Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
ließ sich von ihr den Verband zurechtzupfen, den Walthers bereits angelegt hatte.
»Aber natürlich, Wan! Jeder in Port Hegramet kennt Sie!« Mitleidsvoll betrachtete sie sein blaues Auge. »Man hat mich gestern Abend in der Spindel-Bar auf Sie aufmerksam gemacht.«
Er nahm den Kopf zurück, um sie näher zu betrachten. »Ja! Die Puppenspielerin! Ich habe Ihre Vorstellung gesehen.«
Dolly Walthers lächelte selten. Wenn sich aber an ihren äußeren Augenwinkeln Fältchen bildeten und sich die hübschen Lippen schürzten, war das noch reizvoller als ein Lächeln. Sie zeigte diesen Ausdruck noch öfter, während sie sich um Wan kümmerten, ihm Kaffee einflößten und seinen Erklärungen zuhörten, warum die Libyer zu Unrecht wütend auf ihn geworden waren. Falls Walthers gedacht hatte, Dolly könnte etwas dagegen haben, dass er diesen Fremden aufgelesen und nach Hause gebracht hatte, brauchte er in dieser Hinsicht keine Bedenken mehr zu haben. Die Zeit verrann. Walthers wurde langsam nervös. »Wan«, sagte er schließlich, »ich muss morgen früh fliegen. Ich nehme an, Sie wollen auch zurück in Ihr Hotel …«
»Auf keinen Fall, Junior!«, unterbrach ihn seine Frau. »Wir haben doch jede Menge Platz hier. Er kann das Bett haben, du schläfst auf der Couch, und ich nehme das Feldbett im Nähzimmer.«
Walthers war wie vor den Kopf geschlagen. Er brachte kein Wort heraus. Das war doch eine Schnapsidee. Natürlich wollte Wan zurück in sein Hotel – und Dolly war natürlich nur höflich. Sie konnte doch nicht im Ernst vorhaben, ihnen beiden jede Möglichkeit zu Intimitäten zu nehmen, vor allem nicht in der letzten Nacht, ehe er wieder mit diesen jähzornigen Arabern in den Busch zurückfliegen musste. Zuversichtlich wartete er darauf, dass Wan sich entschuldigen und seine Frau ihn nicht aufhalten würde. Aber seine Hoffnung wurde immer kleiner, bis sie schließlich ganz geschwunden war. Obwohl Walthers nicht sehr groß war, war die Couch noch kleiner als er. Er wälzte sich die ganze Nacht von einer Seite auf die andere und wünschte, dass er den Namen Juan Henriquette Santos-Schmitz nie gehört hätte …
Dieser Wunsch wurde vom Großteil der menschlichen Gesellschaft geteilt – mich eingeschlossen.
Wan war nicht nur ein widerlicher Kerl – was natürlich nicht seine Schuld war. (Ja, schon gut, Sigfrid, ich weiß; geh aus meinem Kopf heraus!) Er war auch auf der Flucht vor dem Zugriff der Justiz oder hätte es sein müssen, wenn jemand genau gewusst hätte, was er von den alten Hitschi-Artefakten geklaut hatte.
Als er Walthers gegenüber prahlte, dass er reich sei, log er keineswegs. Er hatte durch seine Geburt ein Anrecht auf eine Menge Hitschi-Technologie, weil ihn seine Mami in einer Hitschi-Behausung geboren hatte, in der es praktisch keine Menschen gab, mit denen er hätte reden können. Auf diese Weise kam er zu einem Haufen Geld, nachdem die Gerichte alles längere Zeit geprüft hatten. Das hieß auch, jedenfalls nach Wans Auffassung, dass er auf alles, was Hitschi hieß und nicht festgenagelt war, ein Recht besaß. Er hatte sich ein Hitschi-Schiff angeeignet – das wusste jeder. Aber mit seinem Geld mietete er Rechtsanwälte, welche die Klage der Gateway AG auf Rückgabe bei den Gerichten verschleppten. Ferner hatte er sich einige technische Apparate der Hitschi unter den Nagel gerissen, die nicht allgemein zu haben waren. Und wenn jemand anderer gewusst hätte, wie sie funktionieren, wäre Wans Fall blitzschnell verhandelt worden. Dann wäre er Staatsfeind Nummer eins und nicht nur ein öffentliches Ärgernis gewesen. Walthers hatte also ein Anrecht, ihn zu hassen, obwohl für ihn natürlich im Augenblick ganz andere Gründe ausschlaggebend waren.
Als Walthers am nächsten Morgen die Libyer sah, waren die schwer verkatert und gereizt. Walthers’ Laune war noch schlechter, obwohl er im Unterschied zu ihnen nicht verkatert war. Darin lag ebenfalls ein Grund für seine miese Stimmung.
Seine Passagiere fragten ihn nicht mit einer Silbe nach der vergangenen Nacht. Sie wechselten kaum ein Wort, als das Flugzeug über die weiten Steppen, die gelegentlichen Lichtungen und die spärlichen Farmen auf Peggys Planet dahindröhnte. Luqman und ein anderer Mann hatten sich in die Falschfarben-Satelliten-Holos des Abschnitts vertieft, den sie erforschen wollten. Ein anderer schlief. Der Vierte hielt sich nur den Kopf und stierte aus dem Fenster. Das Flugzeug flog beinahe selbständig zu dieser
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