Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun
Stimme krümmte Neil sich innerlich. Erinnerungen an glücklichere Zeiten tauchten in seinem alkoholumnebelten Verstand auf.
Tahn bewegte sich unruhig in seinem Sessel. Seine Stimme wirkte unsicher. »Ich glaube … jetzt zu sagen, daß wir uns ergeben, wäre unsinnig, aber wenn Sie darauf bestehen …«
»Ist nicht erforderlich.«
Neil ließ sich auf den Bauch sinken und kroch über den Boden, wobei er einen Weg nahm, der nicht von den Kameras erfaßt wurde. Sein Ziel war die Tür des der Brücke angegliederten Besprechungszimmers. Von dort aus konnte er in einem der Luftschächte verschwinden, und sobald Jeremiel an Bord des Schiffes wieder normale Druckverhältnisse hergestellt hatte, wollte er sich irgendwo zwischen den Versorgungsleitungen der Hoyer verbergen. Dort würde man ihn nicht so schnell aufspüren.
Neil hörte, wie Tahn fragte: »Was kann ich tun … um den Rest meiner Besatzung zu retten?«
Jeremiel antwortete mit erschöpfter Stimme: »Ich wünsche Ihre Kooperation. Die Menschen, die ich an Bord bringe, sind fähig, aber nicht ausreichend geübt. Weisen Sie Ihre Wissenschaftler an, sie entsprechend zu schulen, dann garantiere ich, Sie und Ihre Leute wohlbehalten auf dem nächstgelegenen gamantischen Planeten abzusetzen.«
»Ich bin nicht sicher, ob Sie uns damit einen Gefallen erweisen … aber gut, ich bin einverstanden.«
Neil streckte die Hand aus und drückte auf den Türöffner des Konferenzraums, kroch hinein und schloß die Tür wieder.
»Ganz ruhig jetzt!« Mit zitternden Fingern strich er sich das schwarze Haar aus den Augen. »Jeremiel kann das Schiff unmöglich halten. Selbst nachdem er achtzig Prozent der Besatzung getötet hat, wird ihm Tahn noch einen höllischen Kampf liefern.«
Mühsam brachte Neil seine Atmung wieder unter Kontrolle. »Ich muß mich lediglich solange verstecken, bis Tahn das Schiff zurückerobert hat.«
Dannon schloß das Helmvisier, riß die Verkleidung des Luftschachts aus ihrer Halterung und kroch in die dunkle Öffnung.
Harper setzte die Kopfhörer ab und beobachtete, wie Jeremiel die Verbindung zur Brücke unterbrach. Baruch wirkte völlig erschöpft. Er sah aus, als hätte er auch den letzten Rest der Energie verbraucht, die ihn in den vergangenen Tagen aufrecht gehalten hatte. Seine blauen Augen erschienen stumpf, fast leblos.
Jeremiel stützte sich mit einer Hand auf die Konsole und wandte sich an Harper. »Avel, ich muß mich jetzt um die ankommenden Samaels kümmern. In der Zwischenzeit können Sie zwei Dinge für mich übernehmen. Zum einen habe ich die Scanner des Schiffes auf Maximum gestellt. Von diesem Pult aus können Sie die Polarregion auf Lebenszeichen hin absuchen. Wenn es Probleme gibt, benutzen Sie die Hilfsfunktion des Schiffes. Ich muß wissen, ob Rachel noch lebt.«
»Ich verstehe«, erwiderte Harper. »Wenn ich sie finde, schicke ich sofort einen Samael, um sie abzuholen.«
Wenige Tage vor Ausbruch des Bürgerkriegs auf Horeb hatte Baruch Rachel Eloel als Agentin ausgesandt, um den Führer des Planeten, den Mashiah Adom Kemar Tartarus, zu ermorden. Als die Kämpfe begannen, hatte der Mashiah Rachel zu seinem Unterschlupf in der Polarregion mitgenommen. Noch am gleichen Tag hatte Rachel ihre Mission erfüllt, indem sie Tartarus während einer Fernsehansprache tötete, durch die er seine wankenden Truppen in Seir mit neuem Kampfgeist erfüllen wollte – Harper und Jeremiel hatten die Aufzeichnung gesehen, in der Rachel Tartarus ein Messer in die Brust stieß. Doch keiner von ihnen wußte, was anschließend mit ihr geschehen war.
»Gut«, fuhr Jeremiel fort. »Zweitens schicken Sie eine eng gebündelte Sendung in Richtung Pitbon. Versuchen Sie, Kontakt zu meiner Flotte herzustellen. Wenn Ihnen das gelingt, teilen Sie Rudy Kopal mit, wir hätten einen neuen Schlachtkreuzer für ihn. Und bitten Sie ihn, sich mit uns auf Tikkun zu treffen.«
»Wird erledigt.«
Harper schaute zu, wie Baruch zum nächstgelegenen Wandschrank ging, einen Druckanzug herausnahm und ihn anlegte. Obwohl sie bereits damit begonnen hatten, die Decks wieder mit Sauerstoff zu fluten, würde es noch mindestens zwei Stunden dauern, bis überall wieder normale Druckverhältnisse herrschten.
Nachdem Jeremiel sich auf den Weg gemacht hatte, wandte Harper sich wieder seiner Konsole zu und gab eine Reihe von Suchbefehlen ein. Ein Ausschnitt der Polkappe erschien auf dem Monitor. Die vereisten Höhenzüge und die windgepeitschten Ebenen waren deutlich zu
Weitere Kostenlose Bücher