Die Gang: Roman (German Edition)
die Bluse wieder über die Schulter nach oben rutschen. Um die Knöpfe kümmerte sie sich nicht. Sie legte die Hände auf Daves Schultern und sah ihm in die Augen.
»So«, sagte sie. »Hier sind wir.«
»Endlich allein.«
»Keine Minute zu früh.«
Er küsste ihren lächelnden Mund, und Joan zog ihn fest an sich – so fest, dass ihre Rippen gegen seine Wunde drückten und er zurückzuckte. Sie flüsterte »Entschuldige« in seinen Mund. Dann lockerte sie ihre Umarmung ein wenig, küsste ihn aber nur noch drängender. Drängend und hungrig. Sie benahm sich wie befreit, und Dave fühlte sich ähnlich. Es hatte einfach zu lange gedauert, bis sie zueinander gefunden hatten.
Dave zerrte die Enden der Bluse aus ihren Jeans. Er glitt mit den Händen über ihren Rücken. Sie schob sich noch näher an ihn heran und saugte seine Zunge in ihren Mund. Er öffnete ihren BH. Ihr ganzer Rücken, von der Taille bis zur Schulter, war seidig und warm unter seinen Händen.
Dann konnte man das sanfte Ploppen einer Autotür vernehmen, die geschlossen wurde.
Joan hörte auf, ihn zu küssen. Sie starrte ihm in die Augen, versteifte sich in seinen Armen. »Das ist Debbie«, flüsterte sie.
Augenblicke später wurde ratschend ein Schlüssel ins Schlüsselloch gesteckt.
In der Zeit, die Debbie brauchte, um durch die Küche ins Wohnzimmer zu gelangen, waren Dave und Joan auseinandergefahren und hatten sich jeweils an ein Ende des Sofas gesetzt. Joan hatte noch Zeit, ihren Mund abzuwischen. Dave hatte noch Zeit, sich die Fernsehzeitung zu schnappen.
Als das Mädchen hereinkam, war Dave verblüfft. Obwohl Debbie nicht exakt wie Joan aussah, bestand eine erstaunliche Ähnlichkeit. Ihr Körper war noch nicht so entwickelt wie Joans, zwar eindeutig weiblich, aber auch noch ein wenig jungenhaft. Ihr Gesicht war das eines heranwachsenden Mädchens, noch voller Frische und Unschuld, die bald zurückbleiben und für immer verloren sein würden. Dave spürte, wie ein wenig Trauer an ihm nagte. So musste Joan mit sechzehn ausgesehen haben, und er bedauerte, sie damals nicht gekannt zu haben.
Er stand auf, als das Mädchen näher kam.
»Du bist früh wieder zurück«, sagte Joan.
»Die Party war ziemlich öde.« Ihr Mund zuckte, als wüsste sie nicht, was sie jetzt tun sollte – lächeln oder eine verachtungsvolle Grimasse ziehen. Sie presste die Lippen fest zusammen und zuckte die Schultern. Dann sah sie Dave an und streckte die Hand aus.
»Ich bin Dave«, sagte er und schüttelte ihre Hand.
»Ja, das habe ich mir gedacht. Nett, dich kennenzulernen.«
»Falls du es nicht schon erraten hast: Das ist meine Schwester Debbie.«
»Hi, Debbie.«
»Hab ich euch bei was gestört?«
»Wir haben uns nur unterhalten«, sagte Joan.
»Ja, darauf wette ich.«
»Es hat sich wohl rausgestellt, dass keine Jungs auf der Party waren?«
Etwas geschah mit Debbies Gesicht. Sie sah einen Augenblick so aus, als wollte sie lächeln und eine witzige Bemerkung machen, aber dann füllten sich ihre Augen mit Tränen, die Mundwinkel zogen sich nach unten, und ihr Kinn begann zu zittern.
Joan war bestürzt. »Debbie! Mein Gott, was ist …?«
Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf und rannte aus dem Zimmer.
Joan sprang auf. Sie sah Dave an. »Es tut mir leid. Mist! Ich gehe besser und sehe nach.«
»Ich verschwinde.«
»Du musst nicht gehen.«
»Doch, das sollte ich aber. Kümmere dich um Debbie. Wir sehen uns morgen früh.«
»Verdammt!«
»Ja.« Er zog sie an sich, gab ihr schnell einen Kuss und ließ sie wieder los. Sie eilte in Richtung Flur. Ihr Hemd hing über die Jeans.
Dave warf einen Blick auf den Wecker.
Du wirst die halbe Stunde noch völlig verschwenden, dachte er. Nein, es ist keine Verschwendung. Überhaupt nicht.
Er wälzte sich aus dem Bett, biss die Zähne zusammen, als er die Kälte spürte, und beeilte sich, den Bademantel anzuziehen. Er knotete den Gürtel fest und eilte ins Bad.
Ob Joan wohl ihren BH auf dem Weg in Debbies Zimmer wieder zugemacht hatte?
Das Mädchen hatte sich eine schlechte Zeit ausgesucht, um nach Hause zu kommen.
Trotzdem, arme Kleine. Sie war völlig aus der Fassung geraten. Muss auf dieser Party was Übles erlebt haben. Worin immer das Problem bestanden haben mochte, Joan hatte ihr wahrscheinlich geholfen. Man konnte kaum traurig bleiben, wenn Joan sich um einen kümmerte.
Eine halbe Stunde später – sein Haar war immer noch feucht vom Duschen – eilte Dave zu seinem Auto. Er warf die Jacke auf den
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