Die Gang: Roman (German Edition)
schließen. Gestern Abend hat er früh zugemacht. Los, Nate! Wo steckst du?
Seit Robin im Motel angekommen war, hatte sie ihn jeden Augenblick erwartet.
Während sie wartete, nutzte sie die Gelegenheit, dass im Untergeschoss eine Waschmaschine zur Verfügung stand. Sie zog ein T-Shirt und Shorts an und stopfte all ihre schmutzigen Kleider in die Maschine, stellte sie an und eilte dann zurück auf ihr Zimmer und unter die Dusche. Sie wollte für ihn sauber sein. Aber sie duschte sich so schnell wie möglich und hatte ständig Angst, dass Nate in der Zwischenzeit anklopfen könnte und sie es nicht hören würde.
Vielleicht ist genau das passiert, dachte sie jetzt, als sie auf dem Bett saß und wartete. Vielleicht ist er hier gewesen, hat angeklopft und ist wieder gegangen. Aber wenn das der Fall gewesen war, würde er nicht wiederkommen und es wieder versuchen. Oder nicht? Sie konnte ihn nur während des Duschens verpasst haben. Während die Wäsche trocknete, wartete sie im Zimmer. Beim Abendessen behielt sie die Zimmertür ständig im Auge. Sie hatte sich an einen Fenstertisch im Café gegenüber gesetzt und nach Nate Ausschau gehalten. Nach dem Abendessen, wieder zurück im Zimmer, sehnte sie sich nach einem langen heißen Bad. Während das Wasser in die Wanne lief, blieb sie im Zimmer draußen, damit sie trotz des Wasserrauschens Nates Klopfen hören konnte. Sie arrangierte die Kleider so auf dem Bett, dass sie schnell hineinschlüpfen konnte: Höschen, BH, ein blassblaues Kleid, das sie am Nachmittag im Souvenirladen auf der Promenade gekauft hatte.
Sie drehte das Wasser ab, ließ aber die Badezimmertür offen, um sicherzustellen, dass sie Nate nicht verpasste. Sie legte sich in die Wanne und seufzte, als das heiße Wasser ihren Körper umschloss. Ein Bad war für sie ein seltener Luxus.
Die meiste Zeit hielt sie sich sauber, indem sie sich an Waschbecken öffentlicher Toiletten wusch. In Cafés und Tankstellen war die Waschraumtür oft abschließbar, und sie konnte sich schnell ausziehen und waschen. Manchmal benutzte sie die Duschkabinen in Hallenbädern oder Jugendherbergen. An vielen Stränden gab es ebenfalls Duschen, damit man sich den Sand und das Salzwasser abwaschen konnte, und sie benutzte auch diese, obwohl sie dabei den Badeanzug anbehalten musste. Oft badete sie auch in Flüssen oder Bächen, aber das Wasser dort war immer kalt.
Nur wenn sie ein Motelzimmer nahm, war ihr ein richtiges heißes Bad vergönnt. Für gewöhnlich einmal im Monat. Wenn sie es sich leisten konnte.
Dann nahm sie stundenlang Bäder. Oft schlief sie in der Wanne ein und erwachte mit runzliger Haut im erkalteten Wasser. Und bevor sie das Zimmer am nächsten Morgen verließ, badete sie noch mal. Aber heute Abend schlief sie nicht ein. Obwohl die Hitze ihr alle Kraft nahm, gestand sie sich nicht zu, einzudösen. Wenn sie schlief, würde sie vielleicht Nates Klopfen nicht hören.
Als die Müdigkeit sie dann doch zu überwältigen drohte, stieg sie aus der Wanne. Sie trocknete sich mit einem abgewetzten Handtuch ab. Es war ziemlich klein. Sie versuchte, es um ihre Taille zu wickeln, aber obwohl die Enden aneinanderstießen, reichte es nicht für einen Knoten. Also hängte sie das Handtuch an einen Haken, ging ins Zimmer hinüber und kam mit Zahnpasta und Zahnbürste zurück.
Sie nahm ein frisches Handtuch vom Regal. Auf dem Bett sitzend, rubbelte sie ihr Haar trocken. Ihre Haut war heiß und feucht vom Baden. Frische Luft strömte durch das offene Fenster herein, ließ den Vorhang hin und her wehen und kühlte sie ab. Als sie trocken genug war, dass ihre Kleider nicht an ihr kleben würden, zog sie sich an. Dann bürstete sie ihr Haar vor dem großen Spiegel über dem Schreibtisch.
Sie war zufrieden mit ihrem neuen Kleid. Es war eigentlich ein kurzärmeliger Pullover, der ihr fast bis zu den Knien reichte.
Ein dunkelblaues Abzeichen über der linken Brust zeigte die Silhouette des Riesenrads und die Achterbahn im Hintergrund. Beide gehörten Nates Familie, dachte sie und lächelte. Über dem Bild stand FUNLAND , darunter BOLETA BAY , CALIFORNIA .
Das Kleid war weich und eng. Im Laden hatte sie befürchtet, es wäre ein Nachthemd, bis ihr auffiel, dass eine der Verkäuferinnen dasselbe Kleid trug.
Aber es sieht ein bisschen wie ein Nachthemd aus, dachte sie beim Anblick ihres Spiegelbildes.
Sie ging zu ihrem Rucksack und holte den frisch gewaschenen Gürtel heraus. Der Gürtel war aus leuchtend roter und blauer Wolle
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