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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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»so wunderbares Zeug wegwerfen«, während die Frau immer wieder stehen blieb, um in jeder Mülltonne nach Schätzen zu suchen. Sie sammelte vor allem Zeitungen, Dosen und Flaschen, um sie in einem Wiederverwertungsbetrieb in Geld umzutauschen. Aber sie sammelte auch Essen – den Abfall halb gegessener Mahlzeiten – und stopfte es sich grunzend in den Mund. Mehrmals musste Gloria sich würgend abwenden.
    Bisher war es überhaupt nicht so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Aber sie war sicher, um diese Zeit auf der Promenade noch neue Gesprächspartner zu finden. Oder am Strand. Einen Obdachlosen mit einer gewissen Anziehungskraft, bitte. Jemand, der die Herzen ihrer Leser in seinen Bann zog.
    Zu dieser Stunde konnte sie auch Trolljägern begegnen. Für den Fall, dass sie aggressiv würden, hatte sie eine Gaspistole in der Tasche. Aber wenn sie sich erst identifiziert hätte, wären sie wahrscheinlich sehr darauf bedacht, ihre Seite der Geschichte darzustellen. Das wäre dann wirklich ein großer Fang.
    Du musst den Lesern etwas bieten, sagte sie sich, während sie auf den Haupteingang von Funland zuging. Wenn du schreibst, was du bisher erlebt hast, ist es nichts als Propaganda für den Großen Groben Griesgram Billy.
    Und das würde Dave natürlich gefallen.
    Dieses elende, betrügerische Dreckschwein.
    Was habe ich nur je in ihm gesehen? Ich hätte es besser wissen sollen, als mich mit einem reaktionären Macho-Bullenschwein einzulassen.
    Gloria fühlte sich plötzlich sehr einsam.
    Scheiß drauf, sagte sie sich.
    Wenn sie nur den Mut gehabt hätte, sich Dave zu zeigen. Den ganzen Tag lang hatte sie mit der Idee gespielt, auf die Promenade zu gehen und ihm gegenüberzutreten. Er wäre schockiert gewesen. »Hast du den Verstand verloren? Weißt du nicht, wie gefährlich das ist?« Sie hätte höhnisch gelächelt und gesagt: »Ich bin völlig überzeugt, dass du dich um mich sorgst. Du hast ja deine goldene miese Bullen-Amazone.«
    Aber die Bullen-Amazone wäre ebenfalls dort gewesen. Gloria wusste, dass es sie zu sehr gequält hätte, wenn sie die beiden zusammen gesehen hätte. Also war sie der Promenade ferngeblieben.
    Wahrscheinlich treiben sie’s jetzt gerade, dachte sie. Sie stellte sich die beiden im Bett vor, schwitzend und grunzend. Aber dann war es gar nicht Joan, die unter Dave lag.
    Gloria konnte ihn auf sich, in sich spüren. Sie kniff die Augen fest zu, ließ sich auf eine Bank fallen und schüttelte heftig den Kopf, um die Bilder loszuwerden.
    Es ist vorbei, sagte sie sich. Denk nicht mehr über ihn nach.
    Er war manchmal so sanft. Und so witzig. Und so besorgt. Und im Bett …
    Zur Hölle mit ihm.
    Er hatte es so gut bei ihr gehabt und alles für dieses goldhaarige Weibsstück weggeworfen.
    Eines Tages würde es ihm leidtun.
    »Ich gebe ihm zwei Wochen«, murmelte sie. »Zwei Wochen, und es wird ein böses Erwachen für ihn geben. Er wird einsehen, wie gut er es bei mir hatte, und dann bettelnd zurückkommen. Und ich werde ihm ins Gesicht lachen.«
    Quatsch. Ich werde meine Arme um ihn legen und …
    »Wo sind diese verdammten Trolle?«, fragte sie, hob den Kopf und sah nach links und rechts. Die Promenade, mondlichtüberflutet und gefleckt mit schwarzen Schatten, sah verlassen aus.
    »Wie wär’s denn mit ein bisschen Action hier?«, schrie sie. »Wo sind die Penner? Wo ist der Große Grobe Griesgram Billy? Ist denn hier überhaupt keiner? Ich habe genug davon, meine verdammte Zeit zu verschwenden!«
    Ein großer dunkler Schatten kam aus der Dunkelheit hervor und über die Promenade.
    Und auf sie zu.
    Um Himmels willen!, dachte sie. So habe ich das nicht gemeint!
    Sie sprang auf, und die Tüte fiel von ihrem Schoß. Ihre Decke rutschte aus der Tüte hervor und mit ihr die Gaspistole. Sie rutschte klappernd über die Planken, und Gloria wusste, dass sie sie nicht mehr rechtzeitig aufheben könnte.
    Die Dunkelheit trug ein weißes Gesicht und einen großen flatternden Mantel. Seine Arme waren zu ihr ausgestreckt, wie bei einem Monster aus einem Horrorfilm.
    »Verschwinde hier!«, schrie Gloria. Sie warf sich nach rechts, um ihm auszuweichen, und rannte so schnell wie sie konnte. Schritte dröhnten hinter ihr.
    Sofort bedauerte sie, in diese Richtung ausgewichen zu sein. Sie hätte über das Geländer springen und so zum Strand gelangen sollen. Oder nach links, versuchen, um den Troll herumzurennen und dann auf die Straße. Aber jetzt rannte sie südwärts die Promenade hinab, weiter in

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