Die Gang: Roman (German Edition)
blaue Hemd aus dem Rucksack, warf sie zu dem Mädchen hinüber und beobachtete ihre langsamen, schmerzerfüllten Bemühungen, sich anzuziehen. Bevor sie das Hemd zuknöpfen konnte, riss er sie an ihrem Haar hoch und fesselte ihre Hände mit den Handschellen hinter ihrem Rücken.
Er zog seinen Gürtel aus, fädelte ein Ende durch die Schnalle und ließ die Schlinge über den Kopf des Mädchens fallen.
Tanya nahm sich Nates Schlüssel vom Toilettentisch. Sie steckte sie in die Tasche und machte dann das Licht aus.
»Okay«, sagte sie. »Wenn wir rauskommen, zerbreche ich ein Fenster, damit es nach einem Einbruch aussieht. Erinnere mich daran.«
»Klar«, sagte Jeremy.
Er zog an seinem Gürtel wie an einer Leine und führte das Mädchen in den dunklen Flur hinaus.
39
Das Bett wackelte ein wenig, und Dave wurde wach. Durch seine geschlossenen Augenlider konnte er Licht wahrnehmen. Ist es Morgen?, fragte er sich. Joan hatte ihn den Wecker auf Mitternacht stellen lassen, aber vielleicht hatte er ihn im Schlaf abgestellt oder so. Er hoffte es. Er hoffte, dass es Morgen war.
Ein nackter Po ließ sich auf ihm nieder. Er wand sich unter dem angenehmen Gewicht und öffnete die Augen. Enttäuschung und Furcht begannen an ihm zu nagen, als er feststellte, dass das Licht von der Nachttischlampe kam. Joan kniete über ihm, ihre Hände auf die Matratze neben seine Schultern gestützt. Sie lächelte sanft und neigte sich zu ihm. Ihre Brustwarzen berührten seine Brust, und sie schaukelte ein wenig, damit sie sich bewegten und ihn streichelten. Dann spürte er die feste schwere Wärme ihrer Brüste. Sie drückte sich gegen ihn. Ihr Mund bedeckte seinen.
Er ließ seine Hand langsam über ihren Rücken gleiten.
Sie entzog ihm ihren Mund wieder. »Zeit zum Aufstehen, Schatz.« Dann küsste sie ihn abermals und sagte: »Wir müssen gehen.«
»Das hatte ich befürchtet. Wie spät ist es?«
»Eine halbe Stunde nach Mitternacht.«
»Was war mit dem Wecker?«
»Ich habe ihn abgestellt. Ich war ohnehin wach.«
»Konntest du nicht schlafen?«, fragte Dave.
»Ich wollte nicht. Es schien mir Zeitverschwendung zu sein. Es war viel angenehmer, wach zu bleiben und dich anzusehen.«
»Voyeur.«
»Genau, Kumpel.«
»Du hättest mich wecken sollen.«
»Das wollte ich nicht. Du hattest einen anstrengenden Abend und brauchtest deinen Schlaf. Deshalb habe ich dich auch nicht früher geweckt.« Sie küsste ihn wieder. »Okay, jetzt aber los.«
Sie kletterte von Dave herunter, das Gewicht, die Weichheit und Wärme verschwanden. Er setzte sich auf und zog die Decke zur Taille hoch. Er beobachtete, wie Joan ihr Höschen anzog und sich das T-Shirt überstreifte. Als ihr Gesicht wieder auftauchte, sagte sie: »Die Show ist vorbei. Du kannst dich jetzt anziehen.«
Dave rutschte zur Bettkante und schwang die Beine aus dem Bett, stand aber nicht auf.
Stattdessen sah er zu, wie Joan eine der dunkelblauen Westen anlegte, die er am Nachmittag aus der Polizeistation mitgenommen hatte. Sie befestigte die Weste mit Klettbändern. »Du siehst aus, als wolltest du zum Wasserski«, sagte er.
»Wunschdenken.« Aus der Einkaufstüte nahm sie ein Schulterhalfter, schlüpfte hinein und schob die .38er Smith & Wesson unter ihre linke Achselhöhle. Ein kleineres Halfter band sie um ihr rechtes Fußgelenk. Dort hinein steckte sie eine verchromte Halbautomatik. Und dann nahm sie noch ein weiteres Halfter aus der Einkaufstüte. Dave schüttelte den Kopf, als sie es anlegte. Sie nestelte die Lederscheide an der rechten Seite ihres Brustkorbs zurecht und schob ein langes, zweischneidiges Messer hinein.
»Allmächtiger Gott«, sagte Dave. »Woher hast du das Zeug? Aus einem Söldnershop?«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Noch was? Hast du noch eine Uzi da drin?«
»Das war’s so ziemlich.« Als sie wieder in die Tüte griff, zog sie etwas heraus, das aussah wie eine graue Trainingshose, die mit brauner Schuhwichse beschmiert war.
Dave stand auf. Er nahm frische Unterwäsche und Socken aus der Kommode und zog sie an, während Joan die obere Hälfte ihres Waffenarsenals mit einem ausgebeulten Sweatshirt bedeckte. Das Sweatshirt hatte Löcher, die die blaue Weste durchscheinen ließen. Durch einen lan gen Riss im Hosenbein konnte man ihr nacktes Bein sehen.
»Du siehst aus wie Rambo, nur mit mehr Sexappeal«, sagte Dave. Wie Joan zog auch er ein T-Shirt an, um die Weste nicht auf der nackten Haut tragen zu müssen. Dann glitt er in seine Jeans und
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