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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Wahrheit werden zu lassen.
    Ich will nicht mit dem Mädchen kämpfen, dachte er. Ich will nicht, dass es wahr wird.
    Er zitterte vor Angst, und er zitterte vor heftigster Begierde.
    Bitte, lass niemanden zu Hause sein.
    Der Wagen kam vor der Veranda des Hauses zum Stehen.
    Tanya zog die Handbremse an. Der Motor rumpelte ein wenig, als sie die Tür öffnete und ausstieg. Jeremy hätte sie beinahe daran erinnert, den Motor auszumachen, aber dann fiel ihm ein, dass sie keinen Schlüssel hatte.
    Er stieg aus und ging auf zittrigen Beinen um den Wagen herum, während Tanya etwas vom Rücksitz nahm. Es war eine große Einkaufstüte aus Papier.
    »Was ist da drin?«, flüsterte er.
    »Zeug«, sagte sie. »Du wirst es schon sehen.«
    Er folgte ihr die Stufen zur Haustür hinauf. Sie holte einen Schlüssel aus der Tüte und öffnete die Tür.
    Wenigstens müssen wir nicht einbrechen, dachte Jeremy. Tanya schob die Tür auf. Drinnen war es dunkel.
    Sie betraten die Halle, und Tanya schob die Tür ohne einen Laut wieder zu.
    Jeremy hörte nichts als seinen hämmernden Herzschlag. Das Herz trommelte so laut gegen seine Rippen, dass er zu spüren glaubte, wie das Blut durch seine Adern sauste.
    Tanya hockte sich hin und stellte die Tüte auf den Boden. Als sie hineingriff, konnte er ein leises metallisches Klirren hören. Jeremy erkannte das Geräusch und dachte an den alten Penner. Im matten Licht, das von draußen hereindrang, sah er, wie Tanya ihren Arm ausstreckte. Sie hielt Handschellen in ihrer Hand. Ein Paar reichte sie ihm, ein zweites Paar steckte sie in die Bauchtasche ihres Sweatshirts.
    Dann zog sie einen Hammer aus der Tüte und reichte ihn ebenfalls Jeremy hinüber.
    Er spürte, wie ihm die Luft wegblieb. Sein Magen zog sich zusammen. Eisige Finger schienen seine Hoden zu umklammern.
    Sie holte für sich selbst noch ein Beil aus der Tüte, dann stand sie auf und ließ die Tüte auf dem Boden liegen.
    Jeremy flüsterte mit erstickter Stimme: »Wir werden sie doch nicht umbringen, oder?«
    »Worin läge da der Spaß?«
    »Was werden wir tun?«
    »Das Mädchen kommt mit uns. Nate nicht. Los.«
    Zitternd und mit weichen Knien folgte er Tanya zu einer Treppe. Sie stiegen langsam hinauf bis zum zweiten Stock. Jedes Mal, wenn eine Stufe knarrte, zuckte Jeremy zusammen. Irgendwie verursachte sein rasender Herzschlag ein trockenes Knacken in seinem Hals. Er schluckte heftig, und das Geräusch hörte auf.
    Die Treppe kam ihm endlos vor.
    Ich könnte jetzt bei Shiner zu Hause sein, dachte Jeremy. Mein Gott, warum bin ich nicht hingegangen? Handschellen. Ein Hammer. Ein Beil.
    Es war schlimmer, als er es sich hätte ausmalen können. Er stellte sich vor, wie er herumwirbelte und die Treppe hinunterrannte – vor Tanya und vor dem Haus floh und vor dem Wahnsinn, der dort oben auf ihn wartete.
    Dann erinnerte er sich an seine Hand unter ihrem Sweatshirt.
    Wir haben später Zeit. Für alles.
    Sie war drei Stufen über ihm und in der Dunkelheit kaum zu sehen. Er wusste, dass sie unter dem Trainingsanzug nackt war.
    Er wusste, dass er nicht davonlaufen würde.
    Sie wartete auf dem Treppenabsatz auf ihn. »Tu nichts, ehe ich dir Bescheid sage«, flüsterte sie.
    Jeremy nickte. Er schob die Handschellen in die Jackentasche.
    Nebeneinander gingen sie den Flur entlang. Tanya blieb an der offenen Tür eines Schlafzimmers stehen und sah hinein. Lange Zeit rührte sie sich nicht. Dann drückte sie den Kopf des Beils gegen Jeremys Rücken und schob ihn vorwärts. Er betrat das Zimmer. Im matten Licht des Mondes konnte er ein Bett erkennen. Die Decken wölbten sich.
    Sie sind es.
    Tanya hatte recht. Sie sind hier.
    Was, wenn sie gelogen hat und sie doch umbringen will? Was mache ich hier nur?
    Sie schloss die Tür, stieß mit dem Beil gegen Jeremys Unterarm und schob es in seine Hand. Warum behielt sie es nicht selbst?
    Sie wollte beide Hände frei haben, stellte Jeremy fest, als sie durch den Raum schlich, aber nicht auf die Betten zu, sondern in Richtung des Toilettentisches an der Wand. Neben dem Tisch stand ein Stuhl mit gerader Lehne. Sie hob ihn auf und kam damit zurück.
    Wenn ich ihr das Beil nicht zurückgebe …
    Sie stellte den Stuhl lautlos auf den Teppich vor der Tür, kippte ihn nach hinten und schob die Lehne unter die Türklinke.
    Der Stuhl würde verhindern, dass jemand das Zimmer betrat, aber Jeremy wusste, dass sie einen anderen Zweck verfolgte: Der Stuhl sollte vor allem eine schnelle Flucht unmöglich machen.
    Sie griff

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