Die Gartenparty
David bot keineswegs einen außergewöhnlichen Anblick; Nancys blinde Begeisterung war die Folge einer geheimnisvollen Anziehungskraft, die sie sich einfach nicht erklären konnte. Sie hatte sie vom ersten Augenblick ihres Kennenlernens an gespürt. Sie spürte sie noch, und war nur allzu willig, sie immer und ewig zu spüren, auch wenn sein kurzgeschorenes Haar eine Farbe besaß, die man bei allem Wohlwollen höchstens neutral nennen konnte, wenn seine Hände und Füße weit größer waren, als durch die übrigen Proportionen seines Körpers gerechtfertigt, und seine Nase fast ebenso schief war wie sein Lächeln. Mit einem Wort: David bildete in keiner Weise eine Gefahr für die Frauen, weder was ihre Hormone noch was ihre Moral betraf. Und doch, für Nancy war er eine Gefahr – und eine höchst angenehme dazu. Es war ein höchst zufriedenstellender Zustand.
»Liebling«, murmelte Nancy mit halbgeschlossenen Augen, »wieviel Uhr ist es?«
»Halb sechs. Warum?« fragte David und streckte einen Arm aus.
Flink rollte sich Nancy aus seiner Reichweite.
»Ich rechne nur aus, wieviel Zeit wir noch haben. Um sieben sollen wir bei den Richmonds sein, die wollen im Garten eine Spießbratenparty geben. Aber bis dahin kann man noch viel unternehmen. Wie wär’s, wenn du dich zunächst mal unter die Dusche begibst?«
»Große Lust habe ich nicht«, sagte David lüstern, »aber ich muß wohl.«
»Ja. Aber mach schnell, Liebling. Mir zuliebe, ja?«
Also schoß David ab ins Bad, und Nancy wartete, bis sie die Dusche hörte. Dann schlüpfte sie aus dem Bett, ging zum Toilettentisch und zog mit geistesabwesender Miene drei-, viermal die Bürste durchs Haar. Dann spähte sie durch die Vorhänge auf die Asphaltstraße hinaus. Vor dem Hause der Richmonds hielt der Lieferwagen einer einheimischen Bierfirma. Der Fahrer schob einen kleinen Handkarren die Einfahrt der Richmonds hinauf, der beladen war mit einem Fäßchen Bier mit Hahn und Pumpvorrichtung zum Zapfen, wie in einer Bar.
Na ja, dachte Nancy, jetzt, wo David bei mir ist und da drüben das Fäßchen wartet, kann ja aus dem Tag doch noch was werden. Und weiter kam sie nicht mit ihren Gedanken, denn auf sie zu kam, das Handtuch noch in der Hand, David, unverhüllte Lüsternheit im Gesicht.
»Und jetzt, Liebling, wehr dich!«
»Wer will sich denn wehren?« murmelte Nancy und öffnete ihm weit die Arme.
2
Die Party war, wie sich herausstellte, gar keine Spießbratenparty. Das war natürlich keine beabsichtigte Irreführung; es war lediglich zur Gewohnheit geworden, Zusammenkünfte, bei denen im Garten gegrillt wurde, Spießbratenpartys zu nennen. Es gab Buletten, und Jack Richmond briet sie auf einem Grill über Holzkohlenfeuer. Dr. Jack Richmond war ausgesprochen paranoid in bezug auf seine Kunst, über Holzkohlenfeuer die Buletten genau richtig zu grillen, und es war jedermann strikt untersagt, ihm zu helfen oder sich einzumischen. Die Tatsache, daß er die gestärkte Mütze und Schürze eines Meisterkochs trug, durfte nicht zu Fehlschlüssen verleiten; seine Buletten waren tatsächlich so gut, wie er behauptete.
Sie in Shorts und er in langer Hose, gingen Nancy und David, die inzwischen noch eine ganze Menge unternommen hatten, um sieben Uhr hinüber. Sie nahmen den kürzeren Weg durch den Garten der Connors, und gerade als sie an deren Haus vorbeikamen, wurde oben ein Fenster geöffnet, und Larry Connors Stimme ertönte.
»He, Leute! Wir kommen gleich rüber!«
Nancy und David winkten zum Fenster hinauf, das sich sofort wieder schloß, und gingen weiter. Durch eine zweite niedrige Hecke betraten sie den Garten der Richmonds und dann die Terrasse, wo Dr. Jack seine gesamte Aufmerksamkeit auf eine herrlich rotglühende Schicht Holzkohle konzentrierte. Er drehte sich um und hob zum Gruß die Kohlenzange, und Nancy mußte – still für sich – zugeben, daß er so ziemlich der anziehendste Mann war, den sie je gesehen hatte. Sie war erstaunt, daß diese Feststellung sie so kalt ließ. Vielleicht ließ das auf eine Art Perversion oder Ähnliches schließen. War es anomal, wenn man eine schiefe Nase einer geraden vorzog?
»Willkommen, Nachbarn«, sagte Jack. »War das nicht Old Larry, der euch da gerade etwas nachgerufen hat?«
»Ja«, sagte Nancy. »Er sagte, er und Lila kämen gleich.«
»Ich muß sagen, es klang ziemlich vergnügt. Hoffentlich hält seine gute Laune an.«
»Ach, Larry ist schon in Ordnung«, sagte David.
»Na klar, und Lila ist ‘ne
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