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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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selbst auch Gedichte«, erzählte ihm Robin und entspannte sich etwas. »Lieder.«
    Seine Augen begannen zu leuchten. »Eine Bardin?« Er klatschte auf seine Knie, und Staub wirbelte aus dem verblichenen Karostoff seiner Hosen auf. »Dann sind wir vom gleichen Stamm. Sing mir was vor!«
    Robin lächelte und zuckte die Schultern. »Ich habe mein Banjo nicht hier.«
    »Dann hol es, und verdiene dir deinen Tee mit Gesang.«
    »Warum nicht.« Sie stand auf und stieg über die Düne. Als sie zu ihrem Schlafplatz hinabkletterte, fiel ihr erst richtig auf, wie nahe die beiden Plätze waren. Sie fragte sich, ob Poppinsack wohl die ganze Nacht gewusst hatte, dass sie da war. Jedenfalls war er ihr nicht zu nahe gekommen. Sie stellte fest, dass sie sich eher behaglich als beunruhigt fühlte bei dem Gedanken, dass er in der Nähe gewesen war.
    Jedenfalls war sie nicht ganz allein gewesen.
    Wenn die Trolljäger sie gefunden hätten, wäre Poppinsack zu ihrer Rettung geeilt, seinen Knotenstock schwingend?
    Mit dem Banjokasten in der Hand kehrte sie zu Poppinsacks »Besitz« zurück. Sie holte das Instrument heraus und setzte sich auf Poppinsacks Schlafsackrolle. »Habe ich dich nicht schon gestern gehört?«, fragte er.
    »Könnte sein. Ich habe auf der Promenade gespielt.«
    »Während ich am Strand mit Worten spielte.«
    »Mit Worten spielen?«, fragte sie.
    » Beowulf , Tennessee Williams, Mickey Spillane. Ich habe das Monster Grendel erschlagen, bin mit dem Vogel, der nie landet, geflogen und habe einer Dame ein paar verpasst. Es ging ganz leicht. Und du, meine Liebe, hast die Hintergrundmusik dazu geliefert. Es ist mir ein Vergnügen, deine Bekanntschaft zu machen. Jetzt sing ein Lied für mich.«
    »Ich habe an einem neuen Lied gearbeitet. Ich werde es an dir ausprobieren.«
    Poppinsack schloss lächelnd die Augen, faltete die Hände im Schoß und lehnte sich zurück an den Dünenhang.
    Robin ließ ihre Finger über die Banjoseiten gleiten und entlockte ihnen eine schnelle, komplizierte Melodie. Und nachdem sie die Melodie einmal durchgespielt hatte, begann sie zu singen:
    »Liebling, ich war hier und dort,
    Überall und an jedem Ort,
    War im Süden und im Norden, bin gut und schlecht behandelt worden.
    War hoch oben und fiel tief hinab,
    Hab geweint und gelacht an jedem Tag,
    Und alles, weil ich dich gesehen hab,
    Und alles, weil ich dich gesehen hab.
    Ich weiß nicht deinen Namen, kenn nicht dein Gesicht,
    Aber ich bin mir sicher: Ich finde dich.
    Ich erkenn dich an deinem wiegenden Gang, und deine Worte klingen wie Gesang.
    Du bist der Mann mit dem Leuchten im Blick,
    Und wenn du lachst, bekomme ich einen Tick,
    Und so wandre ich weiter, vorwärts und zurück,
    Und so wandre ich weiter, vorwärts und zurück.
    Du bist der Mond und die Sterne und das leuchtende Meer,
    Und jabba-dabba-du und diddli-di, heh!
    Ich hab noch nicht mehr geschrieben, drum mach ich hier Schluss.
    Wieseldi waseldi woseldi wuss.«
    Poppinsack applaudierte nickend und grinsend. »Eine wandernde Sängerin«, sagte er. »Diese Robin ist wirklich eine Bardin. ›Wenn du lachst, bekomme ich einen Tick‹, du meine Güte.«
    »Du meinst, die Zeile taugt nichts?«, fragte sie.
    »Bezaubernd, ganz bezaubernd. Und ich zaubere jetzt den Tee her.« Er erhob sich mühsam vom Sand, ging zu seiner Tasche und wühlte darin herum. Nach ein paar Sekunden holte er einen Handschuh und zwei Plastikbecher heraus. Er zog den Handschuh an, goss heißen Tee in einen der Becher und brachte ihn Robin. Er roch, als hätte er sich mit Köl nischwasser eingerieben, aber unter dem süßlichen Geruch konnte man den von Moder wahrnehmen. Seine geäderte Knollennase war so zerklüftet, dass sie Robin an eine große vergammelte Erdbeere erinnerte. In seinen Schnurrbart haaren hingen Reste von früheren Mahlzeiten. Poppinsack, entschied sie, sollte man besser nur von Weitem sehen.
    »Magst du Sahne?«, fragte er.
    »Du hast Sahne?«
    »Keinen Tropfen. Magst du einen Schuss Rum?«, fragte er und zog ein Plastikfläschchen aus der Manteltasche.
    »Nein, vielen Dank.«
    Er goss einen Becher Tee für sich ein, schüttete ein wenig Rum dazu und kehrte auf seinen Platz am Dünenhang zurück.
    Robin untersuchte ihren Tee genau. Glücklicherweise schwamm nichts darin herum. Sie trank einen Schluck. »Gut«, sagte sie.
    Poppinsack trank ebenfalls, seufzte und schmatzte. »Erzähl mir mal, fahrende Sängerin, welcher Fluch dich an diesen miesen Strand verschlagen hat.«
    »Ich ziehe einfach so

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