Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
Wenn ich den Leutnant nicht so dumm angeredet hätte, wäre er vielleicht anständig genug gewesen, etwas zurückzutreten, damit wir allein mit Dolly Walthers sprechen konnten. So aber postierte er sich ungeniert im Türrahmen.
Vielleicht auch nicht. Ich stimme für die zweite Annahme.
Dolly Walthers war eine Frau mit kindlicher Figur, kindlich hoher Stimme und schlechten Zähnen. Sie war nicht in bester Verfassung. Sie war verängstigt, erschöpft, wütend und verstockt.
Mir ging es nicht viel besser. Ich war vollkommen durcheinander und aufgewühlt von dem Bewusstsein, dass diese junge Frau vor mir einige Wochen in Gesellschaft der Liebe meines Lebens – oder einer der Lieben meines Lebens – verbracht hatte. Ich sage das so leichthin. Aber es war ganz und gar nicht leicht. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, und ich wusste auch nicht, was ich sagen sollte.
»Sag ›Hallo‹, Robin!«, belehrte mich Essie.
»Mrs. Walthers«, brachte ich gehorsam hervor. »Hallo. Ich bin Robin Broadhead.«
Sie hatte noch Manieren. Wie ein gutes Kind streckte sie mir die Hand entgegen. »Ich weiß, wer Sie sind, Mr. Broadhead. Außerdem habe ich ja Ihre Frau neulich getroffen.« Höflich schüttelten wir uns die Hände. Sie lächelte sogar ganz flüchtig. Erst viel später, als ich ihre Robinette-Broadhead-Handpuppe sah, wusste ich, warum sie gelächelt hatte. Sie schien aber auch verwundert zu sein. »Ich dachte, dass mich vier Leute sehen wollten. Das hat man mir angekündigt«, meinte sie und suchte mit den Augen den Gang hinter dem sturen Leutnant ab.
»Nur wir beide«, sagte Essie und wartete darauf, dass ich mich dazu äußerte.
Aber ich brachte kein Wort heraus. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nicht, was ich fragen sollte. Vielleicht hätte ich es fertig gebracht, Dolly Walthers zu erklären, was Klara mir bedeutet hatte, und sie um Hilfe zu bitten – jede Art von Hilfe, wenn Essie allein dabei gewesen wäre. Oder wäre es nur der Leutnant gewesen, dann hätte ich ihn wie ein Möbelstück übersehen können. Jedenfalls bildete ich mir ein, es gekonnt zu haben. Aber sie waren beide anwesend, und ich stand still und stumm da, während Dolly Walthers mich neugierig und Essie erwartungsvoll anschauten. Selbst der Leutnant drehte sich um und starrte mich an.
Essie seufzte. Es klang verzweifelt und mitfühlend. Dann fällte sie ihre Entscheidung. Sie nahm die Sache in die Hand und sprach Dolly Walthers an. »Dolly«, sagte sie lebhaft, »Sie müssen meinen Mann entschuldigen. Es ist für ihn ein traumatisches Erlebnis. Die Gründe sind so kompliziert, dass ich sie Ihnen jetzt nicht erklären kann. Sie müssen mir auch verzeihen, dass ich nicht verhindert habe, dass die MPs Sie verhaftet haben. Ich habe ebenfalls ein Trauma, aus Gründen, die mit denen meines Mannes zusammenhängen. Wichtig ist, was wir jetzt machen! Ich schlage Folgendes vor: Zuerst erwirken wir Ihre Freilassung von hier. Dann laden wir Sie ein, uns zu begleiten und uns zu helfen, Wan und Gelle-Klara Moynlin aufzufinden. Ist Ihnen das recht?«
Das ging alles zu schnell, auch für Dolly Walthers. »Nun«, sagte sie, »ich …«
»Also schön!«, unterbrach sie Essie und nickte. »Wir werden das in die Wege leiten. Leutnant! Bringen Sie uns zurück auf unser Schiff, die Wahre Liebe! Sofort, bitte!«
Der Leutnant machte schockiert den Mund auf. Ich kam ihm aber zuvor. »Essie, sollten wir nicht zuerst mit dem General sprechen?«
Sie drückte meine Hand und sah mich an. Der Blick war mitfühlend. Der Handdruck war eine Halt-die-Klappe-Robin-Warnung, die mir fast die Knöchel brach. »Mein armes Schäfchen«, erklärte sie schüchtern dem Leutnant, »hat gerade eine größere Operation hinter sich. Er ist verwirrt. Wir müssen zum Schiff wegen seiner Arznei, und zwar schnell!«
Wenn meine Frau Essie entschlossen ist, etwas zu tun, kann man nur mit ihr auskommen, indem man sie gewähren lässt. Ich wusste nicht, was sie vorhatte, wohl aber welche Rolle ich zu spielen hatte. Ich nahm die Haltung eines älteren Mannes an, der durch eine kürzliche Operation noch ganz benommen ist, und ließ mich von ihr hinter dem Leutnant durch die Korridore des Pentagons führen.
Wir kamen nicht schnell genug vorwärts, weil die Gänge des Pentagons ziemlich belebt waren. Der Leutnant blieb mit uns an einer Kreuzung stehen, als eine Abteilung Gefangener vorbeimarschierte. Aus irgendeinem Grund räumte man einen ganzen Zellenblock. Essie
Weitere Kostenlose Bücher