Die Gamnma Option
Blick weiterhin in den Himmel gerichtet, doch es waren seine Ohren, die ihm den ersten Hinweis auf die endlich eintreffende Verstärkung gaben. Im Westen erklang ein vertrautes, pulsierendes Geräusch, und als er sich umdrehte, sah er die Positionslichter von vier Kampfhubschraubern, die wie Bussarde über einem Kadaver in Richtung Masada glitten.
»Wird auch Zeit«, sagte Shamsi zu sich. »Wird auch verdammt noch mal höchste Zeit.«
Isser hatte den Einsatzbefehl gegeben, nachdem er fünf Minuten lang Isaacs Bericht gelauscht hatte; er verzichtete darauf, sich das Band mit Eisenstadts Aussage anzuhören. Innerhalb von zwölf Minuten waren die Hubschrauber gestartet, und nach weiteren zehn hatten sie Masada erreicht.
»Nun rück schon damit raus«, sagte der Mossad-Chef zu dem alten Mann, der unruhig neben ihm auf der Rückbank des Cockpits saß.
»Womit?«
»Was für Narren wir waren, daß wir uns mit Rasin zusammengetan haben.«
»Ich wiederhole mich nicht gern. Hilf McCracken, Rasin in Masada zu erwischen, und alles ist vergeben.«
Sie erblickten gerade die Sikorskys, die mit eingeschalteten Scheinwerfern über der Festung schwebten, als ein Mörsergeschoß an der Windschutzscheibe vorbeiflog. Beide Männer zuckten instinktiv zurück, überzeugt, daß der Beschuß ihnen galt. Isser griff noch nach dem Mikro seines Funkgeräts.
»Alles für die Landung vorbereiten«, sagte er zu den Soldaten an Bord der vier Kampfhubschrauber. »Sichert das Gebiet ab. Wir gehen jetzt runter.«
Rasin konnte die abgefeuerten Geschosse nur kurz mit den Blicken verfolgen, dann waren sie aufgrund des Winkels und der Entfernung nicht mehr auszumachen. Er mußte noch sechs Behälter abschießen, eine Aufgabe von höchstens drei Minuten. Trotz des von McCracken geführten Angriffs stand der erfolgreiche Abschluß der ersten Phase seines Plans unmittelbar bevor.
Doch er verspürte keinen Triumph, denn er durfte die zweite Phase nicht vergessen. Um sie durchzuführen, mußte er irgendwie von diesem Berg herunterkommen. Es mußte eine Möglichkeit geben. Die Vorsehung hatte ihn bislang geführt, ihm seine Entschlossenheit gegeben, dann Eisenstadt, und schließlich die Gamma-Kanister, die sie von Bord der Indianapolis geholt hatten. All dies war nur geschehen, weil es geschehen mußte. Er führte einen heiligen Auftrag aus, war von der Vorsehung dazu bestimmt worden.
Masada war in der Tat die perfekte Wahl für den Ort gewesen, von dem aus Israel endlich die wahre Unabhängigkeit erlangen würde. Doch wenn er hier starb, wie die Zeloten gestorben waren, würde alles umsonst gewesen sein. Rasin machte sich wieder Sorgen, bis ihn erneut das seltsame Gefühl ruhiger Zuversicht durchflutete.
Er würde nicht sterben. Er würde nicht in Gefangenschaft geraten.
Er würde die erste Phase des Plans hier in Masada vollenden und dann die nächste in Angriff nehmen und die Aufgabe erfüllen, die die Vorsehung ihm zugedacht hatte. Von diesen Gedanken beflügelt, griff Rasin nach den letzten sechs Behältern.
Drei weitere Behälter waren abgefeuert worden, bevor McCracken das Hochplateau wieder erreichte. Er war plötzlich benommen, stolperte kurz und mußte sich gegen eine der alten Mauern lehnen, um wieder zu Atem zu kommen. Er hatte noch immer eine Granate, eine Uzi, die er unterwegs mitnehmen konnte, und eine Pistole. Das sollte reichen. Aber er mußte auch an Hiroshi denken, der irgendwo verwundet lag und Hilfe benötigte.
»Bitte melden, Hiroshi. Tut mir leid, daß es so lange gedauert hat. Wo bist du? Hörst du mich, Hiroshi? Bitte melden.«
Keine Antwort. Statt dessen zischte ein weiteres Mörsergeschoß durch den Himmel, und McCracken erspähte plötzlich fremde Kampfhubschrauber im Himmel über ihm. Wenn Hiroshis Plan, die Funkverbindungen der Israelis zu stören, gescheitert wäre, wäre schon beträchtlich früher Verstärkung hier aufgetaucht, was bedeuten mußte, daß diese Kampfhubschrauber aufgrund von Isaacs Besuch beim Mossad in den Einsatz geschickt worden waren. Aber das bedeutete nicht unbedingt, daß die Besatzungen ihm übermäßig freundlich gesonnen sein mußten. Blaine setzte sich wieder in Bewegung und wartete auf das nächste Mörsergeschoß, um feststellen zu können, von wo aus sie abgefeuert wurden. Nur so konnte er Rasin finden.
Als es in den Himmel pfiff, war er bereit. Er sprintete los, ohne sich um den noch immer tobenden Kampf zwischen Hiroshis Kriegern und Rasins Soldaten zu kümmern. Die Tatsache, daß
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