Die Gartenparty
neben der Tür«, sagte Beyer. »Links.«
Masters tastete herum. An der Decke begannen zwei Leuchtröhren zu flackern. Er stand in einem kleinen, vollgestellten Raum, der mehrere große Kartons und, aufgereiht an einer Wand, drei stählerne Büroschränke enthielt. Offenbar ein Lagerraum für abgelegte Akten. Direkt gegenüber entdeckte er eine Tür mit Mattglasscheibe.
»Wie sind die Räume hier angeordnet?« fragte Masters.
»Drei Zimmer hintereinander, von vorne nach hinten«, sagte Beyer. »Das da, hinter der Glastür, ist das mittlere – Mr. Connors Büro. Dahinter, zur Straße, liegt das Vorzimmer, wo die Sekretärin sitzt.«
»Aha.«
Masters zögerte; es war ein Zögern, das fast an Furcht grenzte. Er scheute sich, die Mattglastür zu öffnen, aber er mußte – es war seine Pflicht. Er ertappte sich dabei, daß er es hinausschob, sich betont gründlich im Lagerraum umsah, in alle Kartons und Schubladen schaute. Endlich faßte er sich ein Herz und öffnete die Tür. Sie schwang nach innen; der Lichtkegel aus dem Lagerraum hob die Ecke eines Schreibtisches und den Sessel dahinter aus dem Dunkel. Masters suchte und fand den Lichtschalter; eine grelle Leuchtröhre glühte auf, und in ihrem Licht sah Masters das, was er geahnt und gefürchtet hatte.
»Ich brauche Sie nicht mehr«, sagte er zu Beyer. »Lassen Sie mir nur Ihren Hauptschlüssel da. Das hier ist jetzt Sache der Polizei.«
»Warum? Was meinen Sie damit?« sagte der Mann nervös.
Er blickte über Masters’ Schulter. Entsetzt fuhr er zurück.
»Mr. Connor ist zweifellos tot«, sagte Masters. »Das ist doch Connor, oder nicht?«
»Mein Gott, ja! Aber wie konnte das nur geschehen, Leutnant?«
»Sieht aus wie Selbstmord.«
»Schrecklich! Ein so netter, junger Mann! Kann ich irgend etwas helfen?«
»Das können Sie, Mr. Beyer. Sie können gehen und mich ungestört arbeiten lassen.«
Sanft schob er dem verdutzten Mr. Beyer die Tür zum Lagerraum vor der Nase zu. Kurz darauf hörte er, wie der Mann das Haus durch die Hintertür verließ.
Masters ging um den Schreibtisch herum. Auf den ersten Blick deutete wahrhaftig alles auf Selbstmord hin. Besonders in Anbetracht der nächtlichen Gewalttat in Shady Acres.
An der gegenüberliegenden Wand stand ein mit braunem Kunstleder bezogenes Sofa. Auf dem Sofa lag die Leiche Larry Connors; der rechte Arm hing zu Boden. Masters stellte fest, daß er es sich zum Sterben bequem gemacht hatte. Sein helles Cord-Jackett und die Krawatte hingen ordentlich über einer Stuhllehne. Sein weißes Hemd stand am Kragen offen. Die Schuhe hatte er nicht ausgezogen, etwas, das Masters unbedingt als erstes getan hätte, wenn er es sich hätte gemütlich machen wollen, jedoch die Füße lagen in Ruhestellung nebeneinander auf dem Sofa. Es gab weder eine Waffe noch eine Wunde oder Blut. Gewisse physiologische Merkmale deuteten auf eine Überdosis irgendeines Medikamentes hin. Die Umstände ließen sämtlich auf Selbstmord schließen.
Masters trat einen Schritt zurück und musterte das Büro. Es war fast quadratisch, etwa zwanzig Fuß im Quadrat. Eine Mattglastür, direkt gegenüber der anderen, die zum Lagerräum führte, gehörte vermutlich zum Vorzimmer, das zur Straße hin lag. An der Wand zum Lagerraum, dicht an einem Ende des Sofas, befand sich eine dritte, halb offene Tür, durch die man in einen Waschraum sehen konnte.
Masters ging hinein, tastete nach dem Schalter, fand keinen, und entdeckte schließlich eine Kette, die von der Decke herabhing. Er zog, und eine einzelne Birne leuchtete auf. In ihrem etwas kümmerlichen Licht sah er eine Toilette und eine Waschkommode. Über der Waschkommode hing ein Apothekenschränkchen mit einem halbblinden Spiegel. Auf der Kommode standen die beiden Hälften einer kleinen, weißen Schiebeschachtel und ein Glas mit etwas Wasser. Auf dem Spülkästen der Toilette stand eine Flasche billiger Weinbrand, verschraubt und dreiviertel voll. Masters nahm das Schubladenteil der Schachtel in die Hand und roch dran. Es strömte einen ihm bekannten aromatischen Geruch aus, schwach nur und kaum noch wahrnehmbar. Es fiel Masters nicht schwer, den Geruch zu identifizieren; seine Kenntnisse, was die Schliche der Bars und Kneipen betraf, waren weitaus größer als seine Erfahrung mit Mördern. Chloralhydrat, der Hauptbestandteil eines >Mickey Finn<. In kleinen Dosen wirkte es wie ein Schlafmittel, in großen führte es zu Kollaps, Koma und Versagen der Herz- und Lungentätigkeit.
Masters
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