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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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sich den Kassenbon. Das Frühstück hatte fünf Dollar gekostet. Sie holte die Scheine aus der Jeanstasche und faltete sie auseinander.
    Sie starrte die Scheine an. Ihr Mund blieb offen stehen. Ihr Magen zog sich zusammen.
    Sie blätterte immer wieder durch den Stapel.
    Jeder Geldschein war ein Einer.
    Gestern, nachdem sie aus der Bank gekommen war, hatte sie sechs Zwanziger und einen Zehner gehabt.
    War sie beraubt worden? Unmöglich.
    Sie hatte das Geld in der Vordertasche. Die Jeans waren eng. Niemand war nah genug an sie herangekommen, um das Geld herausnehmen zu können, und noch viel weniger hätte jemand die großen Scheine raussuchen, sie gegen kleine eintauschen und dann das Geld zurückstecken können.
    Sie erinnerte sich daran, wie sie für ihr Essen gespielt hatte, und an den Kauf der Kinokarte. Sie hatte die Karte mit dem Zehner bezahlt, und die Zwanziger waren immer noch da gewesen, als sie die Einer vom Wechselgeld dazugetan hatte.
    Und nach dem Kino hatte sie dem Penner einen Dollar gegeben. Er hatte das Geld bestimmt nicht geklaut. Und dann war das Geld in ihrer Tasche geblieben, bis sie die Jeans ausgezogen hatte. Sie erinnerte sich, wie sie auf dem Schlafsack gesessen hatte, frierend, um T-Shirt und Höschen anzuziehen. Sie hatte sich das Geld dann nicht mehr genau angesehen, sondern es nur noch aus der Tasche geholt und ins Höschen gesteckt. Danach hatte sie die Kleider in den Rucksack gesteckt und war in den Schlafsack gekrochen. Sie konnte sich erinnern, das Geld an ihrer Haut gespürt zu haben.
    Am Morgen war das Päckchen Geldscheine dort gewesen, wo sie es abends hingetan hatte. Sie erinnerte sich, wie sie es rausgenommen und in die Jeans gesteckt hatte. Später war niemand außer Poppinsack in ihre Nähe gekommen, und er hatte sie nicht angefasst. Er hätte es nicht aus ihrer Tasche klauen können.
    Aber jemand hatte es getan.
    Irgendwann zwischen dem Kinobesuch und dem Frühstück im Coffeeshop hatte jemand ihr Geld geklaut, Zwanziger gegen Einer ausgetauscht und den Packen wieder zurückgesteckt.
    Und es gab nur eine Möglichkeit, wann das passiert sein konnte.
    Während sie schlief.
    Ich habe im Kino geschlafen, dachte sie. Es könnte dort passiert sein.
    Aber eigentlich glaubte sie nicht daran. Es waren ziemlich viele Leute im Kino gewesen. Wer hätte es gewagt, sie vor so vielen Zeugen zu bestehlen? Und selbst wenn, hätte nie jemand eine Hand in ihre Jeanstasche stecken können, solange sie saß. Nicht, ohne sie aufzuwecken. Die Jeans waren einfach zu eng.
    Nein. So sehr sie auch wünschte, dass der Diebstahl im Kino stattgefunden hatte, sie wusste, das war unmöglich. Das Geld war gestohlen worden, nachdem sie sich zum Schlafen hingelegt hatte.
    Trotz der Wärme im Restaurant kroch ein eisiger Schauer über Robins Rücken. Sie presste die Beine zusammen. Sie stellte sich vor, wie Poppinsack im Dunkeln neben ihr kniete und den Reißverschluss des Schlafsacks öffnete – vielleicht hatte er vorher schon ihre Stiefel und den Rucksack durchsucht und sich gedacht, dass sie das Geld am Körper haben musste. Sie stellte sich vor, wie seine Hände über ihren Körper wanderten, während sie schlief, nicht nur, um das Geld zu finden, sondern um sie zu betasten, und wie er schließlich in ihr Höschen griff und das Geld herausholte und sie dort auch berührte. Ein Weibchen, wie man sehen kann.
    Dieses dreckige Schwein.
    Und er hat mir Tee gekocht, und ich habe für ihn gesungen, und die ganze Zeit über hatte er mein Geld und wusste, was er mit mir gemacht hatte .
    Robins Gesicht brannte. Ihr Herz klopfte heftig. Sie zitterte.
    Er hat mich beklaut und angefasst, während ich schlief, und dann hat er so getan, als sei er mein Freund. Deshalb also die Warnungen, aus der Stadt zu verschwinden.
    Er hofft, dass ich weg bin, bevor ich es herausfinde. Sie ließ das Trinkgeld auf dem Tisch, schulterte den Rucksack, nahm den Banjokasten und ging zur Kasse. Nachdem sie bezahlt hatte, waren nur noch sieben Dollar übrig.
    Sie ging nach draußen.
    Jetzt würde sie es nicht mehr wagen, die Stadt zu verlassen, selbst wenn sie es unbedingt wollte. Sieben Dollar waren so gut wie gar nichts. Mit so wenig Geld war sie auf der Straße zu sehr gefährdet.
    Fiebernd vor Demütigung und vor Wut, ging sie in Richtung Promenade.
    Funland hatte noch nicht geöffnet, aber es waren Arbeiter da, die alles vorbereiteten. Unten am Strand leerten Müllmänner die Mülleimer und fischten mit Rechen Abfall aus dem Sand. Auch

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