Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
und ich hatte niemand, der mir die Lösung hätte anbieten können. Essie nicht, denn mit Essie kam das Gespräch immer wieder auf meinen Bauch zurück. Auch nicht mein altes psychoanalytisches Programm, weil dies immer von der Frage »Was trage ich dazu bei, die Dinge zu verbessern?« auf »Warum, Robin, hast du das Gefühl, dass du die Dinge verbessern musst?« überging. Nicht einmal Albert. Ich konnte mich mit Albert über alles unterhalten. Wenn ich ihm aber Fragen dieser Art stelle, wirft er mir einen Blick zu, als hätte ich ihn aufgefordert, mir die physikalischen Eigenschaften von Phlogiston zu definieren – oder die Gottes. Albert ist nur eine holographische Projektion; aber er blendet sich in seine Umgebung so hervorragend ein, als ob er wirklich anwesend wäre. Er schaut sich immer nachdenklich alles an, ganz gleich, wo wir uns gerade befinden – zum Beispiel das Haus am Tappan-See, das wirklich sehr komfortabel eingerichtet ist, wie ich selbst zugeben muss. Meist macht er dann eine Bemerkung wie: »Warum stellst du bloß so metaphysische Fragen, Robin?« Ich weiß, dass er damit eigentlich sagen will: »Du lieber Himmel, Junge! Wann wirst du endlich kapieren, dass du es geschafft hast?«
Zugegeben. Ich habe es geschafft, bis zu einem gewissen Punkt. Ein gütiges Schicksal hat mir einen Haufen Geld in den Schoß geworfen, als ich es am wenigsten erwartet hatte. Und viel Geld bekommt Junge. Jetzt kann ich alles kaufen, was für Geld zu haben ist. Sogar einige Dinge, die nicht verkauft werden. Ich besitze schon eine Menge Dinge, die es wert sind. Ich habe mächtige Freunde. Ich bin jemand, mit dem man rechnen muss. Ich werde geliebt, wirklich geliebt, von meiner lieben Frau Essie – und das sogar ziemlich oft, wenn man bedenkt, dass wir nicht mehr die Jüngsten sind. Ich lache also etwas gequält und wechsele das Thema … Aber ich habe nie eine Antwort erhalten. Ich habe nicht einmal jetzt eine Antwort erhalten, obwohl die Fragen noch viel schwieriger sind.
Außerdem habe ich schwere Gewissensbisse, dass ich den armen Audee Walthers so lange Trübsal blasen lasse, während ich abschweife. Lassen Sie mich daher meinen Gedankengang abschließen.
Der Grund für mein schlechtes Gewissen bezüglich der Terroristen liegt darin, dass sie arm sind und ich reich bin. Da draußen gab es eine für sie hervorragend geeignete, großartige Galaxis. Aber wir hatten keine praktikable Möglichkeit, sie dorthin zu bringen, auf alle Fälle nicht schnell genug. Dabei schrien sie laut und kamen fast um vor Hunger. Auf den PV-Bildschirmen sahen sie, wie herrlich das Leben für einige von uns sein konnte. Wenn sie sich aber ihre armseligen Hütten und Lehmbehausungen betrachteten, wurde ihnen ihre verzweifelte Situation vor Augen geführt: dass sie fast keine Chance hatten, all die großartigen Dinge zu bekommen, ehe sie starben. Albert nennt das die Revolution der steigenden Erwartungen. Man hätte Abhilfe schaffen müssen – aber ich wusste nicht, wie. Jetzt lag mir die Frage auf der Seele, ob ich ein Recht hatte, alles noch schlimmer zu machen. Hatte ich das Recht, die Organe, die Haut und die Arterien eines anderen zu kaufen, wenn meine verschlissen waren?
Ich fand keine Antwort. Ich weiß sie auch jetzt noch nicht. Aber die Schmerzen in meinem Bauch waren geringer als die, wenn ich darüber nachdachte, das Leben eines anderen Menschen zu stehlen, nur weil ich dafür bezahlen konnte und er nicht.
Und während ich hier saß und meinen Bauch hielt und mir darüber Gedanken machte, was ich einmal werden würde, wenn ich erwachsen wäre, nahm alles im riesigen Universum seinen gewohnten Lauf.
Das meiste an diesem Lauf war sehr quälend. Da war diese Machs-Prinzip-Sache, die Albert immer wieder versucht hatte, mir zu erklären. Nach dieser Theorie versuchte jemand – vielleicht die Hitschi –, das Universum zu einem kleinen Ball zusammenzupressen und die physikalischen Gesetze neu zu schreiben. Unglaublich. Wirklich unglaublich beängstigend, wenn man darüber nachdachte … Allerdings würde das erst in Millionen oder Milliarden von Jahren eintreten. Daher würde ich diese Sorge nicht als ausgesprochen dringlich bezeichnen. Die Terroristen und die wachsenden Armeen waren sehr viel akuter. Die Terroristen hatten eine Schlaufenkapsel, die das Hohe Pentagon angesteuert hatte, entführt. Sie rekrutierten neuen Nachwuchs aus der Sahelzone, wo es wieder einmal eine Missernte gegeben hatte. Unterdessen versuchte
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