Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Hocker.
»Lass die Kindereien! Hier geht es um Wichtigeres. Also, Wulfhard?«
Wulfhard stellte den Krug ab. Seine Wangen hatten etwas Farbe bekommen. »Ich weiß nicht, ob es Reinmars Mörder war, aber jedenfalls war jemand verdammt entschlossen, mich umzubringen. Keine Ahnung, wer. Ich habe nichts gesehen. Hier!« Er warf sein Messer auf den Tisch, ehe er sich gierig über den Teller hermachte, den Hannes ihm hinstellte. »Danke. Ich hab den Saukerl verwundet. Keine Ahnung, wo.«
»Es gibt drei Möglichkeiten. Entweder hatte es jemand auf Wulfhard abgesehen …«
»Glaub ich nicht!« Wulfhard schluckte einen Bissen. »Der hat mich genauso wenig erkannt wie ich ihn. Außerdem, wenn ich einen umbringe, weil ich eine Rechnung mit ihm offen habe, lasse ich ihn das wissen. Und der war tödlich still. Eigentlich war das das Unheimlichste. Diese gespenstische Stille.«
»Du musst es ja wissen«, knurrte Gerald.
»Dann war es doch der Mörder«, bemerkte Eckhard, ohne auf den Einwurf einzugehen. »Und wieder gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder war es Zufall, oder er hat dir aufgelauert. Warum? Hast du etwas herausgefunden? Dir Feinde gemacht?«
Gerald schnaubte.
Wulfhard grinste schief. »Ich glaub, der Imker kann mich nicht leiden. Aber der wird wohl keinen Geist abgestochen haben. Und sonst? Was weiß ich! Hab ich Freunde?«
Eckhard drehte das Messer zwischen den Fingern. »Könnte es«, er sah hoch, »Rigbert gewesen sein?«
Wulfhard runzelte die Stirn. »Rigbert? Der war ganz schön sauer, als ich den Falben reiten wollte.«
Eckhard warf Gerald einen triumphierenden Blick zu.
»Ich kann nicht sagen, dass ich Rigbert erkannt hab. Ich hab niemanden erkannt«, fuhr Wulfhard mit vollem Mund fort. »Aber etwas anderes zu Rigbert. Warum der Stallmeister ist, weiß ich wirklich nicht. Ahnung hat er jedenfalls keine von Gäulen. Behauptet, dass der Falbe krank ist, aber das ist er nicht. Entweder ist er wirklich so dumm«, er machte eine Kunstpause, »oder er ist ein krummer Hund, der den Grafen bestiehlt. Keine Ahnung, ob das für einen Mord reicht.«
»Es passt alles zusammen.« Eckhard rüttelte Wulfhard an der Schulter. »Finde heraus, an wen Rigbert die kranken Pferde verkauft! Ich brauche Namen! Gleich morgen früh.« Er unterbrach sich, weil Fridrun den Kopf schüttelte. »Ach so, die Wunde. Ruh dich bis morgen aus. Hannes wird dir eine Kammer geben.«
»Der wird begeistert sein«, sagte Wulfhard trocken. »Ich werd mein Messer jedenfalls heute Nacht nicht aus der Hand legen.« Er bedachte Eckhard mit einem halb ironischen, halb erschöpften Grinsen. »Ganz so … handzahm bin ich dann doch nicht.«
»Die Buchhorner sind im Grunde anständige Menschen. Die meisten jedenfalls«, sagte Eckhard ernst.
»Die, die nicht andere Menschen abfackeln oder ihre Frauen halb totschlagen«, brummte Wulfhard, während er den letzten Bissen Brot hinunterschlang. »Ich hab gesehen, wie Dietger vorhin gegangen ist. Wahrscheinlich lässt er jetzt seine Frau für die Demütigung büßen.«
»Vielleicht.« Eckhard warf Wulfhard einen langen Blick zu. »Aber sie ist sein Weib, das geht uns nichts an. Das Weib sei dem Manne untertan, so steht es in der Heiligen Schrift. Gerald!«
Der Schmied hob den Kopf. »Hm?«
»Tu mir den Gefallen und fahr Wulfhard morgen vor Sonnenaufgang zurück zum Anwesen, damit er sich umhören kann. Dann kannst du auch gleich die Spielleute aus der Haft entlassen. Die werden es ja wohl nicht gewesen sein. Sprich mit Rigbert.«
Gerald ballte die Fäuste. »Das kannst du nicht verlangen, Eckhard. Nein!«, sagte er heftig, als Fridrun seine Wange berührte. »Ich geh nach Hause. Und du kommst mit, Frau.« Er ergriff ihr Handgelenk und zog sie aus der Schenke. Als sie im Freien standen, fuhr er sie an: »Was fällt dir ein, dich mit diesem Mörder einzulassen. Du wirst kein Wort mehr mit ihm wechseln, verstehst du mich? Sonst …!«
»Ja? Sonst schlägst du mich?« Ihre Augen waren groß und klar.
»Nein!« Er gab sie frei. »Du weißt, dass ich das nie täte. Ich bin nicht Dietger.«
Sie lächelte. »Sei lieb und tu Eckhard den Gefallen. Wenn Rigbert der Mörder ist, muss er seine Strafe erhalten.« Sie küsste ihn auf die Wange und schmiegte sich an seine Seite. Ihr Blick verlor sich im Regen. »Gerald«, flüsterte sie.
»Ja?«
»Wenn der Mörder nicht Wulfhard töten wollte, das heißt doch …« Sie sah zu ihm auf, blass und zögernd. »Das heißt doch, dass es jeden treffen
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