Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
denn los?«, fragte er. »Was will der Amerikaner wissen?«
»Spielt keine Rolle. Ich habe nicht geantwortet.«
Luqman musterte Walthers, dessen Brandyration er in der Hand hielt. Dann hob er plötzlich das Glas hoch und kippte es hinunter. Walthers unterdrückte seinen Protest. Es war ja nicht so wichtig. Er wollte diese Leute nicht als Saufkumpane. Außerdem schien Luqman trotz seines genauen Abmessens der Milliliter den einen oder anderen schon hinter die eigene Binde gegossen zu haben. Sein Gesicht war gerötet und die Zunge schwer. »Walthers«, sagte er, »wenn es wichtig wäre, würde ich Sie für Ihre Schnüffelei bestrafen. Ist es aber nicht. Sie wollen wissen, warum wir uns hier umsehen, hundertsiebzig Kilometer von der Stelle entfernt, wo die Schlaufe gebaut wird? Dann schauen Sie mal nach oben!« Mit theatralischer Geste zeigte er mit ausgestrecktem Arm zum dunklen Himmel hinauf. Dann stolperte er lachend weg. Über die Schulter warf er noch eine Bemerkung zurück. »Spielt doch überhaupt keine Rolle mehr!«
Walthers schaute ihm nach. Dann wandte er die Augen zum Nachthimmel.
Eine strahlend blaue Perle glitt durch die unbekannten Sternbilder. Der Transporter! Das interstellare Schiff S. Ya. Broadhead war gerade in den hohen Orbit eingetreten und ging bald darauf in die niedrige Umlaufbahn, um dort als riesiger, kartoffelförmiger, blau schimmernder kleinerer Mond am wolkenlosen Himmel von Peggys Planet zu parken. Walthers verfolgte dieses Manöver. In neunzehn Stunden würde das Schiff geparkt sein. Vorher musste er sich aber in seiner Raumfähre einfinden, um bei den hektischen Pendelflügen zwischen Peggys Planet und Raumschiff dabei zu sein. Der zerbrechliche Teil der Ladung und die Passagiere mit Sonderstatus mussten befördert werden. Die aus dem Orbit frei fallenden Kapseln mussten etwas gestupst werden, damit die völlig verängstigten Immigranten darin ihr neues Zuhause auch sicher erreichten.
Walthers dankte im Stillen Luqman, dass er ihm seinen Drink nicht gegönnt hatte. Er konnte sich heute Nacht keinen Schlaf leisten. Während die vier Araber schliefen, baute er Zelte ab, verstaute die Ausrüstung, belud sein Flugzeug und sprach mit dem Flughafen in Port Hegramet, um sicherzugehen, dass er einen Auftrag für den Shuttle hatte. Er hatte. Wenn er bis morgen Mittag zur Stelle war, würden sie ihm einen Liegeplatz zuweisen und damit eine Chance geben, sich an der Hetzjagd der Rundflüge zu beteiligen. Der riesige Transporter musste völlig entladen werden, ehe er seine Rückfahrt antreten konnte. Beim ersten Morgengrauen hatte er die Araber auf den Beinen. Sie fluchten und stolperten herum. Eine halbe Stunde später waren sie an Bord des Flugzeuges und auf dem Heimweg.
Es war noch reichlich Zeit, als er auf dem Flughafen landete. Trotzdem flüsterte eine Stimme in seinem Inneren unaufhörlich: Zu spät. Zu spät …
Zu spät, wofür? Das fand er bald heraus. Als er den Treibstoff bezahlen wollte, leuchtete auf dem Bank-Monitor eine rote Null auf. Sein gemeinsam mit Dolly unterhaltenes Konto war leer. Unmöglich! – oder doch nicht unmöglich, dachte er. Er schaute hinaus auf das Rollfeld, wo vor zehn Tagen noch Wans Landefahrzeug gestanden hatte. Jetzt war es nicht mehr dort. Als er sich die Zeit nahm und zum Appartement raste, war er eigentlich nicht überrascht: Das Bankkonto war geplündert. Dollys Kleiderschrank war leer. Die Handpuppen waren weg.
Und Dolly selbst war auch verschwunden.
Ich habe zu diesem Zeitpunkt nicht an Audee Walthers gedacht. Hätte ich es getan, wären mir sicher die Tränen über sein schweres Los gekommen – oder über meines. Ich hätte mir eingebildet, dass es wenigstens eine gute Entschuldigung wäre, um zu weinen. Die Tragödie, wenn ein geliebtes Wesen weggegangen ist, kannte ich nur zu gut. Vor vielen Jahren hatte sich meine große Liebe in ein Schwarzes Loch zurückgezogen und war auf immer verloren.
Aber wie gesagt, schenkte ich ihm keinen Gedanken. Ich war mit mir selbst beschäftigt. Mein Denken kreiste hauptsächlich um das Stechen in meinem Bauch. Darüber hinaus dachte ich noch viel über die Bösartigkeit der Terroristen nach, die mich und alles in meiner Umgebung bedrohten.
Das war aber nicht das einzig Böse um mich herum. Ich sann über meine abgenutzten Eingeweide nach, weil sie mich dazu zwangen. Die künstlichen Arterien wurden langsam härter, und jeden Tag starben sechstausend Zellen in meinem nicht ersetzbaren Gehirn ab. Und
Weitere Kostenlose Bücher