mal, ich möchte dir diese Marken zeigen. Die hier, die linke, stammt von Jubilee. Und die rechts von Bohairic. Das sind beides Frachter. Die haben vor langer Zeit Sachen wie Kleidung und Lebensmittel zu anderen Planeten gebracht. Vor einer Million Jahren oder so.«
»Vor einer Million Jahren hat überhaupt noch niemand gelebt«, wies Sybil ihn zurecht.
»Hm, na schön. Ist aber auch egal, wie lange das her ist. Diese hier«, Mikael zeigte auf die Marke in der Mitte, »die mit dem purpurnen Schiff stammt noch von der Alten Erde. Sie ist wirklich alt. Captain Tahn hat gesagt, ich sollte gut darauf auf passen, weil sie eines Tages sehr viel wert sein kann.«
»Und was ist das nun?«
»Oh, das ist ein …«
»Das war.«
»Klar. Das war der erste Sternenfrachter. Siehst du diese merkwürdigen Auswüchse an den Seiten? Das sind Geschütze. Die Menschen hatten Angst, als sie zum ersten Mal ins All aufbrachen. Sie dachten, dort gibt es Monster.«
»Gibt es ja auch. Oder wofür hältst du die Magistraten?«
Mikael fühlte sich, als hätte man ihm einen Tiefschlag versetzt. Er senkte den Kopf und blickte zu Boden.
Sybil wischte sich die Nase mit dem Ärmel ab und erklärte: »Außerdem ist mir das sowieso alles egal.«
»Was ist denn los mit dir, Sybil? Du bist heute ziemlich gemein.«
»Weiß nicht. Ich habe Bauchschmerzen.«
»Vielleicht solltest du einen Carbono trinken. Mir hilft das immer.«
»Was ist das denn? So was kenne ich gar nicht.«
Mikael sprang auf und lief zum Getränkespender. Als das Glas herauskam, trug er es vorsichtig zu Sybil hinüber. »Hier, probier mal.«
»Ist gut.« Sybil nahm ihm das Glas ab.
»Es schmeckt wie kayanische Kokosnuß. Gefällt dir bestimmt.«
»Mir schmecken nicht sehr viele Sachen.«
Mikael beobachtete gespannt, wie sie trank. Als Sybil das Glas absetzte, runzelte sie die Stirn und fing dann an zu lächeln.
»Schmeckt wirklich gut.«
Erleichtert setzte sich Mikael wieder neben sie. »Und wie geht es deinem Magen?«
»Der tut nicht mehr so weh.«
Mikael lächelte. Um sie aufzumuntern, sagte er: »Sybil, ich bin wirklich froh, daß deine Mutter dich in der letzten Woche so oft hat herkommen lassen. Wenn ich nicht allein bin …«
Er unterbrach sich, als er bemerkte, wie sich Sybils Gesicht verzog und ihre Schultern
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