Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb
über den Himmel.
Cole Tahn hob eine weitere Kiste hoch und trug sie quer über den Landeplatz zu dem stetig wachsenden Stapel neben seinem dreieckigen, silbernen Jäger. Tahn war ein großgewachsener, schlanker Mann mit braunem Haar und ovalem Gesicht, das von durchdringenden, blauvioletten Augen und einer römischen Nase beherrscht wurde. Der schweißgetränkte Tarnanzug klebte an seinem muskulösen Körper. Er hatte sich schon den ganzen Tag über unruhig gefühlt und war bei jedem Geräusch hochgefahren. Sein Blick strich über die Wälder, als erwarte er jeden Moment den Angriff eines unsichtbaren Gegners. Es kam ihm so vor, als hätte er den Griff seiner Pistole um einen Millimeter abgeschliffen, so oft hatte ihn seine Hand im Lauf des Nachmittags unwillkürlich gepackt.
»Was, zum Teufel, ist denn los mit dir?« murmelte er unwirsch zu sich selbst. »Dort ist doch gar nichts.«
Er setzte die Kiste ab und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Menschen eilten um ihn herum, beluden die Frachter und lachten und schwatzten dabei. Vier Schiffe, Frachter und Jäger, standen dicht nebeneinander am Rand des Platzes. Das Licht ließ sie wie in flüssiges Silber getaucht erscheinen. Am linken Rand des Flugplatzes befand sich ein kleines, quadratisches Bürogebäude. Dort drinnen, wußte Tahn, saß Rudy Kopal an den Scannern und suchte den Himmel auf Anzeichen des Feindes ab. Doch auch dieses Wissen konnte ihn nur wenig beruhigen. Er hatte nie so recht Zugang zu Kopal gefunden, was es schwer für ihn machte, ihm zu vertrauen. »Hör auf, dich wie ein Idiot zu benehmen. Wenn irgend etwas geschieht, wird Kopal dafür sorgen, daß dir genug Zeit bleibt, deine Maschine zu erreichen und von hier zu verschwinden.«
Er trat leicht gegen die Kiste, um etwas von seinem Zorn abzureagieren. Wahrscheinlich war es einfach nur Kiskanu selbst, was an seinen Nerven zerrte. Die alten Gamanten, die auf dieser isolierten Welt überlebt hatten, hingen sonderbaren mystischen Überzeugungen an. Sie rühmten sich, Tag und Nacht damit zu verbringen, Runen auf die kalten Steinböden kerzenerleuchteter Räume zu zeichnen, durch die sie Gott und die Engel zu bewegen hofften, den Mashiah zu entsenden, auf daß er die Magistraten von der galaktischen Bühne fege. Die Ressourcen des Planeten wurden kaum genutzt. Lediglich der Untergrund griff darauf zurück und zahlte einen angemessenen Preis dafür.
Coles Magen verkrampfte sich beim Gedanken an die Magistraten. Er ging in die Knie, löste die Seile, mit denen die Kiste verschlossen war, und benutzte dann sein Kampfmesser, um den Deckel zu lösen. Die Plastikkanister, die zum Vorschein kamen, verstaute er hastig im kleinen Laderaum des Jägers und trat dann einen Schritt zurück, um sein Werk zu begutachten. Die Kanister ruhten in einem unsicheren Gleichgewicht übereinander. Sobald er startete, würden sie durcheinandergewirbelt werden. Hätte ein Mitglied seiner Crew eine derartige Arbeit abgeliefert, wäre Cole tagelang heiser gewesen, so hätte er den Mann zusammengestaucht. Ärgerlich schlug er die Klappe des Frachtraums zu und lehnte sich gegen die silberne Schiffshülle. Der Wind, der über sein schweißnasses Gesicht strich, war warm und trug die trockenen, würzigen Düfte des Herbstes mit sich.
Die Lastwagen mit den letzten Nachschubgütern waren bereits eingetroffen, und die Soldaten arbeiteten unablässig, um die Kisten in die Schiffe zu verladen. Mechanische Ladegeräte bewegten sich summend wie große, vierarmige Ungeheuer, während um sie herum die Menschen kleinere Plastikbehälter trugen, in denen sich die besonders wertvollen Güter befanden, die von den Besatzungen der Sternenschiffe angefordert worden waren.
Calas Blick fiel auf Carey Halloway. Sie stand ein paar Schritte entfernt und überwachte die Ladearbeiten. Die stellvertretende Kommandantin des Schlachtkreuzers Zilpah war ausgesprochen schön. Ihr perfekt geformter, muskulöser Körper kam in dem enganliegenden schwarzen Overall gut zur Geltung. Das herbstfarbene Haar fiel in langen, seidigen Wellen über ihre Schultern und betonte die smaragdgrünen Augen und die blasse Haut.
Trotz der an ihm nagenden Befürchtungen mußte Tahn lächeln, als er ihr zuschaute. Sie stand da, hatte die Hände in die wohlgeformten Hüften gestemmt und brüllte Lieutenant Joshua Samuals und Corporal Lu Zimmern an, weil sie schlampig gearbeitet hatten. Carey bohrte ihren Finger in Samuals Brust, und die Schultern des Mannes sanken
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