Die Gang: Roman (German Edition)
Tonne zu wiegen. Aber als sie ihn von den Planken hoben, schob Samson eine Schulter unter seine Mitte und trug ihn allein.
»Hast du ihn?«, fragte Nate.
»Kein Problem«, antwortete Samson, aber seine Stimme klang gepresst, als wäre die Last zu viel für ihn. »Wohin bringen wir ihn?«
»Folgt mir«, sagte Tanya.
Nate hob die Reisetasche. »Was hat er hier drin, Ziegelsteine?«
Tanya führte sie, Nate ging neben ihr, Karen auf ihrer anderen Seite. Samson war hinter ihr, mit dem fetten Troll über der Schulter, dessen Arme über seinen Rücken herunterbaumelten. Jeremy sah, dass der gebrochene Finger im rechten Winkel von den anderen abstand.
Shiner trat zu ihm. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Ja.«
»Er hat dich ganz schön erwischt. Aber ich habe ihm den Finger gebrochen.«
»Gut gemacht.«
Sie wandten sich nach links und gingen die Promenade entlang.
Randy eilte voraus und hielt den Wanderstock hoch, den Federhut obendrauf.
Wie ein abgeschlagener Kopf auf einer Lanze, dachte Jeremy, aber er war sich nicht sicher, woher er das Bild hatte. Aus einem Film? Eine Zeichnung im Geschichtsbuch?
Jemand gab ihm einen Klaps auf den Po. Er drehte sich um und sah Heather hinter sich. »Wie hat’s dir bis jetzt gefallen?«, fragte sie.
Er zuckte die Schultern. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Er fühlte sich ein wenig ängstlich und schuldig, aber auch sehr erregt. Sein Herz klopfte, sein Mund war trocken, und er hatte einen Kloß im Hals. Er sagte nur: »Nett.«
»Super«, sagte Heather. »Aber es wird noch besser.«
Super, dachte er. Nicht ganz so toll wie sein Kampf mit den Mädchen, aber fast.
Er fragte sich, ob dies wohl auch als Einweihung zählen würde. Einweihung oder nicht, er fühlte sich, als ob er dazugehörte. Er hatte mitgemacht, er hatte den Troll verletzt, und Shiner und Heather benahmen sich, als wäre er einer von ihnen.
»Was passiert jetzt?«, fragte er.
»Das hängt von Tanya ab«, sagte Shiner.
Heather fügte hinzu: »Du kannst darauf wetten, dass es cool wird«, und legte einen Arm um ihn. Er spürte ihre großen, weichen Brüste an seinem Oberarm und hätte sich gern losgerissen.
Von all den Mädchen hier musste ausgerechnet sie sich an ihn ranmachen.
Tanya war selbstverständlich unerreichbar für ihn, aber er mochte Shiner, und sie hatte hier offensichtlich keinen festen Freund. Obwohl es in der Dunkelheit bisher unmöglich gewesen war, ihr Gesicht richtig zu erkennen, schien sie hübsch zu sein. Mit Sicherheit war sie kein Fettkloß mit Mundgeruch.
Das fehlt mir gerade noch, dass die sich an mich hängt. Shiner, die auf Jeremys andere Seite ging, beschleunigte ihren Schritt und ließ ihn mit Heather allein. Und die steckte eine Hand in die Tasche seiner Cordhose und drückte sie gegen seinen Po. »Schön warm«, sagte sie.
»Zu blöd, dass Cowboy den ganzen Spaß hier verpasst«, meinte er.
»Er ist ein Arschloch.«
Das Wort hörte sich bei ihr besonders anstößig an.
»Er ist mein bester Freund«, sagte Jeremy.
Er hoffte, dass sie das abschrecken würde. Aber stattdessen kniff sie ihn spielerisch in den Hintern und küsste ihn aufs Ohr.
Jeremy wandte den Kopf ab.
Und sah Jaspers Kuriositätenkabinett im Nebel. Ein Bild zog in seinen Gedanken auf, von Heather als Ausstellungsstück, ihr aufgeschwemmter Körper von Lederbändern aufrecht gehalten. Sie sah aus, als bestünde sie aus rohem weißem Brotteig. Die Lederstreifen versanken so tief in ihren Fettwülsten, dass man sie fast nicht mehr sehen konnte. Ihre Zunge hing heraus. Ihre toten Augen waren nach oben verdreht, man konnte nur das Weiße sehen. Ihm wurde heiß vor Scham bei dieser Vorstellung.
Sie versucht doch nur, nett zu mir zu sein. Vielleicht ist sie einsam. Das ist doch kein Verbrechen.
Der Troll begann plötzlich, sich zu wehren. Mit seiner unverletzten Hand schlug er auf Samsons Rücken ein. Samson bückte sich und warf ihn ab. Der Troll krachte auf die Promenade. Bevor er sich bewegen konnte, war er umzingelt.
Jeremy, jetzt frei von Heather, seufzte erleichtert und trat auf das Handgelenk des Mannes.
»Verletzt ihn nicht«, sagte Tanya. »Bringt ihn nur weiter mit.«
»Ich hab ihn«, sagte Samson. Er griff eine Seite des dicken langen Schnurrbarts des Trolls und fing an zu ziehen.
Mit viel Keuchen und Jammern und Ächzen kam der Troll auf die Beine.
Samson trat neben ihn und führte ihn am Schnurrbart.
»Hier herüber.« Tanya eilte voraus, Randy lief neben ihr und schwenkte
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