Die Gang: Roman (German Edition)
ging er zum Tisch und füllte sein Glas bis zum Rand. Er setzte sich auf die Couch, dahin, wo Joan gesessen hatte. Gloria hatte nach ihr dort gesessen, aber seine Gedanken wanderten zurück zu dem Zeitpunkt, bevor Gloria aufgetaucht war.
Er trank und dachte an Joan, an all das, was sie gesagt und getan hatte, daran, wie sie aussah, und an ihren Duft und wie sie sich in seinen Armen anfühlte.
17
Statt wie gestern um achtzehn Uhr endgültig aufzuhören, legte Robin nur eine kurze Pause ein. Sie aß einen Hotdog, dann suchte sie sich einen Platz oberhalb der Haupttreppe zum Strand und spielte und sang weiter. Es war kaum der Mühe wert.
Nach dem Aufziehen des Nebels waren nur wenige Leute in Funland geblieben, und noch weniger hatten offenbar Interesse, stehen zu bleiben und ihrer Musik zu lauschen. Ihr war kalt. Der Anorak hielt sie zwar obenherum warm, aber die kalte Luft drang durch die Jeans. Außerdem konnte sie nicht mit Handschuhen spielen. Zwischen den einzelnen Liedern steckte sie die Hände zum Aufwärmen unter die Achseln.
Während sie so dastand, für zwei oder drei Leute spielte und ab und zu einen Vierteldollar einnahm, wanderten ihre Gedanken zu besseren, wärmeren Orten. Ein Café, das Kino, ihr Schlafsack. Sie dachte sogar daran, in ein Motel zu ziehen und sich in eine Wanne voll mit wunderbar heißem Wasser zu legen.
Aber stattdessen musste sie hier stehen. Das hatte sie Poppinsack zu verdanken.
Sie musste für ein bisschen Kleingeld arbeiten, um sich wieder warme Plätze leisten zu können, und morgen oder übermorgen würde es dann auch möglich sein, aus diesem Nest von Pennern, Dieben und Trolljägern zu verschwinden.
Den ganzen Tag lang hatte sie nach dem fetten alten Mann mit seiner Wildlederjacke und den Federn am Hut Ausschau gehalten.
Er hielt sich wahrscheinlich im Hintergrund, für den Fall, dass sie seinen Rat, aus der Stadt zu verschwinden, nicht befolgt hatte.
Oder vielleicht machte er einen Einkaufsbummel.
Für hundertzwanzig Dollar konnte er sich eine Menge Bücher und Schnaps leisten.
Dieser Dreckskerl!
Hoffentlich hatte er noch nicht alles ausgegeben. Aber so gern sie auch ihr Geld zurückhaben wollte, sie wusste genau, dass dies nicht der Hauptgrund dafür war, Poppinsack entgegentreten zu wollen. Er hatte sie angefasst , während sie schlief. Das wollte sie ihm heimzahlen.
Ihre Hände waren damit beschäftigt, ein Potpourri bekannter Melodien zu spielen – obwohl sie bemerkte, dass sie zurzeit keine Zuhörer hatte –, aber vor ihrem geistigen Auge zog nochmals die Szene vorüber, die sie sich schon so oft vorgestellt hatte.
Sie hockt in ihrem Versteck. Poppinsack taumelt über die mondbeschienene Düne. Er sieht sie und zieht den Hut. »Ah-ha, so treffen wir uns wieder? Wie ist es dir ergangen, Robin?« Er tut so, als wäre er froh, sie zu sehen. Und kommt den Hang hinunter.
Sie steht auf und zieht ihr Messer. »Du hast etwas, was mir gehört, du diebische Ratte.«
»Unsinn. Quatsch.«
»Leer deine Taschen«, befiehlt sie.
»Du tust mir unrecht, Mädel. Es war nicht Poppinsack, der in deine Schatzkammer gegriffen und den Schatz gestohlen hat.« Dann merkt er, dass er zu viel gesagt hat, und schwingt seinen Stock, um sie zu schlagen. Robin duckt sich, weicht dem Stock aus und sticht mit dem Messer zu. In seinen Bauch.
Sie fragte sich, weshalb ihre Fantasie ihr immer wieder vorführte, wie sie den alten Mann erstach.
Ich werde ihn nicht erstechen.
Nicht, solange er nicht wirklich Ärger macht.
Aber was soll ich stattdessen tun, ihm die Meinung sagen?
»Lass das!«, rief sie plötzlich und krampfte die Hände um den Banjohals. Ein Wermutbruder hatte sich von der Seite angeschlichen, hockte neben ihrem Banjokasten und fischte eine Dollarnote heraus. »He!« Sie ging einen Schritt auf ihn zu, aber er torkelte zurück, drehte sich um und rannte weg, wobei sein langer Mantel hinter ihm herflatterte.
Robin stand da und sah zu, wie er floh. Sie wollte ihm nachrennen, aber wenn sie ihre Sachen hier stehen ließ …
Der Penner versuchte, an einem Mann vorbeizukommen, der die Promenade entlangkam. Der Mann hob einen Arm, und der Penner lief mit dem Gesicht dagegen. Er fiel auf den Rücken. Der Mann trat auf sein Handgelenk, bückte sich und nahm ihm die Dollarnote ab. Als er seinen Fuß wegnahm, rollte der Penner sich zum Geländer der Promenade, schlüpfte darunter hindurch und verschwand. Der Mann kam auf sie zu, hielt den Dollar hoch und lächelte. Robin konnte
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