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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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scharf.
    Lucerne tat so, als würde er nicht bemerken, wie sich ihre Nasenflügel weiteten, als ihr Atem sich plötzlich beschleunigte. Davon abgesehen blieb ihr Gesicht unbewegt. Lucerne biß die Zähne zusammen, hob den Untersuchungsbericht und knallte ihn verärgert auf den Tisch. »Ich habe diese Empfehlung bereits vor drei Tagen ausgesprochen, Captain. Magistrat Slothen hat sie persönlich abgelehnt. Er meinte, abgesehen von einem einzigen Ohnmachtsanfall auf der Brücke könne er keinen eindeutigen Beweis für eine Instabilität in Ihren Untersuchungsergebnissen feststellen. Außerdem hat er mir mitgeteilt, Sie wären für eine geheime Mission eingeteilt und würden die strategische Koordination im Anai System übernehmen. Anschließend sollen Sie mit Ihrer Mannschaft den gamantischen Planeten Horeb anfliegen, um den Aufstand einzudämmen, der dort wütet. Er meinte …«
    »Horeb ist eine Brutstätte für Abweichler und Störenfriede«, erklärte Jossel mit säuerlicher Miene. »Slothens Geduld mit diesem idiotischen Gouverneur, der den Planeten regiert, ist endlich erschöpft.«
    »Captain, wissen Sie, wie Slothen Sie verteidigt hat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Er meinte, er sei sicher, sie wären nur deshalb auf der Brücke zusammengebrochen, weil Sie seit sechzig Stunden keinen Schlaf gefunden hätten. Und dann hat er mir erklärt, Erschöpfung und Streß wären die Ursachen für Ihre Visionen, und ich solle die ganze Angelegenheit augenblicklich fallen lassen!«
    »Nett von ihm.« Jossel lachte leise, als würde sie sich selbst für ihre Angst vor der Kommandoenthebung verspotten.
    Lucernes Lippen preßten sich zu einem schmalen Strich zusammen. Verdammt sollte sie sein. Sie wußte ebenso gut wie er, daß sie nicht einsatzfähig war. Auch wenn sie es nicht zugegeben hatte, so war er doch ziemlich sicher, daß ihre Visionen mittlerweile so häufig und lebhaft waren, daß sie in diesen Momenten nicht mehr zwischen Phantasie und Realität unterscheiden konnte. Diese Frau gehörte in Behandlung, bevor sie sich selbst verletzte – oder jemand anderen.
    Jossel setzte sich die Mütze auf und zog sie tief in die Stirn. »Können Sie mir etwas geben, das mir bei den Rückblenden hilft? Vielleicht etwas, um ihre Intensität zu mindern?«
    Lucerne schüttelte den Kopf. »Nicht, ohne damit zugleich Ihre Fähigkeit, rasche Entscheidungen zu treffen, erheblich zu beeinträchtigen. Drogen könnten Sie in einer gefährlichen Situation schneller umbringen als die Rückblenden.«
    »Ich verstehe. Nun, ich werde schon damit fertig.« Abrupt wandte sie sich ab und ging zur Tür.
    »Meinen Sie wirklich?« rief Lucerne wütend. »Sie glauben, Sie können mit allem allein durch reine Willenskraft fertig werden, nicht wahr? Nun, um unser aller willen hoffe ich, daß Sie das wirklich können.« Er hob einen Finger und deutete anklagend auf sie. »Denn wenn Sie im entscheidenden Moment einer Schlacht einen dieser Anfälle bekommen, werden deshalb wahrscheinlich nicht nur Sie, sondern auch Ihre Mannschaft und vermutlich noch viele andere Menschen ums Leben kommen. Begreifen Sie, was ich meine? Meiner medizinischen Einschätzung nach sind Sie nicht in der Lage, ein Kommando zu führen, Captain!« Er ließ die Hand langsam sinken und blickte Jossel fest in die Augen. »Ich empfehle Ihnen dringendst, Slothens Büro aufzusuchen und ihn aufzufordern, Sie von Ihrem Kommando zu entheben. Sie gehören für mindestens einen Monat in ein Rehabilitationszentrum. Die Rückblenden werden nicht aufhören, sondern eher noch schlimmer, Captain! Täuschen Sie sich nicht selbst! Wenn ich die Befehlsgewalt hätte, würde ich …«
    »Der regierende Magistrat hat mich für einsatzfähig erklärt, Doktor. Ich schlage vor, Sie setzen Ihre Fähigkeiten bei jemandem ein, der ihrer bedarf.« Sie setzte sich wieder in Bewegung.
    »Sie werden noch jemand umbringen, Captain! Verstehen Sie?«
    Jossel reagierte nicht auf seine Worte, sondern stapfte durch die Tür und verschwand auf dem Flur. Lucerne stemmte wütend die Hände in die Hüften und setzte sich dann ebenfalls in Bewegung.
    Bevor er das Untersuchungszimmer verließ, schlug er mit der Faust gegen die Wand.

 
KAPITEL 2
     
     
    Der Herbst verlieh den Bergen von Kiskanu ein prachtvolles Aussehen. Die dichtbewaldeten Hänge waren mit einem unregelmäßigen Muster aus dunkelroten und goldenen Farbflecken bedeckt. Federwölkchen, denen die Strahlen der Dämmerung hellgelbe Ränder verliehen, trieben träge

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