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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hillary Jordan
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winzigen Störsender, der die Nanotransmitter abblockte. Kayla hatte auch einen Ring bekommen, mit einem Mondstein.
    »Was passiert, wenn man uns damit erwischt?«, hatte Hannah gefragt.
    »Sagt, ihr habt sie in Chromewood bekommen«, hatte Susan geantwortet. »Es ist kein Problem, auf dem Schwarzmarkt Störsender zu bekommen.«
    Das war neu für Hannah. Wenn Störsender so gewöhnlich waren, warum hatte sie nie etwas darüber im Netz oder in den Nachrichten gesehen? Ihr fiel nur ein einziger Grund ein: Die Regierung wollte nicht mit der Tatsache werben, dass eine derartige Beschaffung möglich war. Wenn die Menschen mitbekämen, dass Verchromte unterwegs waren, ohne überwacht zu werden …
    »Doch die guten sind nicht gerade preiswert«, sagte Kayla und überraschte Hannah erneut. Woher wusste ihre Freundin das? »Wie sollten wir sie bekommen haben?«
    Susan schaute sie verschlagen an. »Auf die herkömmliche Art. Sagt, dass ihr sie eingetauscht habt.«
    Etwas sträubte sich in Hannah, als sie begriff, was Susan meinte, doch Kayla lachte nur: »Ja, ich nehme an, auch wenn du kein Geld hast, bekommst du, was du willst.«
    Als es Zeit zum Aufbruch gewesen war, hatten Susan und Anthony sie zum Lieferwagen hinausbegleitet. Hannah musste lächeln, als sie zum ersten Mal den Schriftzug sah, der auf den Lieferwagen gemalt war: NEW LIFE CHURCH – KIRCHE DES NEUEN LEBENS. »Gibt es einen solchen Ort wirklich?«, fragte sie.
    Susan lächelte zurück. »Du stehst genau mittendrin.«
    Hannah hatte erwartet, sich mit einem Händeschütteln zu verabschieden, doch das Paar umarmte sie und Kayla herzlich. Susans üppiger Busen, der sich gegen ihre Brust presste, bewirkte, dass sich in Hannahs Kehle ein dicker Knoten bildete. Sie mochte diese Leute nicht wirklich gern, doch sie hatten ihr Schutz gewährt, ihr Leben für sie riskiert, ihr gegenüber eine Art spröder Freundlichkeit an den Tag gelegt. Und sie waren eine bekannte Größe, wohingegen die Straße und die Leute, die ihnen unterwegs begegnen würden, wie ein drohendes Fragezeichen waren.
    »Danke für diese Chance«, sagte Hannah. »Hättet ihr an diesem Abend nicht Simone und Paul geschickt …«
    »Das ist persönlich«, erwiderte Susan. »Und du hast es verdient. Ich wünsche dir viel Glück.«
    Als sich Hannah auf den kalten Metallboden des Lieferwagens setzte, gingen ihr die Worte durch den Kopf. Hatte sie es verdient? War sie, weil sie Raphael nicht verraten hatte, so wertvoll geworden, dass man ihr ein neues Leben schenkte, quasi eine unbeschriebene Tafel? Verdiente sie keine Strafe für das, was sie getan hatte, wenn schon nicht die Hautverchromung, dann vielleicht etwas anderes? Die Novembristen hätten gesagt, nein, weil sie kein Verbrechen begangen habe. Simone hatte an einem dieser Tage in dem Haus versucht, sie davon zu überzeugen. Davon, dass der Fötus kein Leben sei, lediglich eine Anhäufung von Zellen, die nur das Potenzial für Leben besäßen. Hannah war klar, dass diese Frau wirklich von dem überzeugt war, was sie sagte, dass sie nicht einfach nur freundlich sein wollte, damit Hannah sich besser fühlte (und doch, das empfand sie zu ihrer eigenen Überraschung, war die Freundlichkeit nicht unwesentlich). Hannah hatte ihr das trotzdem nicht abgenommen. Ihr eigener Körper erzählte eine andere Geschichte.
    Und dennoch. Sie hatte die Abtreibung bezahlt – und zwar teuer. Sie hatte ihre Familie verloren, ihre Liebe, ihre Würde. Sie bereute ihr Verbrechen zutiefst. War das nicht genug? Die Bibel sagte, ja, dieser Gott sei gnädig, diese Reue verdiene Seine vollständige Vergebung und das Blut Seines Sohnes wasche alle Sünden fort. Aber wenn es keinen Gott gab oder Er gleichgültig war, was würde dann mit ihr geschehen? Die Welt war ein Ort, an dem nicht vergeben wurde, sie hatte genug gesehen, um das zu wissen. Ein Gedanke keimte in ihrem Kopf. Sie verwarf ihn, doch er stahl sich zurück: Ich muss mir selbst vergeben.
    Der Lieferwagen fuhr allmählich schneller, und Simone sagte ihnen, dass sie ihre Kapuzen abnehmen dürften. Hannah war dankbar, denn sie bekam darunter ein bisschen Platzangst. Der Anblick der beiden großen Kisten aus Holz, mit denen sie und Kayla die Ladefläche teilten, machte die Sache nicht besser. Auf ihnen waren in fetten, großen Buchstaben die Worte aufgedruckt: LEBENSMITTELSPENDEN. NUR KONSERVEN UND ABGEPACKTE LEBENSMITTEL. KEINE LEICHT VERDERBLICHE WARE. Mit zwei 120 Pfund schweren Ausnahmen . Sie und Kayla würden sich

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